Motiv akustisch abklären
Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, doch die Zwänge zum Geldsparen lassen Produktionsfirmen das auch gerne mal vergessen: Tonleute müssen, um guten Ton aufzunehmen, frühzeitig in die Planung eingebunden werden und auch einige Tricks auf Lager haben, die erst einmal nichts mit Mikrofonen oder Rekordern zu tun haben. Und,- Tonleute sollten unbedingt in die Auswahl von Drehorten mit einbezogen werden. Bei der Auswahl von Drehorten sollte nicht nur berücksichtigt werden, wie die akustische Situation bei der Motivbesichtigung ist (Straßenlärm, Baugeräusche etc.) sondern auch, was man in dieser HInsicht an den Drehtagen zu erwarten hat. Das ruhigste Motiv kann zur akustischen Hölle werden, wenn just am Drehtag in unmittelbarer Nähe ein Volksfest aufgebaut, die Tribüne samt Traversen und Bestuhlung für eine Aktionärsversammlung montiert oder schlicht ein Straßenbaukommando eingesetzt wird.
Es ist wirklich erschreckend, wie häufig Aufnahme,-bzw. Produktionsleiter bekannte akustische Probleme ignorieren, um Aufwand, Zeit und Kosten für die Findung eines alternativen Motivs zu sparen. Das ist sehr kurzsichtig gedacht, denn spätestens am Drehtag rächt sich das ganz bitterlich. Wenn sogar die Motivgeber davor warnen, dass wegen einer Landebahnreparatur die Einflugschneise des Flughafens der Stadt just zu den geplanten Drehtagen genau über dem Motiv verlaufen wird und die Produktion ignoriert das elegant, sind Abbrüche und zahllose Wiederholungen und Überstunden wegen Fluglärm vorprogrammiert.
Verständlichkeit
Das Anliegen des Tonmannes (der Tonfrau) sollte es sein, die für die Handlung wichtigen Dialoge und Geräusche in einem natürlichen Verhältnis zueinander aufzunehmen. Die Verständlichkeit der Texte hat hierbei absoluten Vorrang. Störgeräusche sind unerwünscht.
Doch das Schicksal meint es nicht immer gut mit den Filmmenschen. Mitten im Dialog setzen die Darsteller ihre Tassen auf die Unterteller und ein schrilles, lautes Porzellanklirren legt sich über den Text. Die Aufnahme ist unbrauchbar. Viele Profischauspieler, wie die hier abgebildeten, kennen das Problem aus Erfahrung und legen derartige Störgeräusche in ihre Sprechpausen, falls es welche gibt.
Nebengeräusche dämmen
Doch auch der Tonmann kann helfen, denn beim Film sollte man stets versuchen, die Bedingungen für die Aufnahmen zu optimieren. Schlechte akustische Bedingungen lassen sich oft verbessern! In diesem Fall könnte der Tonmann dünne Filtertüten-Papiere (nicht sichtbar!) unter die Tassen kleben. Ebenfalls klirrende Teelöffel werden mit etwas Klebeband gedämpft.
Die Filmfigur soll in den Küchenschränken nach einer Vase suchen. Jede Schranktüre fällt klackend zu, ein Pegel absolut inakzeptabel ist. Hier können kleine Pads, notfalls aus Papiertaschentuch und etwas Textiband selbst gemacht und an der Stelle, wo die Türe auftrifft, angeklebt, das Problem lösen. Auch Stühle und Tische können in Küchen-, Restaurantszenen etc. die Tonaufnahmen empfindlich stören. Filzgleiter oder auch einfaches Textilband (Lassoband) unter die Stuhlbeine geklebt, hat schon so manche Aufnahme gerettet. Selbstverständlich kann man Filz oder Lassoband auch unter allzu lautes Schuhwerk oder Absätze der Darsteller kleben.
Überhaupt ist es erstaunlich, wie viele Gegenstände des Alltags, Schranktüren, Fenster, Klingeln, Schubladen, laute Nebengeräusche verursachen. Im Tonkoffer bzw. der Tontasche sollten neben den Kabeln und Mikrofonen daher stets einige Utensilien zur Dämmung sein, darunter auch Bostik aus dem Baumarkt, Textilklebeband, Isolierband, Filz, Schaumstoff und Papieruntersetzer für Tassen.
Die kleinen Dinge
Es gibt eine Menge Dinge, die den Tonleuten das Leben am Drehort schwer machen können. Vom Straßenlärm durch das wegen der Stromkabel offene Fenster über laut klackende Absätze bis hin zur klappernden Teetasse reichen die alltäglichen Tonerschwerer. Umgekehrt gibt es auch eine Reihe von oft ganz simplen Hilfsmitteln, mit denen man auch in schwierigen Situationen einen zuverlässigen Filmton aufnehmen kann.
Während es bei Jeans,- oder sonstigen Hosenträger*Innen relativ leicht ist, Funkstrecken in den Hosentaschen zu verstecken, wird es bei Kleidern oder Badekleidung schon etwas schwieriger. Hier können beispielsweise kleine Stofftäschchen (Sendertäschchen), die man sogar selbst nähen kann, beim Tragen der kleinen Sendegeräte helfen. Tonleute oder Gardrobieren sollten so etwas in ihrem Zubehör am Set mitführen. Will man bei eher bewegten oder gar Action-Szenen die Sender an den Fußgelenken, Oberschenkel oder der Hüfte befestigen, sind Neoprengurte oder auch sogenannte elastische Pferdebandagen sehr nützlich. Damit lassen sie sich absolut sicher am Bein fixieren.
Um klackende Schuhsohlen zu dämpfen kann man auf Eigenlösungen mit selbstklebendem Filz oder auch auf professionelle (teure) Varianten wie die Hush-Heels setzen. Die sind als selbstklebende Absatzschoner gedacht, erfüllen aber genau den Zweck der akustischen Dämpfung.
Laute Geräte
Probleme können übrigens auch Geräte verursachen. Von den Tonleuten gefürchtet sind die Vorschaltgeräte für HMI-Leuchten (Tageslicht-Leuchten). Je leistungsstärker der Scheinwerfer, desto größer das Risiko, dass Brummen zu hören ist. Hier helfen Verlängerungskabel, mit denen man die Vorschaltgeräte möglichst weit weg vom Motiv verbannen kann. Manche Tonleute werfen auch Decken etc. über die Vorschaltgeräte. Doch die Gefahr, dass dadurch die Kühlung der Geräte beeinträchtigt wird, ist hoch.
Dreht man in einer bewohnten Wohnung, sollten während der Aufnahmen die Telefone ausgesteckt, die Handys abgeschaltet und die Türklingeln abgestellt werden. Aus derart banalen Gründen sollte keine möglicherweise gute (und zudem kostspielige) Aufnahme unbrauchbar werden.
Selbst wenn das Störgeräusch (z. B. Telefon) akustisch in einer Textpause auftreten sollte, aus der man es nachträglich im Ton wieder herausschneiden könnte, so stört es aber zudem die Schauspieler im Spiel und das ist im Bild zu sehen.
Mehr zu diesem und anderen Tonthemen gibt es im Grundkurs Filmton in den Movie-College Ton-Workshops, sowie in den Fachartikeln zum Filmton