Anfänge staatlicher Filmschulen in Deutschland
Es war ziemlich naheliegend, dass mit der unglaublichen Verbreitung des Mediums Film im zwanzigsten Jahrhundert auch die Notwendigkeit aufkam, das hierfür notwendige Handwerk und zugleich theoretische Grundwissen weiter zu geben. Zwar gab es zahlreiche private Film,- und Schauspielschulen, doch das was dort gelehrt wurde, war auf höchst unterschiedlichem Niveau und grenzte teilweise an Betrug. Staatliche Lehrangebote fehlten bislang. Es war der erste Weltkrieg und die erstmalige Nutzung des jungen Filmmediums für Propagandazwecke, welche in der Politik Begehrlichkeiten weckte. Während bis dahin das Filmhandwerk weitgehend irgendwie durch Assistieren und Zuschauen erfolgte, begannen die Politiker in Europa über staatlich geregelte Lehre in diesem Bereich nachzudenken.
Revolution in mehrfacher Hinsicht
Beeinflussung der Massen war in der noch jungen Sowjetunion eine als dringlich eingestufte revolutionäre Aufgabe und so wurde dort bereits 1919 die erste Filmschule weltweit, das russische Staatsfilminstitut A.A. Gerasimow gegründet. Eisenstein, Pudowkin oder Dowschenko wurden Lehrer und setzten sich auch mit der Entwicklung von Theorien rund um das Filmmedium auseinander.
Kinotechnische Ausbildung
Als die erste Filmschule in Deutschland wurde 1921 die Kinotechnische Abteilung an der Höheren Fachschule für Phototechnik gegründet, eine Schule die nach diversen Umbenennungen heute als Fachbereich Gestaltung zur Münchner Fachhochschule gehört.
Kurz darauf wurde in Berlin die "Prüf und Versuchsanstalt" an der TH in Berlin gegründet, bei der es aber eher um die Entwicklung von Techniken, Geräten und Materialien rund um den Film ging und weniger um gestalterische Fragen.
1921 wurde die deutsche Filmschule in München gegründet, verteilt auf verschiedene Gebäude, zum Teil in Schwabing, zum Teil in Geiselgasteig (heute Bavaria), später in der Sonnenstraße, manche Vorlesungen fanden auch an der LMU statt. Hier entstanden bis in die dreißiger Jahre sowohl Kulturfilme (kurze Dokumentarfilme für Wochenschauen) als auch Kurzspielfilme.
1926 eröffnete in Paris mit der École Technique de Photographie et Cinématographie" die erste französische Filmschule.
1932 wurde in Südkaliforien an der UCS erstmals in Amerika ein Bachelor in Kinematografie angeboten.
Stillstand bei Filmausbildung in der NS-Zeit
Mit der Machtergreifung durch die Nazis 1933 begann die Auflösung der deutschen Filmschule, die offiziell, nachdem keinerlei staatliche Geldmittel mehr flossen, 1934 endete.
Zeitgleich plante die Berliner "Prüf und Versuchsanstalt" eine eigene Filmschule zu gründen. Nach vielem Hin,- und her mit der Reichsfilmkammer, wurde 1938 die "Deutsche Filmakademie Neubabelsberg" gegründet, die während des zweiten Weltkrieges eingestellt wurde.
Erst 1954 wurde in Berlin Ost die Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg, die HFF Ostdeutschlands gegründet, die sich an Vorbildern Osteuropäischer Filmschulen orientierte.
Ab 1955 bot die Berliner Fachschule für Optik und Phototechnik zumindest Filmbearbeitung an. So bestand in Deutschland über Jahrzehnte ein Vakuum, in welchem die Filmindustrie selbst ihren Nachwuchs ausbildete und vor allem die inhaltlich theoretische Auseinandersetzung auch mit gesellschaftlichen Fragen weitgehend ausblendete.
Späte Neugründungen in Westdeutschland
Erst 1966 wurde in Berlin die DFFB und 1967 in München die HFF gegründet, die 2017 ihr 50jähriges Bestehen feiert.
Interessanterweise war die HFF die ersten Jahrzehnte über, ähnlich auf verschiedene Gebäude und Stadtteile Münchens verteilt, wie es die erste deutsche Filmschule ab 1921 war. Wollte man Filme schneiden oder mischen, musste man ins Prinzregententheater, für Filmvorführungen im Kinosaal, zum Bücherleih in der Bibliothek oder Terminen mit der Spielfilmabteilung musste man in die Kaulbachstraße. Die Dokumentarabteilung wiederum war auf Räume in der Ohmstraße und im Funkhaus des BR im 11. Stock verteilt.
Erst mit dem Einzug in der Frankenthaler Straße wurden die verschiedenen Standorte (Ohmstraße, Kaulbachstraße, Prinzregententheater, BR Freimann, BR Funkhaus Arnulfstraße) zusammengeführt. Für die HFF war es ein großer Fortschritt, endlich alle Räumlichkeiten in einem Gebäude vereinigt zu haben.
Mit dem Umzug ins Museumsviertel hatte die HFF München schließlich ein gigantisches Raumangebot zur Verfügung. Insbesondere auch die Studios sind für eine Filmhochschule absolut luxoriös ausgestattet.
Nicht Wenige sehen das Gebäude mit seinen vielen strikten Regelungen auch als Vermeidungsarchitektur kreativen Schaffens an. Auch der Umstand, dass es so viele Büros gibt, dass fast Jeder isoliert vor sich hin arbeitet, ist nicht immer förderlich für das so notwendige Teamworking. Letztlich werden es die Filme der Studierenden und nicht das Gebäude sein, die in der Außensicht wahrgenommen werden.