Licht macht schön...
Wir sprechen über ein sensibles Thema: Schauspieler und Nahaufnahmen. Da fällt einem zunächst natürlich die Maskenabteilung ein. Mit Base-Fluid, Puder, Rouge und Tusche werden die Voraussetzungen geschaffen. Doch alle Bemühungen sind nur dann fruchtbar, wenn das Licht mitspielt. Nicht ohne Grund sind in den USA die Maskenbildner bei den Kameraleuten sehr gefürchtet. Wenn die Maskenabteilung bei der Mustervorführung feststellt, das Licht sei bei den Nahaufnahmen nicht optimal gewesen, kann das unter Umständen schwerwiegende Folgen haben. Manche Schauspieler/innen wenden den Kameraleuten höchste Aufmerksamkeit zu, in der Hoffnung, ein möglichst positives Licht zu bekommen. In den USA kommt es durchaus vor, dass Stars wie Meryl Streep gleich eine feste Vorstellung von Brennweite und Lichtführung mitbringen.
Lichtdramaturgie oder Schmeichelei?
Eigentlich sollte das Licht in einer Szene ja den dramaturgischen Notwendigkeiten folgen, und dennoch: Wenn eine Person im Film als schön empfunden werden soll, gehört das richtige Licht neben dem herausragenden Spiel sicherlich dazu. Prinzipiell sollten alle Darsteller in einem Film gut aussehen, es sei denn, man erzählt eine Krankheitsgeschichte. Männliche Kinogänger sollen die weiblichen Schauspieler begehren und umgekehrt. Doch wo sind die Grenzen der Glamour-Shots? Darf man die in einer Szene geschaffene Lichtstimmung so weit verlassen, dass die Nahaufnahme fast herausfällt aus den übrigen Aufnahmen?
Glamour-Licht
Generell weiß man, dass flaches, weiches Licht Falten und Unebenheiten im Gesicht reduziert. Auf diese Weise scheinen die Schönen nur noch aus Augen und Mund zu bestehen, die Nase ist praktisch verschwunden. Doch gleichzeitig kann man ja nicht in jeder Szene flaches Führungslicht verwenden, so etwas ist ziemlich uninteressant. Also arbeitet man mit Kante und weicher Aufhellung. Eine Chance, dennoch zu modellieren, besteht darin, den Hals oder die Stirn ein wenig abzuschatten. Dafür kann man Fahnen oder auch Black Wrap verwenden, welches mit Lichtstativen zwischen Soft-Light und Darsteller/in ausgerichtet wird. Eine weitere Möglichkeit, weichem Licht die Flächigkeit zu nehmen, besteht darin, dass man die Kante höher-, das Führungslicht etwas unterbelichtet.
Lichthilfe
Auch, wenn das keiner laut ausspricht und erst recht niemand wahrhaben will: Nur wenige Gesichter sind wirklich ideal zum Ausleuchten. Doch das, was wir in der Realität als liebenswert, als individuell empfinden, kann durch die Optik der Kamera gnadenlos verzeichnet werden. Deshalb gilt es auch hier, mit dem Licht der Schönheit ein wenig zu helfen.
Will man Augensäcke kaschieren, sollte das Licht frontal und eher etwas von oben kommen. Gilt es dagegen tiefe Augenhöhlen zu verbergen, ist das Licht ebenfalls frontal aber etwas von unten angesagt. Falten und Hautunebenheiten werden zunächst in der Maske mit feinem Puder abgedeckt. Weiches Licht hilft, diese zusätzlich zu kaschieren. Mindestens genauso wichtig wie das Licht ist aber auch die Schärfentiefe. Wenn man eine zu kleine Blende hat, kann man mit einem ND6-Filter nachhelfen, um eine größere Blendenöffnung zu haben. Das Ergebnis ist ein deutlich weicherer Eindruck. Noch dramatischer (und leider auch künstlicher) wirkt sich die Verwendung von Weichzeichnern (Diffuser, Glossy) aus. Nicht immer ist weiches Führungslicht das ideale Mittel. Bei besonders rundlichen, flachen Gesichtern ist seitliches Führungslicht sinnvoller, um dem Gesicht überhaupt eine Kontur zu geben.
Soft Light
Wie erzeugt man weiches Licht für Nahaufnahmen?
Man kann mit Reflektoren arbeiten, Styropor oder Reflektoren, die man mit Scheinwerfern anstrahlt, und deren Licht dann indirekt die Schauspieler beleuchtet. Der Nachteil dieser Lösung ist eine geringere Kontrolle der Ausrichtung des Lichts.
Eine weitere Variante sind mit Frostfolie bespannte Rahmen, die man vor den Scheinwerfern aufstellt. Doch so ganz weich wird das Licht damit auch nicht. Kein Wunder: So einen idealen Reflektor wie den weiß bewölkten Himmel kann man schon von seiner Fläche her kaum nachbilden.
Auch mit Fluoreszenz-Licht Kinoflos oder Softlight parallel angeordnet, kann man weiches Licht erzeugen. Link: www.softlights.com.
Klassische Lichtwannen. Sie sind recht sperrig und brauchen eine gewisse Größe um wirklich weiches Licht zu erzeugen. Für Studios geeignet, für Location-Drehs vielleicht nicht mehr ganz der Stand der Technik.
Link: http://www.altmanltg.com/
Chimera. Dies sind textile Vorsätze des Herstellers Chimera für Scheinwerfer, die wie kleine aufgespannte Schirme die Abstrahlfläche vergrößern. Sie halten die sehr hohen Temperaturen der Scheinwerfer aus, sind leicht transportabel und lassen im Gegensatz zu Frostrahmen das weiche Licht nur nach Vorne heraus.
Link: www.chimeralighting.com/about/index.html
Soft Light Boxes. Es gibt auch günstigere Alternativen aus Fernost, etwa die Soft Light Boxes aus China.
Auch chinesische Laternen oder Ballonlicht sind ein Weg, weiches Licht zu erzeugen, haben aber den bekannten Nachteil, dass ihre Lichtrichtung nicht so gut zu steuern ist.
Aurasoft-Leuchten sind legendär, was Nahaufnahmen angeht. Sie geben durch ihren besonderen Reflektor ein sehr natürliches, weiches Licht ab und erzeugen entsprechend weiche Schatten. Die Oberfläche des Reflektors besteht aus tausenden winzigen Konvexspiegeln, deren reflektiertes Licht sich zigfach überschneidet und damit dem Licht die Direktheit nimmt. Der Durchmesser der Minispiegel ist unterschiedlich und erhöht damit die Diffusion noch mehr. Es gibt sie in unterschiedlichen Größen, mit unterschiedlichen Lampenfassungen und Leistungen bis zu 4 Kw.
Ringlicht
Bei Beauty und Portraits, bei denen keine ganzen Räume geleuchtet werden müssen, verwendet man auch gerne für Nahaufnahmen speziell bei Musik-Clips das so genannte Ringlicht. Die Optik der Kamera filmt dabei durch einen Ring, auf dem sich mehrere Glühlampen, ein Neonlichtring oder LEDs befinden. Auf diese Weise werden Gesichter gleichmäßig und schattenfrei ausgeleuchtet. ein besonders schöner Begleiteffekt ist, dass sich die Birnen im Auge der Darsteller spiegeln. Varianten dieses Konzepts arbeiten mit doppelkreuz- oder sternförmig angeordneten Leuchtstofflampen, die um die Optik herum angeordnet sind. Wenn Sie den MTV- und Viva-Stars mal genauer auf die Pupille oder die Sonnenbrille schauen, dann erkennt man, welches Ringlicht-System für die Shots verwendet wurde.
Digitale Alternativen
Inzwischen erlaubt die Nachbearbeitung im Computer weitere Eingriffe, falls die vorgenannten Bemühungen nicht ausreichen sollten oder gar nicht erst vorgenommen worden sein. Die Software untersucht dabei eigenständig im angewählten Bereich (Gesicht z. B.) die Spitzenwerte der einzelnen Pixel im Hell- und Dunkelbereich. Sind die Pixel heller oder dunkler als ein mittleres Grau (50 %), so werden sie automatisch dunkler bzw. heller gemacht. Das erzeugt den Eindruck von diffuserem Licht. Diese Lösung bleibt aber, zumindest wenn wir über 35mm-Film sprechen, auf Grund der hohen Kosten doch eher den Werbeproduktionen und großen Kinofilmen vorbehalten.