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Handy Display

Moderne Handys haben viele Features, die man auch in Videokameras findet und doch ist Vieles ganz anders...

 

Kultur

Soviel vorab: Handyfilme sind kein Genre, es ist lediglich eine von vielen Aufnahme,- bzw. Wiedergabemöglichkeiten für unzählige existierende und künftige Genres.

Die immer fortschrittlicheren Technologien, höheren Auflösungen, besseren Prozessoren haben dazu beigetragen, die Fantasien, was sonst noch so gewinnbringend mit Handys anzustellen ist, zu beleben. Selbstproduzierte Handyfilme, die man über viele Plattformen kostenlos vertreiben und beziehen kann, entwickelten sich zu einer eigenständigen Produktionsmethode. Vor allem Jugendliche, aber auch Kunst- und Filmstudenten erproben die neue Form und entwickeln im Rahmen der technischen Möglichkeiten ästhetische Wege.

Über Qualität lässt sich wie so oft, streiten. Hier teilen sich dann auch die Ergebnisse auf vielfältige Weise. Dass Handys auch gerne für Aufnahmen peinlicher, missglückter oder schriller Momente verwendet werden, belegen die einschlägigen Seiten im Internet auf drastische Weise. Insbesondere Jugendliche drehen sehr gerne all das, was mit Lachen, Staunen, Neid, Überraschung oder Bewunderung verbinden.

Worüber an dieser Stelle gesprochen wird, sind gestaltete Handyfilme mit dem einem gewissen Anspruch an das Medium. Hier die wichtigsten Grundlagen und Tipps:

 

Technische Gegebenheiten

Per USB-Kabel oder drahtlos über Bluetooth gelangen die Filme zur Bearbeitung auf den Computer. So wie die Fernseh- und Videowelt sich bemüht, mit High Definition oder 4K in immer höhere Zeilen- und Pixelauflösungen vorzustoßen, werden auch die Displays und Formate der Handyfilme immer hochauflösender. Allerdings kann man die Displays nicht unbegrenzt größer machen, sonst sind Handys einfach nicht mehr praktikabel. Hier setzen dann eher die Tablets an. Allerdings müssen die Sensoren, der Kompaktheit von Handys zuliebe, sehr klein bleiben, was Einfluss auf die Schärfentiefe sowie die Lichtempfindlichkeit hat.

Die Qualität der Sensoren wird immer besser. Immerhin werden Handy-Bildsensoren auch in VR Kameras verbaut, ein deutliches Zeichen, wie viel man ihnen zutraut.

Auch können wegen der Kompaktheit keine Wechselobjektive verwendet werden und moderne Bildstabilisatoren, bei denen über 4 oder 5 Achsen optische Elemente in den Objektiven und bei den Sensoren verwendet werden, sind ebenfalls vom Platz her nicht unterzubringen.

 

Apps und Manuelle Einstellungen

Wer gerne Schnappschüsse filmt, kann das mühsame Durchklicken durch Menüs umgehen mit Apps wie "Camcorder Shortcut". Hier wird der Auslösebutton der Videofunktion direkt auf den Startbildschirm gelegt.

Um gestaltend eingreifen zu können, fehlen bei den meisten Handys die Zugriffsmöglichkeiten auf technische Parameter. Je nach Lichtart muss die Handykamera auch neu abgeglichen werden (Weißabgleich). Grob unterscheidet man Tageslicht und Kunstlicht. Hier hat sich über die letzten Jahre die iOs App FiLMiC Pro oder "Movie Pro" bewährt und erlaubt die Einstellung von Empfindlichkeit, Blende etc. Inzwischen gibt es die meisten iOs Apps auch für Android Handys.

 

Belichtung & Kontrast

Handy Display

Winzige Objektive, winzige Sensoren,- die technischen Einschränkungen eines Handys bei Nutzung als Videokamera oder Fotoapparat sind enorm. Dafür ist es wirklich erstaunlich, was sie leisten können

 

Einerseits sind sie nicht wirklich gut bei schwacher Beleuchtung, Handys brauchen viel Licht um gute Ergebnisse zu erzielen. Doch viel Licht bedeutet nicht grelles Licht! Handykameras können keine großen Kontraste verarbeiten, weiches Licht ist besser als hartes Sonnenlicht. Und wenn die Sonne doch mal knallt und nicht auszusparen ist: Möglichst nie in Richtung Sonne drehen. Stets versuchen, die Sonne im Rücken zu haben. Dinge, die bei Aufnahmen mit Sonne im Schatten liegen, saufen auch leicht ab, das heißt, man kann sie kaum erkennen, weil sie so dunkel sind.

Handys verfügen in der Regel nicht über flache LOG Profile. Sie verwenden meist Rec.709, was man sofort ohne Wandlung abspielen kann. Falls das Handy in HDR, also einem erweiterten Kontrastumfang aufnimmt, muss man möglicherweise das Video in der Nachbearbeitung erst für normalen Kontrastumfang (SDR) erst von HLG oder Rec.2020 zu Rec.709 umwandeln.

Die App "Filmic Pro" erlaubt es sogar, allerdings bisher nur auf iOs Geräten ab dem iPhone 7, ein eigenes Log zu verwenden, wodurch der Kontrastumfang leicht erweitert und das spätere Grading beispielsweise in Da Vinci verbessert wird. Für knapp 10,- US Dollar bringt die App eine bessere Verteilung der Helligkeitsgrade auf den Belichtungsumfang.

Gar nicht gut kommt es, wenn die Automatik im Handy die Belichtung nachregelt. Das kann zu unschönem Pumpen führen. Besser ist es, nachdem die Belichtung einmal eingestellt ist, die Automatik zu fixieren, manche Handys lassen dies zu, andere muss man mit entsprechenden Apps überlisten.

 

Schärfe und Schärfentiefe

Die Handykameras arbeiten mit Autofocus. Dank der großen Schärfentiefe sollten sie, obwohl sie die Schärfe meist nur in der Bildmitte messen, mit vielen Aufnahmesituationen zurechtkommen. Die winzigen Kamerachips sind Schuld an der sehr großen Schärfentiefe. Man muss also Personen oder Objekte eher durch den Bildaufbau als durch Unschärfen herausarbeiten (Staffelung der Bildinhalte in den Raum. Die neuesten Handykameras bieten mehrere Kameramodule an, eine längere Brennweite bietet natürlich auch etwas geringere Schärfentiefe. Manche Handykameras rechnen auch Unschärfen über den Hintergrund drüber,- bei Video ist das aber oft unbefriedigend.

 

Gestalterische Prinzipien

Bildausrichtung

Eigentlich müsste das gar nicht gesagt werden, doch es gibt Gründe, es dennoch zu tun: Filme dreht man im Querformat, wer sein Handy beim Filmen Hochkant hält, muss später dann einen Ausschnitt aus dem Video heraus rechnen, was die Auflösung drastisch reduziert oder sich den Vorwurf gefallen lassen, ein blutiger Amateur zu sein. Einzige Ausnahme sind Videos die man für spezielle Plattformen wie Vine oder Instagram herstellt.

 

Ruhig halten

Grundsätzlich zwingen die begrenzten Möglichkeiten der Bildstabilisierung dazu, das Handy beim Aufnehmen möglichst ruhig zu halten. Wie bei großen Filmen gilt auch hier: Die Handykamera ruhig halten, nicht verwackeln. Dazu gehört ein sicherer Stand und wenn möglich, das Abstützen oder Anlehnen des Armes oder Hand mit dem Handy auf Tischen, Stühlen, an Wänden, Säulen, wo immer es nur möglich ist. Es gibt auch preiswerte Handy-Stative, mit denen man ruhigere Aufnahmen erzielen kann.

 

Zubehör

Verschiedene Anbieter haben spezielle Cages, also Rahmen im Angebot, mit deren Hilfe man die Handys besser halten und Zubehör an ihnen befestigen kann. Da wären etwa der Rode Magnetic Mount zu nennen, oder wenn Geld keine Rolle spielt, auch von Atomos das Ninja Phone System. Damit kann man auch kleine Leuchten, Mikrofone oder auch Gimbals an die Smartphones anbauen.

 

Bewegungen

Zu schnelle Bewegungen und Bildwechsel werden nicht immer adäquat wiedergegeben. Alles ist erlaubt: Schwenken, kranartige Bewegungen, aber eben ruhig. Teleeinstellungen, wie man sie mit Vorsatzlinsen oder digitalem Zoom im Handy erzeugt, vergrößern das Wackeln. Weitwinkel sieht ruhiger aus.

 

Bildsprache

Auch, wenn das kleine, handliche Handy zu Spontanität verleitet: Auch Handyfilme brauchen ein Konzept. Auch bei Handyfilmen gilt es, die verschiedenen Einstellungsgrößen sinnvoll zu variieren. Da wir kein Zoom und keine Wechselobjektive haben, müssen wir die Einstellungsgrößen durch unterschiedlichen Abstand von den Personen oder Objekten erzeugen. Wir gehen also einfach näher ran für die Nahaufnahme und weiter weg für die Amerikanische oder andere Einstellungsgrößen. Es gelten ähnliche Prinzipien wie bei anderen Filmen, in der Regel nähert man sich z.B. einer Situation von weiteren Einstellungsgrößen an bis man bei Näheren landet. Mehr dazu gibt es im in unseren Kapiteln zur Filmgestaltung.

 

Faule Zauberer

Videoblogger 5 4000

 

Nicht hereinfallen darf man auf einige der wenigen, von Handyherstellern finanzierten Handy-Spielfilme, die mit Millionenbudgets, professionellen Filmteams und aufwändigst für die beschränkten Möglichkeiten der Telefonkameras ausgeleuchteten Filme. Die laufen manchmal sogar auf (oft vom Handyhersteller gesponserten) Filmfestivals und sehen dann tatsächlich sehr hochwertig aus. Doch die dahinter stehende Behauptung, Jeder könne so drehen, wenn man nur das entsprechende Handy kauft, ist nichts als Werbeschwindel.

 

Ton

Die eingebauten Mikrofone bieten nicht zwingend eine hohe Tonqualität. Die gegebenen Möglichkeiten bedeuten also zunächst einmal eine teilweise starke Reduzierung, da darf man sich von den hohen Auflösungen nicht alleine beeindrucken lassen.

Handymikrofone haben keine Richtwirkung. Sie nehmen alles auf, auch die Geräusche der Hand, die das Handy hält. Also das Handy ruhig halten. Sie nehmen auch jedes Hintergrundgeräusch auf, also nicht in lauter Umgebung drehen. Sie sind empfindlich gegen Wind, draußen nur an windstillen Tagen drehen oder ein kleines Schaumstoffstück vor die Mikrofon Öffnung kleben (Tesafilm), das hilft gegen leichten Wind! Will man Geräusche oder Stimmen im Film aufnehmen, eignen sich ruhige Innenräume am Besten.

Einige Hersteller haben Lösungen für die fehlende Richtwirkung entwickelt. So ist etwa das Rode VideoMic Me ein kleines Elektret Kondensator Richtmikrofon, welches die Headset-Buchse des Handys verwendet und den Ton gezielter von Vorne einfangen kann.Im Prinzip ist das eine kleine Version der bekannten Shotgun Mikrofone, wie man sie von DSLRs, Mirrrorless und kleinen Videokameras kennt. Weitere Produkte dieses Typs sind Comica CVM-VS08 und das nicht ganz so hochwertige Saramonic SmartMic.

Interessant sind auch Lösungen, bei denen der Ton eines Lavalier-Ansteckmikrofons direkt auf das Handy übertragen wird. Damit kann man eine noch sauberere Sprachqualität erzielen. Mit Kabelverbindung sind diese bereits für kleines Geld zu haben. Hier seien beispielhaft das Rode SmartLav+, das Shure MVL und das etwas weniger benutzerfreundliche Audio-Technica ATR3350iS genannt. Es gibt auch noch diverse Billigst-Varianten von No Name Herstellern, die allerdings in der Qualität oft schwächeln.

Flexibler sind allerdings Funkvarianten, sie gewähren mehr Bewegungsfreiheit beim Drehen. Beispielhaft sei hier das CVM-WS50(C) von Comica genannt, allerdings muss ein Empfangsmodul am Handy befestigt und per Kabel verbunden werden. Kompakter und schlauer ist das Sabinetek SmartMike+, es verwendet nämlich den eingebauten Blutooth-Empfänger des Handys.

 

Inhaltliche Prinzipien

Auch wenn es schon ein paar Ausnahmen in Form von Langfilmen gab,- die meisten Handyfilme sind eher kurz. Die kurze Zeitdauer verbietet praktisch tiefgründige Charakterstudien. Figuren in Spielszenen sollten sofort klar erfassbar sein. Das ruft geradezu nach Schubladendenken, nach einfachen Zeichen, nach Klischees. Da dürfen auch ruhig Comics oder Filmgenres als Vorbild dienen. Bösewichtern muss mal gleich ansehen, das sie böse sind. Auch die Story selbst muss einfach sein. Für lange Dramaturgien fehlt oft die Zeit, aber eine Einleitung und einen Höhepunkt, der gerne auch ein Gag sein darf, erwartet man schon. Dialoge sind große Zeitfresser, auch der Ton sollte dann separat mit einem ordentlichen Rekorder und Mikrofon aufgenommen werden. Hier ist Bildsprache angesagt. Hier gibt es die gleichen Einstellungsgrößen wie beim richtigen Film, die sich an der Darstellung der Filmfiguren orientieren.

 

Weiterverarbeitung

Am komfortabelsten schneidet man seinen Film am Computer. Diverse Apps wie die (iOS-App) "Video-Editor für frei" bieten zwar einfache Schnittmöglichkeiten an, doch die sind nicht sehr komfortabel.

Der Computer ist deshalb die bessere Plattform für die Bearbeitung. Dorthin gelangen die Filmdateien entweder per USB-Kabel und dem Datenprogramm, welches der Handyhersteller mitliefert, oder drahtlos per Bluetooth. Die bekannten Schnittprogramme sind inzwischen alle in der Lage, das Format der im Handy aufgenommenen Filme zu erkennen. Wo früher und 3gp Standard war, kann man heute in gängigen Video-Codecs drehen.

 

Schnittprogramme und Formate

Die meisten aktuellen Handys zeichnen Video HD, 4K oder höher auf, oft allerdings in einem dem Handydisplay angepassten Höhen-Seitenverhältnis. Videoschnittprogramme rechnen es bei Bedarf um auf das übliche HD Format. Das verändert die Höhen-Seitenverhältnisse und ist ungünstig.

Professionelle Programme wie FinalCut oder Premiere können auch mit 1280 x 720 Pixeln und höher umgehen und bieten deshalb, weil sie die Formatwandlung vermeiden, die bessere Bildqualität. Manchmal haben Handyfilme auch eine geringere oder am US-TV angepasste Bildfrequenz, 15 oder 30 Bilder in der Sekunde sind auch teilweise verbreitet.

 

Einige gängige Formate (3gp, 3g2, 3gpp Handyvideo)

1920 x 1080 Pixel als MPEG 4 oder mov (Quicktime) 1280 x 720 Pixel als MPEG 4 oder mov (Quicktime) 640 x 480 Pixel als 3gp oder MPEG 4 oder mov (Quicktime)

Bei vielen Handys sind auch andere Standards einstellbar. Der VLC Player und auch der Quicktime Player können diese Dateien am Computer abspielen.

 

Gefahren

Handyfilmer scheren sich wenig um Persönlichkeitsrechte. So haben sich Szenen, in denen Mitschüler gedemütigt, gequält, vergewaltigt wurden, per Handy verbreitet. Hier sollten moralische und rechtliche Grenzen gesetzt sein. Auf die Einhaltung von Urheber- und Nutzungsrechten, z. B. bei Verwendung von Musik, sollte bei der Veröffentlichung von Handyfilmen genau wie bei jedem anderen Film geachtet werden.

Mobile Filme sind schnell irgendwo im Internet hochgeladen und können so zum digitalen Pranger werden. Menschen in peinlichen, in tragischen oder erniedrigenden Situationen zu filmen, sollte nicht Hauptinhalt dieser Medienvariante werden. Durchforstet man das Netz nach Handyfilmen, ist der Anteil an "Pech und Pannen"- Filmen erschreckend hoch.

 

Kleine Geschichte des Handyfilmens

Handyfilmer

In der Anfangszeit waren die Handys recht schlecht geeignet, damit Videos in hoher Qualität aufzunehmen. Mit ihnen lassen sich inzwischen veritable Kurzfilme, Interviews, notfalls ganze Spielfilme drehen.

 

Filmen auf mobilen Geräten wurde Anfang des neuen Jahrhunderts eine große mediale Zukunft verheißen. Telefonunternehmen haben Milliardenbeträge ausgegeben, um mit UMTS neue Anwendungsgebiete für mobile Telefone zu schaffen (Handys heißen diese Geräte übrigens nur in Deutschland, in anderen Ländern heißen sie Mobile oder Cellphone).

Inzwischen haben sich viele Prognosen der Telefonprovider relativiert. Von der Behauptung der damals in Auftrag gegebenen Studien, dass Anwender gerne zukünftig für mobile Filme etwa 10 bis 15 Euro monatlich ausgeben würden, ist nicht viel übrig geblieben. Die User nutzen mehrheitlich andere Wege als die Mobilfunk Netze um ihre mit Handys gedrehten Aufnahmen weiter zu reichen. Es waren und sind noch immer die Telefongesellschaften und die Gerätehersteller, die das Thema Handyfilme ganz besonders vorangetrieben haben. Apple, Telekom, Samsung, Sony usw. schreiben ebenso wie O2 oder Vodafone Wettbewerbe aus.

 

Soderbergh´s Handyfilm      Instagram Videos

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