Alte Träume
Ganz gleich, ob wir Töne digital oder analog aufzeichnen, unser Wissen über die Erkenntnisse der Technik-Pioniere und ihre Erfindungen ist für die professionelle Anwendung modernster Verfahren auch heute wichtig.
Schall, (aber auch das Licht,) welchen wir Menschen wahrnehmen, basiert auf Wellenformen. Unser Ohr ist so aufgebaut, dass es Unterschiede im Luftdruck der Atmosphäre als Schall empfangen kann. Schall ist stets auf ein Medium angewiesen, um transportiert zu werden. Wasser, feste Körper und natürlich die Luft fallen einem da als erstes ein. Wenn die Luft Schall transportiert, so wird der Luftdruck verdichtet oder entspannt je nach Wellenform.
Die Versuche der ganzer Erfindergenerationen konzentrierten sich folgerichtig darauf, diese Wellenformen in irgendeiner Weise mechanisch oder elektrisch zu konservieren, sie aufzuzeichnen. Ende des 19ten Jahrhunderts arbeiteten Techniker und Erfinder intensiv daran, das Abbild und die Äußerungen der Menschen und ihrer Umwelt aufzuzeichnen. Vor allem der Gedanke, legendäre Musiker über deren Tod hinaus hören zu können, beflügelte die Entwickler. Experimente, etwa mit einer Stimmgabel, an deren Zinken man eine Nadel befestigte, und die man schwingend auf eine mit Ruß geschwärzte Glasplatte hielt, zeigten deutlich Schwingungslinien auf der Glasplatte.
Die ersten Tonaufnahmen der Welt
Eines der ersten funktionsfähigen Geräte zur Tonaufzeichnung war 1877 Edisons Phonograph. Ein Gerät zum Aufzeichnen und Abspielen von Tönen auf Tonwalzen mit einer Spieldauer bis zwei Minuten. Das Prinzip bestand aus einem Tontrichter um Schallwellen zu bündeln und zu verstärken, an dessen unteren Ende eine Membran befestigt war, auf der ein Metallstift saß. Im Prinzip ein Vorläufer des Mikrofons. An dem Stift vorbei bewegte sich während der Aufnahme eine mit Wachs (später Schellack) beschichtete, rotierende Walze. Je nach Amplitude (Größe der Schallwelle) ritzte der Stift unterschiedlich tiefe, fortlaufende Rillen in die Walze. (Tiefenschrift) Bei der Wiedergabe lief der Stift in der Rille entlang, versetzte die Membran in Schwingung, welche wiederum von dem Trichter verstärkt wurde. Edisons Phonograph war im Prinzip ein rein mechanisches Gerät, mit dem die Luftdruckunterschiede (also der Schallwellen) mechanisch in unterschiedliche Vertiefungen in der durch eine Nadel eingeritzten Aufnahmerille übersetzt wurden.
Bis heute basieren alle Aufnahmesysteme auf der Umwandlung einer Wellenform in eine andere. Wichtige Grundlage dafür war auch das Telefon, erfunden 1875 durch Bell. Dieses System übersetze erstmals Schallwellen in elektrische Wellen und nach der Übertragung beim Telefonpartner wieder in Schallwellen. Größter Schwachpunkt in der Anfangszeit des Telefons war, dass die Leistung mit der Kabellänge zwischen den Telefonen rasch abnahm. Konsequenterweise konzentrierte sich die Forschung auf Möglichkeiten der Verstärkung, die Verstärkerröhre wurde Anfang des 20ten Jahrhunderts erfunden. Bis Ende der 40er Jahre wurden alle elektrischen Verstärker mit Röhrenschaltungen realisiert, bis 1948 John Bardeen, W. Brattain und William Shockley den Transistor erfanden.
Das Bessere ist des Guten Feind
Interessanterweise war Edisons Antrieb, später den Cinematographen (den Film) zu entwickeln, vor allem als Ergänzung seines Phonographen gedacht. Besonders die kurze Spielzeit, aber auch technische Schwächen, etwa die fehlende Reproduzierbarkeit (jede Walze war ein Original), führten rasch zur Entwicklung des Grammphons und der Schallplatte. Deren Erfindung wird dem in Hannover geborenen Emile Berliner zugeschrieben.
Während Edisons Nadel unterschiedlich tiefe Rillen erzeugte, und dadurch die Modulation aufzeichnete, erfand Berliner die waagerechte Schwingung, die sogenannte "Seitenschrift". Sie erzeugte Wellenlinien mit unterschiedlicher Amplitude und Frequenz.
1902 nahm Enrico Caruso in Mailand seine erste Schallplatte auf, die sich sensationell verkaufte. Berliners Firma war es auch, die das Markenlabel "His Master´s Voice" mit dem Hund vor dem Grammophontrichter kreierte, welches man noch heute auf den CDs der EMI sehen kann. Die Platten liefen mit 78 Umdrehungen pro Minute, klangen kratzig und dauerten nur drei bis vier Minuten. Erst als nach dem zweiten Weltkrieg statt Schellack Plastik verwendet wurde, konnte die Geschwindigkeit mit 33 Umdrehungen mehr als halbiert und die Spieldauer erhöht werden.