Wer passt eigentlich auf, dass die Medien in ihrer Berichterstattung keine moralischen Grenzen überschreiten? Das ist schon ein merkwürdiger Balanceakt: Einerseits leben die Medien, speziell im journalistischen Bereich davon, den Zuschauern, Zuhörern oder Lesern möglichst ungewöhnliche, spannende und bewegende Informationen zu liefern. Bei jedem Unglück, jeder Krise, jedem aufsehenerregenden Ereignis steigen die Auflagen, erhöhen sich die Zuschauerzahlen, steigen die Klicks.
Andererseits können sie genau dadurch viel Schaden anrichten. Bei denen, die diese Medien konsumieren und bei denen, über die berichtet wird, bzw. deren Angehörigen. Da hat sich nicht viel geändert, seit voir vielen Jahrhunderten Bänkelsänger und Geschichtenerzähler durch die Lande zogen und die Sensationsgier ihrer Zuhörer nutzten.
Nicht ohne Grund gibt es kritische, ja sogar lästernde Bezeichnungen wie "Revolverblatt", "Sensationsfernsehen" oder auch "Voyerismus-TV", welche eine gewisse Grundhaltung einiger Medienprodukte charakterisieren. Diese Medien konzentrieren sich auf jene Themen, die die maximale Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Angesichts der Flut von täglichen Ereignissen aus der ganzen Welt, die sie in der Dichte überhaupt nicht mehr im Einzelnen erfassen und würdigen können, sind Redakteure wie Journalisten täglich permanent gefordert, zu entscheiden, auf welche Weise Informationen kommuniziert, mit welchen Bildern, Videos, Tönen und Texten sie illustriert werden sollen.
Und natürlich auch, wie diese Aufnahmen und Informationen überhaupt erst erreicht wurden. Etwa wenn ein schweres Unglück mit vielen Toten geschehen ist. Wie gehen die Journalisten dann mit der vorgefundenen Situation, mit den Angehörigen der Opfer um? Haben sie dann Regeln, die sie sich auferlegen oder gar Gesetze einzuhalten? Wie schwer wiegt der moralische Respekt gegenüber dem Bilder,- und Informationshunger der Titelseiten, Onlinemeldungen, Newssendungen und Magazine?
Was sollte man zeigen, was nicht? Darf man Namen von Opfern oder Tätern, ihre Gesichter veröffentlichen? Wo endet das Recht auf Information der Öffentlichkeit und wo beginnt die Privatsphäre des Einzelnen? Gibt es Schamgrenzen? Haben Journalisten die Pflicht, ihre Interviewpartner möglicherweise auch vor sich selbst zu schützen?
Kontrollinstanz
Nicht immer sind Medienmacher aufrichtig und selbstkritisch genug, die moralischen Fragen, die sich bei ihrer Arbeit stellen, richtig zu beantworten. Immer wieder kommt es zu Veröffentlichungen, die in hohem Maße Grenzen überschreiten.
Der deutsche Presserat, ein Zusammenschluss mehrerer Journalisten,- und Verlegerverbände hat sich deshalb selbst auf die Einhaltung gewisser Richtlinien publizistischer Ethik verpflichtet, den so genannten Pressekodex.
Darin geht es unter anderem um die Einhaltung der Gesetze, der Verfassung, die Pressefreiheit, die Unabhängigkeit der Presse von Beeinflussung, die Achtung der Privat,- und Intimsphäre von Menschen und weitere ethische Normen.
Pressekodex
Im Einzelnen hat der Pressekodex aktuell 16 Ziffern unter denen jeweils zu dem gegebenen Thema Richtlinien spezifiziert sind.
Die Ziffern skizzieren grob, welche Themen im Kodex besprochen werden:
Ziffer 1 - Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde
Ziffer 2 – Sorgfalt
Ziffer 3 - Richtigstellung
Ziffer 4 – Grenzen der Recherche
Ziffer 5 – Berufsgeheimnis
Ziffer 6 – Trennung von Tätigkeiten
Ziffer 7 – Trennung von Werbung und Redaktion
Ziffer 8 – Schutz der Persönlichkeit
Ziffer 9 – Schutz der Ehre
Ziffer 10 – Religion, Weltanschauung, Sitte
Ziffer 11 – Sensationsberichterstattung, Jugendschutz
Ziffer 12 – Diskriminierungen
Ziffer 13 – Unschuldsvermutung
Ziffer 14 – Medizin-Berichterstattung
Ziffer 15 – Vergünstigungen
Ziffer 16 – Rügenveröffentlichung
Es lohnt sich, die einzelnen Richtlinien zu lesen, sie sind so etwas wie eine Leitlinie für guten Journalismus und beschäftigen sich mit den Grundlagen gründlicher Recherche oder auch der Vermeidung von Bestechlichkeit als Journalist-in.
In Ziffer 3 wird im Pressekodex beispielsweise geregelt, wie die Medien im Falle von Fehlern in der Berichterstattung zu handeln haben. Dazu gehört beispielsweise die Veröffentlichung einer Gegendarstellung oder Richtigstellung.
Der Pressekodex ist kein Gesetz, er ist eine Art moralische Richtschnur für guten Journalismus. Es sind Empfehlungen, die nicht immer richtig liegen. Sie müssen von gewissenhaften Journalisten, Autoren und Filmemachern von Fall zu Fall aufs Neue überprüft werden.
Regelmäßig werden Beschwerden geprüft und unter Umständen so genannte Rügen erteilt, die die entsprechenden Medien dann veröffentlichen müssen. Vom Presserat gerügt zu werden, ist zumindest für seriöse Medienunternehmen, keine vergnügliche Angelegenheit. Die meisten Medien sind deshalb bemüht, selbst ihre seriöse und moralisch einwandfreie Art der Berichterstattung zu sichern.
Mehr dazu im Bereich Medienpädagogik:
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Mehr Infos: http://www.presserat.de/pressekodex/pressekodex/