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Der Schwarm Heufer Umlauf Benesch Masucci 4000

Roscovitz (Klaas Heufer-Umlauf, l.), Charlie Wagner (Leonie Benesch), Alban (Oliver Masucci, r.), © ZDF und Fabio Lovino

 

Die Rezepturen sahen gar nicht schlecht aus, ein Bestsellerroman (Frank Schätzing) , ein Showrunner (Frank Doelger), der schon bei Game of Thrones erfolgreich war, drei Regisseur*Innen (Regie: Luke Watson, Barbara Eder, Philip Stölzl) die ihr Handwerk verstehen und jede Menge Geld. Das ZDF hat sich mit dem ORF, France Télévisions, Rai, SRF, der Viaplay Group und Hulu Japan zusammengetan um das Riesenprojekt zu stemmen. Und doch weiß die achtteilige Serie nicht so recht zu überzeugen. Die Zuschauerreaktionen und auch die Kritik sind jedenfalls auffällig durchwachsen. Was war da los?

 

Synchro

Ein Teil der Unzufriedenheit bei den Zuschauern scheint von der deutschen Synchronisation auszugehen. Wie bei derartigen internationalen Produktionen üblich, hat man teilweise auf Englisch aber auch in anderen Sprachen gedreht. Offensichtlich hat man es aber bei der deutschen Synchro nicht geschafft, die entsprechende Qualität herzustellen. Häufig verbindet man die Stimmen einfach nicht mit den Personen im Bild. Dies kann durchaus daran liegen, dass viele Schauspieler*Innen sich selbst synchronisiert haben, die eigentlich kaum bis keine Synchronerfahrung besitzen. Synchronsprecher ist ein eigenständiger Beruf, man braucht viel Erfahrung, um Dialoge auf den Punkt genau und mit den entsprechenden Emotionen für jeden Take einzusprechen. Bei einigen Figuren aus "Der Schwarm" wirkt das was in den Dialogen gesprochen wird, fast ein wenig wie heruntergeleiert. Alternativ kann und sollte man vielleicht die mehrsprachige Originalversion mit Untertiteln in der Mediathek des ZDF anschauen.

 

Romanverfilmung

Bestseller-Autor Frank Schätzing hat sich schon vor der Ausstrahlung der ersten Serienfolge kritisch über die Verfilmung seines Romans geäußert. Er kritisiert vor allem die Versuche, mehr Beziehungsdrama in die Handlung einzuflechten.

Erzählt werden die Beobachtungen und Erlebnisse verschiedener Charaktere aus der Meeresforschung, die an verschiedenen Orten Welt, gleichzeitig rätselhafte Phänomene beobachten. Ganz wie man es aus US- Amerikanischen Katastrophenfilmen (Jurassic World, Independence Day & Co.) kennt, wo ein Jeff Goldblum zahllose Male den Wissenschaftler geben musste, der drohendes Unheil frühzeitig erkennt, so sind es hier gleich eine ganze Reihe von Wissenschaftler*Innen die eine weltumspannende Bedrohung bemerken.

So etwa die Molekularbiologin Cécile Roche (Cécile De France) die ein neuartiges lebensbedrohliches Bakterium im Trinkwasser feststellt, der Walforscher Leon (Joshua Odjick) beobachtet, dass eigentlich friedliche Wale plötzlich aggressiv Boote angreifen. Die Meeresbiologie-Studentin Charlie (Leonie Benesch) bemerkt auf einer Forschungsstation auf den Shetlandinseln ebenfalls ungewöhnliche Veränderungen, genau wie der U-Boot-Kapitän Alban (Oliver Masucci) und Tauchrobotik-Experte Roscovitz (Klaas Heufer-Umlauf) Unterwasser. Und auch Meeresbiologe Dr. Sigur Johanson (Alexander Karim) entdeckt einen Eiswurm, der den Meeresboden destabilisiert und verantwortlich ist für Tsunamis. All diese Forscher*Innen haben den gleichen Verdacht,- dass sich die Natur an den Menschen rächen will. Also ein durchaus aktuelles Thema, schließlich spüren die Menschen auch real immer mehr die Folgen einer selbstverschuldeten rücksichtslosen Veränderung der Lebensbedingungen.

 

Umsetzung

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Making of „Der Schwarm“ in den Unterwasserfilmstudios in Vilvoorde, Belgien, © ZDF und Fabio Lovino

 

Wir haben es also mit einer multiperspektivischen Erzählweise zu tun, etwas was im Fernsehen durchaus funktionieren kann, wenn man es gut anlegt. Und visuell ist das Ganze tatsächlich aufwändig erzählt, die Bilder sehen wertig aus und können durchaus mit US- amerikanischen Vorbildern mithalten. Tolle Landschaftsaufnahmen, gute Lichtführung und gutes Grading, die mit den teureren Vorbildern aus den USA durchaus vergleichbar sind. Nicht alle VFX Effekte halten den hohen Ansprüchen stand, doch mehrheitlich sind sie wirklich gut gelungen. Viele Aufnahmen entstanden im größten Unterwasserstudios Europas, in Vilvoorde, bei Brüssel. Leider spürt man auch den manchmal krampfhaften Willen durch, das ganze international aussehen zu lassen um eine weltweite Vermarktung zu ermöglichen. Handwerklich hat das Team also über weite Strecken sehr gut gearbeitet, auch der Look ist filmisch und passt zu dem Setting.

Natürlich dürfen die Beteiligten,- so wollen es gängige Verträge, sich nicht offen über Produktionsdetails äußern, aber hier und da kann man zwischen den Zeilen so manches herauslesen. Offensichtlich sind diverse Drehorte zusammengestrichen worden, Handlungsbögen gekürzt und auch hochkarätige Besetzungen teilweise kurzfristig abgesagt worden. Auch war das Mitspracherecht der Regisseur*Innen bei den Büchern offenbar sehr begrenzt.

 

Weshalb anschauen?

Schwieriger wird es, wenn man sich die Frage stellt, weshalb man sich die Serie anschauen soll. Was gut gelingt ist ein diffuses ungutes Gefühl in Zusammenhang mit Meer und Wasser zu vermitteln, doch das reicht nicht aus um die Zuschauer durchgehend an die Serie zu binden. Dadür ist eine emotionale Beteiligung an den Hoffnungen, Sehnsüchten und Ängsten der Protagonist*Innen notwendig. Es fällt leider sehr schwer, bei den Figuren emotional anzudocken. Zwar sind diverse emotionale Subplots versucht worden, und auch locker gestreute Befindlichkeitsdialoge platziert worden, doch keiner der Figuren gelingt es, die Zuschauer wirklich zu berühren. Vielleicht sind es auch schlicht zu viele Figuren die die parallel um die Aufmerksamkeit und Empathie der Zuschauer ringen.

 

Looking at Things

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Making of „Der Schwarm“, Aufnahmen mit einem Technocrane, © ZDF und Fabio Lovino.

 

Die häufigste Beschäftigung der Figuren scheint darin zu bestehen, staunend, gerne auch mit offenem Mund auf irgendwelche Bildschirme zu starren, die unheilvolle Informationen, Diagramme und Videos verbreiten. Das ist hin und wieder ja ganz glaubwürdig, doch über so weite Strecken fragt man sich ein wenig, was das in den Zuschauern auslösen soll. Standen auf den Drehplänen tagelange Drehs mit Nahaufnahmen "Bildschirmanstarren"? Überhaupt glaubt man den Filmfiguren wenig, man beobachtet sie bei irgendwelchen Forschungstätigkeiten und fragt sich ein wenig, was es eigentlich genau erzählen soll. Spannung und Emotionen werden vor allem durch die aufwändig produzierte Musik erzeugt, doch das reicht nicht, um wirklich zu fesseln. Man möchte mit den Filmfiguren mitfühlen, doch das wird einem nicht ausreichend ermöglicht.

Dieser Effekt ist natürlich auch abhängig von der jeweiligen Situation, U-Boot-Kapitän Alban und Tauchrobotik-Experte Roscovitz haben in ihrem U-Boot außer besorgten Blicken nicht viel Entfaltungsmöglichkeiten, da geht es dem Walforscher Leon in Kanada deutlich besser. Die Natur und seine Bewegungsmöglichkeiten rund um die Bucht an der er lebt, erlauben deutlich mehr Spielräume. Auch der Kieler Meeresbilogogie-Institutsleiterin, gespielt von Barbara Sukowa, mag man nicht allzu lange zuschauen und zuhören.

Das liegt auch an die Dialogen, die von höchst unterschiedlicher Qualität sind, manche hervorragend, manche so banal dass es schmerzt. Das vierköpfige Drehbuchteam, der Showrunner, die vielen Producer, Redakteure, sie alle haben es irgendwie nicht geschafft, den Geschichten Atem einzuhauchen. Vielleicht haben auch, wie so oft, wenn viele Geldgeber in einem Projekt stecken, zu viele Menschen mitreden wollen. Irgendwie bleibt man als Zuschauer*In außen vor, obwohl eigentlich gravierende Themen verhandelt werden.

Was auch irritiert, ist die Tatsache, dass selbst gewaltige Naturkatastrophen zumindest visuell fast folgenlos bleiben. Da wütet ein Tsunami, doch dessen Folgen, das Leid der Menschen, zerstörte Küstenstädte, all das wird gar nicht erst gezeigt. Man sieht Tränen in den Augen der deutschen Meeresbiologie-Doktorantin, weil ihr Freund offenbar ums Leben kam, doch die wahren Dimensionen der erzählten Katastrophen werden einfach nicht erzählt. Man begnügt sich mit besorgten Forscher*Innengesichtern.

Die Serie kann viel, was die visuelle Seite und das Sounddesign betrifft, was die Drehbücher und Figuren angeht, gibt es deutlich Luft nach oben. Romanverfilmungen sind nie einfach,- besonders wenn die Zuschauer*Innen die Romane mit der Verfilmung vergleichen. Vielleicht sind die Reaktionen auf diese Serie auch deswegen so intensiv, weil sich das ZDF und die Produktion sehr viel zugetraut haben und das vielleicht nicht in allen Punkten erreicht haben. Einmal mehr hat sich gezeigt, wie wichtig gute Drehbücher sind und dass man mit noch so hohem visuellem und gestalterischem Aufwand die Schwächen von Drehbüchern nicht kompensieren kann. Man darf gespannt sein, wie sich die Serie international schlagen wird, vielleicht sieht es mit einer anderen Synchro, bei der ausschließlich professionelle Synchronsprecher*Innen (und nicht die Schauspieler*Innen selbst) in einer anderen Sprache sprechen, schon wieder ganz anders aus.

 

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