Der Effekt ist beliebt bei Videos von Veranstaltungen, in der Werbung oder als coole Intro. Der Look von Modellaufnahmen und Miniatur-Welten kann auch für normal große, realistische Motive verwendet werden und erzeugt einen besondere Bildwirkung. Dieser besondere Look wird vor allem durch die Imitation der Macroobjektive erzeugt, mit denen man normalerweise bei der Aufnahme von Modelleisenbahnen, Miniaturwelten und Ähnlichem arbeitet. Sie haben nämlich eine extrem geringe Schärfentiefe und sie werden auch gerne zu den Bildrändern hin deutlich Unscharf.
Außerdem wirken die Bewegungen bei solchen Miniaturaufnahmen meistens unrealistisch, irgendwie zu schnell. Diese Effekte werden auch immer wieder mal genutzt, um die Wirklichkeit, die alles andere als miniaturisiert ist, eben genau so aussehen zu lassen. Man nennt das auch "Miniatur-Effekt" oder "Diorama-Effekt". Dioramen waren im 18. und 19. Jahrhundert, also vor dem Beginn der Filmgeschichte, sehr beliebt, es handelte sich dabei um Schaukästen, in die man unterschiedliche Szenen mit Modellfiguren und -landschaften vor einem bemalten Hintergrund eingesetzt hatte.
Was muss man nun genau tun, um einen solchen Effekt zu erzielen?
Kameraposition
Nun zunächst einmal sollte man sich vergegenwärtigen, dass solche Aufnahmen von Minitaurwelten meistens aus einer überhöhten Position aufgenommen werden, weil die großen Kameras gar keinen Platz zwischen den winzigen Straßen, Bahnhöfen etc. hätten (es sei denn, man verwendet ein Schnorchel-System). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wenn man eine reale Straße oder einen Platz "miniaturisieren" möchte, eine erhöhte Kameraposition, also die Vogelperspektive gewählt werden sollte, also ein Hochhaus, ein Flachdach etc.
Shift Objektive
Als Objektiv solle man, um den Macro-Objektiv-Look nachzuahmen, ein Tilt-Shift Objektiv verwenden,- das ist eines, bei dem man einezlne Linsen aus der Parallelität verschieben kann. Solche Objektive werden auch verwendet, wenn man gleichzeitig in einem Teil des Bildes im Vordergrund und in einem anderen Teil in größerer Entfernung alles scharf abbilden möchte. Damit wird auch das Phänomen nachgebildet, dass das menschliche Auge in der Mitte schärfer sieht, als am Rand. Weiter entfernte Objekte nimmt es zudem mit geringerer Auflösung wahr als solche in der Nähe. Entfernte Gebäude oder Landschaften wirken flächig.
Normale Objektive sind so konstruiert, dass alle Linsen möglichst präzise parallel zum Kamerasensor bzw. dem analogen Film angeordnet sind. Das stellt sicher, dass die Schärfeebene überall auf dem Bild in gleichem Abstand liegt. Ein Shift-Objektiv kann gegenüber dem Sensor angewinkelt werden, was dazu führt, dass die Schärfeebene nicht mehr parallel zum Kamerasensor liegt. Shift-Objektive haben zusätzlich eine Funktion, die für Architekturaufnahmen besonders hilfreich ist. Wenn man beispielsweise vor einem hohen Gebäude steht, dann verjüngt es sich nach oben hin immer mehr. Mit dem Shift Objektiv kann man diesem Effekt entgegenwirken und die Linien des Gebäudes bleiben von unten bis oben parallel.
Alternativ kann man diese Effekte auch in der Nachbearbeitung, in der Postproduktion genauer im Grading über die Aufnahmen rechnen, hier sollte das Abfallen der Schärfe übernatürlich stark ausfallen, vorzugsweise sollte es einen bildwichtigen, meist mittigen Teil geben und nach hinten fällt dann die Schärfe stark ab. Auch zu den Rändern hin kann eine Art Unschärfe-Vignette eingesetzt werden.
Farbigkeit
Man kennt das von der Modelleisenbahn,- alles ist ein wenig bunter und sauberer, als in der wirklichen Welt. Um diesen Effekt nachzuahmen, sollte man die Farbsättigung der Realaufnahmen etwas anheben, damit wird der Miniwelt-Effekt deutlich verstärkt. Auch die Erhöhung des Dynamikumfangs, wie man sie bei HDR Aufnahmen erzielen kann, erhöht unter Umständen den unrealistischen Eindruck. Der Kinohit von 2023, "Barbie" (Regie: Greta Gerwig) führt das den Zuschauer*Innen 114 Minuten lang eindrücklich vor Augen.
Bildfrequenz
Außerdem sollte man, um die unrealistischen Bewegungsabläufe nachzubilden, mit der Bildaufnahmefrequenz ein wenig runter gehen, man nennt das auch "unterdrehen". Dann fahren die Fahrzeuge, Züge etc. der realen Welt alle etwas zu schnell durch das Bild und die Menschen bewegen sich ebenfalls schneller als normal. Das betrifft natürlich auch die Physik, da die Abstände in Miniturwelten geringer sind, wirkt auch die Schwerkraft unnatürlich. (Diesen Faktor muss man übrigens auch berücksichtigen, wenn man zum Beispiel verkleinerte Plates dreht, die in reale Maßstäbe eingefügt werden, Dann möchte man ja gerade nicht den Miniaturwelt-Effekt, deshalb muss man dann sogar mit Zeitlupe drehen.)
Alternativ kann man, das wird ebenfalls gerne einsetzt, mit Zeitraffer arbeiten und so Langzeitprojekte filmisch erfassen. Bildfrequenzen von 16, 12 oder 8 Bildern pro Sekunde eignen sich da gut. Eine andere Variante sind Zeitraffer-Aufnahmen, bei denen längere Zeiträume in wenigen Sekunden zusammengefasst werden, indem man pro Minute oder Stunde nur ein Bild aufnimmt. Dafür muss die Kamera natürlich entsprechend programmiert und unbedingt vom Stromnetz mit Energie versorgt werden. Baustellen, bei denen man die verschiedenen Bauphasen bzw. den Baufortschritt dokumentieren möchte, werden gerne auf diese Weise aufgenommen.
Auf diese Weise sehen echte Städte, Gebäude und Landschaften so aus, als hätten Modellbauer sie gebaut, eben wie eine Spielzeugwelt.