Es ist nicht ganz nachvollziehbar, warum man für einen Film wie Valhalla Rising einen Schauspieler wie Mads Mikkelsen engagiert.
Vanity Fair - Jahrmarkt der Eitelkeit
Daten |
Vanity Fair - Jahrmarkt der Eitelkeit 138 min., UK/USA 2004 REGIE: Mira Nair DARSTELLER: Reese Witherspoon, Gabriel Byrne, Angelica Mandy, Roger Lloyd-Pack, Ruth Sheen, Jonathan Rhys-Meyers, Rhys Ifans, James Purefoy |
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Regie: Mira Nair
Kinostart: 31. März 2005
Ach, vanitas vanitatum! Wer von uns ist auf dieser Welt ganz glücklich? Wem werden alle seine Wünsche erfüllt? Und wenn sie uns erfüllt werden, sind wir dann wohl zufrieden?
Mit diesen Worten beendete William Makepeace Thackery sein Werk „Jahrmarkt der Eitelkeit". Durch diese Worte inspiriert wagte sich die indische Regisseurin Mira Nair an eine weitere Verfilmung des weltberühmten Romanklassikers „Vanity Fair" aus dem Jahre 1848.
Dass diese eher unnötig war, liegt wohl vor allem an der zu langen Spielzeit und der seichten Umsetzung.
Als Tochter einer französischen Opernsängerin gehört Becky Sharp (Reese Witherspoon) der damaligen Unterschicht an. Nachdem sie schon als kleines Kind mit angesehen hat, wie sich ihr Vater als Künstler unter Wert verkaufen musste, stand für sie fest, es in die „Oberliga" der Reichen zu schaffen. Es gelingt ihr, das Herz ihres zukünftigen Ehemanns Rawdon Crawley (James Purefoy) zu gewinnen sowie die Anerkennung der reichen, alten Tante Miss Crawley (Eileen Atkins). Rawdon wird bald in den Krieg geschickt. Nach seiner Rückkehr aus der Schlacht von Waterloo fängt durch seine Spielschulden und ihr Verlangen, in der Gesellschaft immer weiter aufzusteigen, die Beziehung allmählich zu bröckeln an.
Nachdem Becky den Marquis von Steyne (Gabriel Byrne) trifft, der schon damals die Kunstwerke ihres Vaters sammelte, nützt sie sein Geld und seinen Einfluss, in der Hierarchie weiter emporzusteigen.
Diese Lebensgeschichte verspricht einen kritischen Blick auf die „upperclass" sowie auf das ständig aktuelle Thema des Glücklichseins. Auch wenn Reese Witherspoon gut spielt, liegen die Mängel hauptsächlich am Skript, welches der Figur der Becky jegliche „Ecken und Kanten" genommen hat.
Wie wohl bei jeder Buchumsetzung stand auch Mira Nair mit „Vanity Fair" vor dem Problem, ein großes Werk mit mehreren hundert Seiten in den kurzen Zeitraum eines Filmes zu „packen". Dies gelingt - trotz der (zu) langen Spielzeit - leider nicht. Die erste Stunde der 138 Film-Minuten beleuchtet recht zäh das Leben der Protagonistin. Andere wichtige Figuren – wie zum Beispiel Beckys Freundin Amelia (Romola Garai) – verschwinden für lange Zeit völlig aus dem Blickfeld des Zuschauers. Zum Schluss hin hat man dagegen den Eindruck, dass der Inhalt in galoppartiger Geschwindigkeit zu Ende gebracht werden soll.
Neben „Kleinigkeiten" wie z.B. das fehlende Altern der Figuren (Die Personen sehen im Film trotz 20 Jahren Altersunterschieds immer gleich aus – eine Anspielung auf die „Eitelkeit"?) wirkt die erstrebenswerte Welt von damals – die sich hauptsächlich in der glanzvollen Londoner Gesellschaft des Britischen Empires abspielt – eher etwas aufgesetzt. Von bildgewaltigen Szenen, wie sie das Presseheft verspricht, war nicht wirklich etwas zu sehen. Einzigen Augenschmaus bieten die Kostüme von Beatrix Aruna Pasztor. So hat die Kostümbildnerin zusammen mit Mira Nair Stoffe und Materialien ausgesucht, die durch die Farben Lila und Orange sowie durch die Muster stark an die indische Kultur angelehnt sind. Durch das Einbringen eben dieser indischen Momente (die dennoch teils etwas deplatziert wirken) wird zumindest noch ein kritisches Statement zu der damaligen brutalen Kolonialisierung durch England abgegeben.
Alles in allem jedoch eine Standard-Romanumsetzung, die, wenn man die Vorlage selbst nicht kennt, eher unnötig ist – und wenn man sie kennt, wohl noch enttäuschender sein muss. Ob sie wenigstens besser als die Umsetzungen der vergangenen Jahre gelungen ist, müsste man durch einen Gang zur Videothek selbst herausfinden.
Gesehen von Simon Gugeler
Vaterland
Daten |
Vaterland D 2002 REGIE: Thomas Heise |
Regie: Thomas Heise
Kinostart: 20. November 2003
Thomas Heises „Vaterland" dokumentiert den Alltag der ca. 100 Seelen eines kleinen Dorfes in Sachsen-Anhalt. Es geht um Arbeitslosigkeit, die Dorfkneipe, Clubcola und um die Russen. Die Russen hatten ein ehemaliges Arbeitslager in eine kleine Militärbasis nebst Flugzeuglandebahn umfunktioniert und waren allen Erzählungen zufolge der unumstrittene Höhepunkt der Geschichte des Dorfes. Seit der Wiedervereinigung stehen die Baracken leer. Kein Wodka-Saufen mehr am Russensee. Ansonsten hatte die Wende keinerlei Einfluss auf dieses Dorf. Die Zukunft spielt keine Rolle, die Vergangenheit ist Alles. Wenn der Besitzer der Dorfschenke von Kriegserlebnissen erzählt, beschleicht einen das Gefühl, einem live sendenden Kriegsreporter (mit enorm verfremdenden Übertragungsschwierigkeiten) zu lauschen. Besonders gegenwärtig wird das Gefühl der zeitlichen Stagnation durch die Einspielung von VHS-Material, das Heise schon Ende der Achtziger Jahre im Dorf filmte. Die Zeitspanne von über zehn Jahren beeinflusste die Bürger des Dorfes weder physisch, noch psychisch.
Während der ersten Hälfte des Films war ich köstlich unterhalten. In einem Film mit derart skurrilen Interviews, hätte es mich nicht überrascht, wenn einer der überaus langsamen Schwenks über das Dorf auf John Cleese endete, der an seinem Schreibtisch im Bach sitzend das nächste Interview ankündigt. And now for something completely different. Dann jedoch beginnt unmerklich der Bewusstseinswechsel: man realisiert, dass dieser ganze Irrsinn wahrhaftig ist und auf einmal fällt das Schmunzeln schwer. Am Ende des Films möchte man diese Vergangenheitsfetischisten anbrüllen, sie mögen endlich die Augen aufmachen um sich die realexistierende Welt mal anzuschauen.
Mir gefiel „Vaterland" außerordentlich gut. Angenehm unobjektiv betont die Montage der Interviews die Skurrilität und die Einstellungen dauern immer genau die eine Sekunde zu lang, die bewirkt, dass man sich so richtig schön unwohl fühlt. Leider liegt hier auch die Schwachstelle des Films: auch ohne so manche Länge, wäre der Film dem Thema Zeit gerecht geworden und hätte der ab und an aufkommenden Langeweile vorgebeugt. Davon abgesehen verbeuge ich mich vor der Authentizität dieser Doku und freue mich auf weitere Werke Thomas Heises.
Gesehen von Daniel Vogelmann