VR ist das Medium für virtuelle Erfahrungen, allen voran die Erfahrung anderer Orte und Eindrücke. Welche Möglichkeiten und welche Restriktionen erfährt man, wenn man mit einer kompakte VR Kamera wie der Samsung Gear 360 im Süden unterwegs ist?
VR ist das Medium für Erfahrungen. Welche Möglichkeiten und welche Restriktionen erfährt man, wenn man mit einer kompakten VR Kamera wie der Samsung Gear 360 im Süden unterwegs ist? Wir haben für eine VR Dokumentation den Härtetest gemacht und die kleine Kamera an zahlreichen Orten in unterschiedlichsten Situationen getestet.
Die Sache mit dem Licht
Zu den auffälligsten Besonderheiten beim Drehen im Süden gehört sicherlich die nahezu omnipräsente Sonne. Sie scheint vom Himmel und wird vom hellen Boden oder dem Meer reflektiert. Bei normalen Videokameras treibt man einen sehr hohen Aufwand, per Mattebox, Kompendium etc. die direkte Lichteinstrahlung durch die Sonne oder Reflexe zu verhindern. Wie verhält es sich aber bei einer Gear 360?
Um es kurz zu machen,- man hat keine Chance, per Mattebox, French Flag oder auch nur einem banalen Sonnenschirm, die Sonne fern zu halten. Jede Art von Anbau an die Kamera wird wegen der 360 Grad Aufnahme im Bild erfasst. Selbst wenn man versucht, winzige Klappen aus Black Wrap über den Linsen anzubringen, werden diese als Störelement sichtbar.
Die Konsequenz daraus ist, dass die Kontraste in den 4K Aufnahmen der Gear 360 recht extrem sind und man Bildteile, in denen man auf Grund der schieren Helligkeit der Sonne als technisches Weiß, also mit 100% Sättigung aufnimmt. Auch Lens Flare lässt sich zumindest in der prallen Sonne, kaum vermeiden.
Deshalb sind schattige Orte, etwa unter Bäumen, unbedingt vorzuziehen.
Die Sache mit den Schatten
Natürlich wirft die Sonne auch Schatten. Solange diese von den im Bild gezeigten Objekten und Personen stammen, ist ja alles in Ordnung, doch recht unschön wird es, wenn die Kamera selbst bei niedrigem Sonnenstand gigantische Schatten auf den Untergrund, auf dem sie steht, wirft. Steht sie auf Tischen, Felsen etc. sehen die Schatten teilweise recht ungeheuerlich aus. Doch auch wenn man ein schmales Stativ oder noch besser ein kompaktes Lichtstativ mit Fotoschwenkkopf samt Libelle verwendet, erzeugt dieses bei niedrigem Sonnenstand seltsam irritierende Schatten.
Deshalb sollte man Aufnahmen, die in prallem Sonnenlicht entstehen müssen, am Besten Mittags gegen 12 Uhr aufnehmen, wenn die Schatten senkrecht unterhalb der Kamera bzw. des Stativs entstehen.
Ein Frage der Temperaturen
Dass Kamera-Sensoren recht heiß werden können, zumal in 4K, ist bekannt. Doch was kann man tun, wenn die Außenhitze ebenfalls die Kamera aufheizt? Man gerät bei der Gear 360 schnell in Versuchung, die Abdeckklappe für Akku und Speicherkarte zu öffnen, damit die Kamera wenigstens auf diesem Wege besser belüftet wird. Doch das ist keine wirklich gute Idee, die Klappe ist natürlich im Bild als Fremdkörper sichtbar.
Für Drehs in einzelnen Einstellungen ist das dennoch kein größeres Problem: Trotz geschlossener Klappe hat die Kamera eigentlich alle Einstellungen in der Hitze gut überstanden, wobei wir nie länger als 5 Minuten am Stück aufgenommen haben. Wer allerdings lange Einstellungen mit mehr als 10 Minuten Dauer aufzeichnen möchte, wird es mit der Selbstabschaltung der Kamera bei Überhitzung zu tun bekommen.
Funkverbindung
Eine der wichtigsten Hilfestellungen für die VR Aufnahmen, bei denen man nicht unmittelbar neben der Kamera stehen möchte, ist die passende Samsung App Gear 360 für die Funkübertragung des Videobildes und die Möglichkeit der Fernbedienung. Allerdings stellt sich in der freien Natur recht schnell Ernüchterung hinsichtlich der Reichweite ein.
Was in Räumen mit reflektierenden Wänden recht zuverlässig funktioniert, ist in der Natur eher begrenzt. Kaum hat man sich mehr als 10 Meter von der Kamera entfernt, bricht die Funkverbindung ab, manchmal sogar noch früher. Da fällt es natürlich schwer, sich hinter den nächsten Baum zu verstecken.
Teil des Geschehens sein
Wenn die Funkverbindung Außen nicht allzu große Abstände erlaubt, dann ist es oft die einzige Alternative, selbst im Bild dabei zu sein. Sei es, indem man an dem Tisch, auf dem die Kamera steht, selbst sitzt oder wenige Meter entfernt davon.
Dabei besteht natürlich stets die Gefahr, dass man, obwohl man eigentlich nur Operator ist, einen auf Grund der geringen Entfernung zu großen Stellenwert bekommt. Deshalb gilt die Faustregel,- am liebsten verstecken, falls nicht möglich der Kamera den Rücken zuwenden und mindestens so großen Abstand zur Kamera zu haben wie die anderen Personen im Umfeld.
Je mehr Menschen sich an einem Ort befinden, umso leichter kann man da unbemerkt in der Nähe der Kamera bleiben. Die Menschenmenge ist perfekt, als Operator der Kamera darin unsichtbar zu werden.
Aufstellung & Ausrichtung
Das mitgelieferte kleine Stativ der Gear 360 ist recht praktisch, man kann es auf Mauern oder Gelädern platzieren. Leider erlaubt es keinerlei Justage des Horizonts, man muss also die Schräglagen später im Stitching Programm korrigieren. Und genau das macht das mitgelieferte Stitchingprogramm leider nicht wirklich gut. Sobalt man das VR Video am Horizont ausrichtet, entstehen im Bild, glücklicherweise nicht Vorne, sondern auf der Rückseite des 360 Grad Sphärenraumes, massive Fehler beim zusammenfügen. Hier gibt es im Workflow noch einige Untiefen zu überwinden.
Wenn man also über kein professionelles Stitch-Programm wie Color etc. verfügt, sollte man unbedingt darauf achten, dass die Kamera bereits bei der Aufnahme im Wasser steht. Ein Mini-Stativ mit Wasserwage wäre hier dringend empfohlen! Sonst sind wahlweise schräge Horizonte oder fehlerhaft gestitchte Aufnahmen die Folge!
Schwierig ist auch die Position. Meistens wäre die Idealpsoition mittendrin im Geschehen, was gleichzeitig bedeutet,- die Kamera fällt maximal auf und sie ist auch maximal gefährdet, von Menschen umgerannt bzw. umgestoßen zu werden. Wählt man die Kompromissposition, befindet man sich visuell eher am Rande, die interessantesten Perspektiven gibt es zumeist nur zur einen Seite hin. Doch mit diesem Problem haben auch millionenschwere Fernsehsender zu kämpfen, wenn sie Sportereignisse wie die Olympiade in VR übertragen. Wer interessiert sich schon für die weit entfernte Zuschauertribüne wenn in der anderen Richtung die Sportler kämpfen?
Tiere, Insekten
Interessant ist übrigens, welche Anziehungskraft die Gear VR auf Tiere ausübt. Ob es die beiden glänzenden Abdeckungen der Fisheye Objektive sind oder die lustige Kugelform, immer wieder kam es vor, dass sich Fliegen auf die Kamera, Vögel unmittelbar daneben oder Katzen höchst interessiert der Kamera genähert haben. Da diese allerdingst keinerlei Mindestabstand einhalten, werden sie dann doch mehrheitlich eher als Störelement wahrgenommen.
Tonfragen
Die Gear 360 bringt ihre eigenen Mikrofone mit. Jedes empfindliche Richtmikrofon müsste an der Steilküste oder an den Stränden der Nordostseite der Insel mit Korbwindschutz und Fell ausgestattet werden. Doch beides ist für die kleine Kamera ein No-Go. Wie schlägt sie sich hinsichtlich dieser Windproblematik ohne jegliche Windschutzmaßnahmen in Sachen Ton?
Nun, eigentlich war es nicht anders zu erwarten,- sie mag keinen Wind. Solange es windstill ist, nimmt sie eine erstaunlich klare Atmo auf, doch Wind quittiert sie gnadenlos mit den entsprechenden Plopp-Geräuschen, welche die Aufnahmen unbrauchbar machen. Gerade auf Inseln wie Mallorca, am Meer generell oder auch bei Flug,- Fahraufnahmen, also überall wo ein Luftzug entsteht, geraten die eingebauten Mikrofone an ihre Grenzen.
Hier muss also zwingend mit einem externen Rekorder sowie einem passenden Mikrofon (mindestens MS Stereo, besser Rundum-Mikrofon) und Korbwindschutz gearbeitet werden. Wie man diese wiederum unsichtbar anbringen möchte, ohne dass es im Bild zu sehen ist, steht auf einem ganz anderen Blatt...
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