Sinkflug ?
Der einstige Hype um die visionären Brillen hat sich abgekühlt, wie wird es weitergehen? Ein ganzes Jahrzehnt nach der großen Begeisterung für die "Headmounted Displays", die Brillen, die uns in virtuelle Welten entführen oder unsere reale Welt auf magische Weise ergänzen, gehen die Verkaufszahlen weiter zurück.
Vor allem die reinen VR Brillen werden weniger gekauft, Augmented Reality Brillen haben diese deutlich überholt, obwohl VR Brillen in bestimmten Zusammenhängen durchaus Vorteile haben. Die Verkäufe reiner VR Headsets sind, obwohl vor allem Meta viel zu spät, aber immerhin, leistungsfähige und bezahlbare Brillen wie die Meta Quest 3 S auf den Markt gebracht hatte, 2024 um 12 % gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen.
Insgesamt hat Meta dank dieser preiswerten Brillen seinen Marktanteil vergrößern können, die Verkäufe von konkurrierenden Anbietern, wie Apple, Pico und DPVR sind dagegen drastisch zurück gegangen. Nur Sony konnte den Marktanteil sogar minimal steigern, doch die Zahlen täuschen, weil die Sony-Brillen mit dem Erfolg der PlayStation VR2 verkoppelt waren.
Insgesamt haben die Verkäufe von AR Brillen, die beides, VR und AR beherrschen, die reinen VR Brillen weiter zurückgedrängt. Doch auch Apple musste mit seinem AR Flaggschiff der Vison Pro deutlich Federn lassen, der Marktanteil 2024 betrug nur 2 Prozent. Zu teuer, zu schwer, so die Bewertungen der meisten Kunden. Microsoft hat seine Hololens bereits 2024 eingestellt.
Welchen Einfluss dies auf die Entwicklung neuer Brillen haben wird, wie beispielsweise das Gemeinschaftsprojekt von Samsung und Google, "Moohan" eine leistungsstarke AR Brille mit KI Anbindung und Konnektivität mit Samsungs neuesten Smartphones, oder die neue “Tarius” Brille von Asus, kann man nur spekulieren. Apple jedenfalls hat seine Aktivitäten in dieser Richtung deutlich zurückgefahren.
Alte Probleme
Bis heute haben die Hersteller ein paar Grundprobleme dieser Technik nicht in den Griff bekommen. Damit die Erfahrungen mit den AR Brillen wirklich hochwertig sind, benötigt man sehr schnelle Prozessoren, kurz kleine Kraftpakete, hervorragende Displays und ausreichend Stromversorgung. Oft sind noch immer Kabelverbindungen zu separaten Computern oder zumindest einem abgesetzten Akkupack erforderlich, alles Krücken, die zeigen, dass die Technik vermutlich noch immer nicht so weit ist, wie erhofft. Bis heute ist es noch keinem Hersteller gelungen, dies alles in leichte, kompakte und angenehm zu tragende Brillengehäuse einzubauen.
Der wirtschaftliche Misserfolg des Anfang des 21ten Jahrhunderts ähnlich gehypten 3D Fernsehens hatte sehr viel mit der Weigerung der Kunden zu tun, sich schwere Brillen auf die Nase zu setzen, wobei die damaligen 3D Brillen vergleichsweise leicht und kompakt waren. Doch schon die wurden weitgehend abgelehnt.
Vielleicht ist der Ansatz der Hersteller, man würde VR/AR Brillen stundenlang tragen wollen, um damit sogar zu arbeiten oder um mit Zuckerbergs Avataren im "Metaverse" zu interagieren, schlichtweg falsch. Vielleicht sind VR/AR Erfahrungen einfach besondere Erlebnisse, die Menschen nur für eine kürzere Zeit, sgaen wir zehn oder zwanzig Minuten, suchen. Dafür gibt es zahlreiche Anwendungsbeispiele, Museen, Industrie, Messen etc. seien hier nur stellvertretend genannt.
Am Markt vorbei
Und natürlich haben die konkurrierenden Hersteller durch die gegenseitige Abschottung der Systeme dafür gesorgt, dass die Gesamtzahl der jeweils nutzbaren VR/AR Filme, Spiele und Erfahrungen, klein blieb weil stets nur auf den eigenen Plattformen und nur für Kunden der jeweils eigenen Brillensysteme zugänglich waren. Man stelle sich nur vor, damals bei der Einführung der Audio CD hätte jeder Plattenverlag ein eigenes System angeboten und die Käufer von CD Playern hätten sich für die Musik eines anderen Labels auch einen anderen Player kaufen müssen...
Zwischenlösung
Inzwischen verkaufen sich Datenbrillen wie die die "Ray-Ban Meta"-Brillen als der neue Hype. Viele Hersteller schwenken gerade um auf die leichten Datenbrillen. Klein, kompakt und leicht sind sie für die Konsumenten angenehmer zu tragen und versprechen auch ein wenig Hippness, wenn auch mit anderen Funktionen als VR/AR Brillen. Noch macht die KI Bilderkennung viele Fehler und die integrierte Kamera macht keine wirklich herausragenden Fotos oder Videos. Es ist im Prinzip die um ein paar Jahre technischer Entwicklung verbesserte Weiterführung von Google "Glass" Datenbrille.
Doch hier lässt sich aktuell Geld verdienen und es sieht so aus, als wenn Meta den Markt ähnlich wie bei den VR Brillen erst einmal weitgehend allein erobern wird,-trotz marginaler Konkurrenz etwa durch Lenovos "Legion Glasses 2", die "TCL RayNeo X3 Pro", die "LAWK One" oder die "XReal One".
Ob und wann Apple sein Projekt Smart-Spektacle vorstellen wird, steht in den Sternen. Der bisherige Misserfolg der Vision Pro ist da für einen durch Massenverkäufe verwöhnten Anbieter keine echte Ermutigung. Aber vielleicht können die leichten, intelligenten und preiswerteren Sonnenbrillen ja den Weg ebenen zu künftigen leichteren VR/AR Brillen. Noch scheint die dafür notwendige Miniaturisierung der Technik nicht bereit zu stehen, doch wer weiß. Die Möglichkeiten und viele der bereits existierenden VR/AR Filme und Erfahrungen sind eigentlich viel zu genial, als dass die Massenvermarktbarkeit das einzige Kriterium für die Weiterentwicklung dieser Technologie sein dürfte.