Es ist schon seltsam, viele Kamera,- und Objektivhersteller bemühen sich, all die Abbildungsfehler und Schwächen von Objektiven und Sensoren mehr und mehr zu reduzieren um dann Aufnahmen zu ermöglichen, die manche von uns als eher steril, technisch und klirrend charakterlos empfinden. Dabei haben die Hersteller alles richtig gemacht. Sie haben Objektive gerechnet, die nicht mehr vignetieren, also keine Abdunklung des Bildes zu den Bildrändern (Engl: Fall off) aufweisen. Sie haben Verzerrungen aus den Weitwinkel-Brennweiten verringert, haben die Auflösung und Empfindlichkeit der Sensoren erhöht. Und es gibt auch zahllose Kunden, die genau die technischen Werte mit denen anderer Kameras vergleichen und von dieser Ingenieursleistung begeistert sind, so wie es auch Kunden gibt, denen der Charakter, die Anmutung analoger Aufnahmen oder älterer Objektive viel wärmer und angenehmer erscheint.
Das sind die "Out of the Camera" Aufnahmen, etwas, dass in der professionellen Welt immer seltener wird, weil RAW gedreht, mit Look-Up Tables auf Bildschirmen nach Geschmack abgebildet und erst zuletzt im Grading der eigentliche Look erzeugt wird. Dort allerdings werden heute deutlich mehr Möglichkeiten angeboten, als sich die Lichtbestimmer vor ein oder zwei Jahrzehnten hätten träumen lassen.
Filmkorn als Look
Ja und genau dort kann man dann, wenn man möchte, wieder Filmkorn drüber rechnen, kann einen Vignetteneffekt über das Bild legen und wenn man möchte sogar noch die Verzeichnung seines Lieblingsobjektivs aus Analogzeiten rendern lassen. Mit Software wie "Magic Bullet" kann man den Grad der Körnigkeit stufenlos einstellen oder auch bestimmte analoge Filmmaterialien simulieren.
Die Bilder sehen tatsächlich, wenn es sinnvoll eingesetzt wird, organischer aus, allerdings eignet es sich eher für Spielfilm, beim Dokumentarfilm fragt sich der Zuschauer etwas, was diese leicht nostalgische Veränderung eigentlich soll.
Schließlich verweist sie indirekt auf andere Zeiten, etwa jene, in denen genau diese Farbgebung der Filmmaterialien oder diese Fehler bei den Objektiven üblich waren. Besonders typische Beispiele sind die Umkehrmaterialien, also jene Diafilme in der Fotografie oder die Normal oder Super 8 Filme im Amateurbereich. Diese Zeiten kann man durch den Look recht schnell wieder aufleben lassen.
Die Unterschiede zwischen digitaler Pixeldarstellung und dem analogen Filmkorn erläutert unser Artikel zum Thema
Es sind zahlreiche Bildfehler, die uns Aufnahmen organischer, natürlicher erscheinen lassen, man ist gewohnt an deren Look und assoziiert sogleich Aufnahmen aus großartigen Fotografie-Reihen oder Kinoklassikern. Hersteller wie Taylor-Hobsen (Cooke) bekennen sich offen zu Objektiven, die zum Bildrand hin an Schärfe verlieren, weil genau das den Look und die besondere Atmosphäre eines Bildes generiert.
Je offener die Blende, desto stärker treten die Fehler, die wir als Charakter bezeichnen, zu Tag. Manche wirken bei Offenblende nahezu spacig, andere weich und sahnig. Manche Objektive überstrahlen fast impressionistisch. Ein weiterer, allzu menschlicher Aspekt ist die Wiedergabe von Haut. Hier lässt die hohe Auflösung oft Hautstrukturen oder gar Puderpigmente mit einer Härte erkennen, dass man sich die alten SD Fernseher zurückwünschen möchte. Viele Kameraleute sehnen eine weichere, wärmere, softere Bildwiedergabe zurück, wie sie in Analogzeiten üblich war.
Wertigkeit
Vermutlich sind es unsere Sehgewohnheiten, welche den Eindruck eines wertigeren Filmes entstehen lassen, wenn wir bestimmte Eigenschaften des Kino, so wie wir es aus analogen Zeiten kennen, wahrnehmen. Es sind die Oberflächen, die Abstufungen und Ausprägungen der Farbe, die Kornstruktur, die Kontrastwiedergabe und Bewegungseigenschaften die weitaus mehr Einfluss auf den Bildeindruck haben, als die schiere Auflösung.
Viele Dinge, die das digitale Bild von einem mehr organischen, analogen Look unterscheiden, lassen sich in den besseren Kameras bereits in den Presets optimieren.
Da wäre etwa die künstliche Schärfeanhebung, also digital erzeugte, härtere Begrenzungen, welche das Bild schärfer erscheinen lassen. Das ist für Pixelzähler und Schärfe-Enthusiasten vielleicht interessant, aber bei Auflösungen mit mindestens HD, sind sie eher ein Schritt in die falsche Richtung. Wenn möglich, reduzieren oder abschalten.
Die Gamma-Kurve. Je geringer der Kontrastumfang einer Kamera ist, desto mehr wird an der Gamma-Kurve, also der Übersetzung der real im Motiv vorkommenden Helligkeiten in den Spielraum, den Sensor und Elektronic zulassen, manipuliert. Es wird also in den Schattenbereichen, in den Mitten und vor allem in den Lichtern kräftig gestaucht. Wenn man die Lichtbereiche clippen lässt, wenn da also keine Zeichnung sondern nur noch technisches Weiß im Bild ist, erkennt Jeder, dass es sich um Video handelt.
Wer Film-Look wünscht, muss versuchen, diese Einschränkungen zu überwinden, sei es durch filmischer Gamma-Kurven oder höherwertigere Kameras. (10 Bit, 12 Bit etc.) Hat man keine Kontraststarke Kamera gilt: Besser man hat ordentlich belichtete helle Bereiche und differenziert in den Mitten und Schatten etwas weniger.
Belichtung
Die Belichtungszeit von Filmkameras lag bei einer 48/Sec soweit unsere Sehgewohnheiten. Man sollte sich davon nicht allzu weit entfernen, wenn man Filmlook herstellen möchte. Wenn irgendwann höhere Bildfrequenzen üblich werden, müssen die Belichtungszeiten allerdings kürzer werden, weil weniger Zeit übrig bleibt, ein einzelnes Bild zu belichten.
Bildfrequenz
Kino hat mehrheitlich mit 24 Bildern in der Sekunde stattgefunden. Das ist für die Auflösung hoher Geschwindigkeiten nicht viel, dennoch hat sich unser Auge auch an diese Seherfahrung gewöhnt. Dennoch sieht es so aus, als wenn sich langfristig höhere Bildfrequenzen, als Vollbild (p) durchsetzen werden.