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DOKfest 01 WE MET IN VIRTUAL REALITY 4000

 

Filmkritik "We Met In Virtual Reality"

Großbritannien 2022 – Regie: Joe Hunting

Es gibt viele Vorstellungen von Zukunft, auch darüber, wie Menschen sich kennenlernen, sich mögen, sich verlieben sollen. Manche glauben fest daran, dass Menschen dies auf virtuellen Plattformen mit mäßig gelungenen Comic-Avataren und künstlichen Welten bewerkstelligen werden.  VR-Chat heißt die Plattform um die es in dem Film geht und zu Beginn wird man ohne irgendeine real sichtbare Identifikationsfigur erst einmal in die virtuellen Räume, etwa eine Einführungsveranstaltung die Avatare mit Infos zum Agieren in der virtuellen Welt hineingeworfen.

Regisseur Joe Hunting hat über ein Jahr lang seine unterschiedlichsten virtuellen Begegnungen mitgeschnitten und der Zuschauer ist in unterschiedlichsten Räumen mit diversen Avataren dabei.Zu viele Erklärungen gibt es nicht, man erwartet von den Zuschauern, dass sie durch Games und mehr bereits an die neuen Visualisierungsmöglichkeiten gewohnt sind.

Es gibt diverse Unterrichtssituationen, in denen man Dinge wie Gebärdensprache, aber auch Tanzen erlernen kann. Es gibt aber auch Freizeit-Bereiche und in denen, so kann man der Kommentarstimme des Regisseurs entnehmen, entstehen Beziehungen. So schaut er sich schon nach relativ kurzer Zeit jeweils nach einer virtuellen Frauenfigur um, mit der er Zeit auf einem Rummelplatz verbracht hat. Sein eigener Avatar und der Avatar der anderen Faru erzählen, wie im realen Leben Paare das auch tun, wann sie sich zum ersten Mal begegnet sind,- nur eben virtuell.

Viele Dinge, die Joe Hunting sagt, sind persönliche Erklärungen,- etwa das ein Vorteil seiner virtuellen Repräsentation ist, dass er dort nicht nach seinem realen Leben, nach dem, wie reale Menschen ihn kennen, bewertet wird, sondern nur danach, wie man dort als Avatar sich gibt, mit anderen spricht, sie behandelt. Nicht wirklich erläutert werden die verschiedenen Ebenen an Privilegien oder Möglichkeiten, die man innerhalb der Plattform erreichen kann.

Der Film erzählt Geschichten von verschiedenen Paaren, von ihren Schwierigkeiten, ihren Freuden. Sie berichten von der großen Freiheit, die ihnen die virtuelle Ersatzwelt gibt, manche konnten dort persönliche Tragödien besser überwinden. Einige wollen ihre virtuellen Beziehungen auch auf die wirkliche Welt ausdehnen.  Es gibt Nightclubs, Bars, Funparks und mehr, wo sich die Avatare begegnen können und wie in der richtigen Welt gab es scheinbar recht bald auch Idioten in Form von Trollen, Kränkungen und unmoralischem Verhalten. Das nahm teilweise ein Ausmaß an, dass die Plattform einen virtuellen Panikknopf integrieren musste.

Vermutlich hat das Wegfallen realer Begegnungorte wegen der Pandemie den Erfolg dieser und anderer Plattformen begünstigt. Ansteckungsfreie Begegnungen,- für Menschen, die die Künstlichkeit der angebotenen Welten mögen, offenbar ein akzeptabler Ersatz. Doch es fühlt sich auch immer wieder recht schal an, riecht nach EInsamkeit, nach Rückzug aus dem wirklichen Leben. Leider begegnet man in dem Film nie den realen Menschen, die hinter den Fantasiefiguren stecken. Damit fehlen einem wichtige Bezugspunkte und man wird als Zuschauer letztlich mit einer Grenze konfrontiert, welche die Künstlichkeit der animierten Welt nie überwindet.

Man muss das mögen,- ohne selbst agieren zu können, seltsamen, nur mäßig animierten Fantasie-Avataren zuzusehen und vor allem Menschen, die real dort vielleicht einen Ausweg aus ihrem vorübergehend oder dauerhaft ungenügenden wirklichen Leben entfliehen, zuzuhören. Man fühlt sich die 90 Minuten des Films über streckenweise ein wenig, als wenn man den Mitschnitten von Game-Sessions zusieht, die andere gespielt haben. Während Gesichter, denen man zuschaut, ganze Landschaften der Emotionalität sein können, bleiben die Oberflächen der Avatare dahinter weit zurück, hier bleibt der Film dem Zuschauer vieles schuldig. Ja,- Stimmen sind auch Ausdrucksmittel, aber eben nur ein Teil. Der Behauptung im Teasertext des DOK.fests, die Zukunft des Kinos sei virtuell, darf man getrost und sehr entschieden widersprechen.

Bilder: DOK.fest München

 

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