In der Corona-Zeit zu drehen, bedeutet enorme Herausforderungen für die Filmteams, die DarstellerInnen und vor allem auch für die Produktions-Logistik. Tipps und Konzepte.
Es sind seltsame Zeiten, in denen so massiv auf engste Zusammenarbeit angewiesene Strukturen wie Filmsets mit den Einschränkungen und Bedrohungen zurecht kommen müssen. Ausgerechnet in einem Arbeitsumfeld, wo die Nähe für die künstlerische Arbeit sehr wichtig ist, muss plötzlich Distanz gehalten werden. Selbsternannte, oder von der Produktion ernannte Corona-Beauftragte, die in der Regel nur in den seltensten Fällen einen medizinischen Hintergrund haben, versuchen den Spaghat zwischen Produktionsnotwendigkeiten und Sicherheitsmaßnahmen wegen Covid 19.
Wir haben aus verschiedensten Konzepten und Überlegungen einige Basics zusammengestellt, welche geeignet sind, in der aktuellen Corona-,- oder vergleichbaren Situationen die Sicherheit von Team und Darstellern bei Dreharbeiten so weit wie möglich zu gewährleisten.
0. Vor dem Dreh werden alle Beteiligten zuverlässig getestet
Alle Vorbesprechungen, Castings etc. werden, soweit möglich online abgehalten.
Nur wer einen negativen Test vorweisen kann, darf das Set betreten.
In der Vorproduktion und mehr noch beim Dreh gilt die Regel, dass Mundschutz zu tragen ist und zwar Innen und Außen. Ausnahme: Mahlzeiten. Geniest wird in die Armbeuge.
Am Set werden alle ausnahmslos mit einem berührungslosen Fiebermessgerät getestet.
1. Das Team in Gruppen aufteilen
Ein erster Schritt besteht darin, Im Team jene MitarbeiterInnen zu identifizieren, welche Kontakt zu den SchauspielerInnen oder zum Filmset haben, und welche nicht.
Maske, Kostümbild, Garderobe, Regie, Kamera, evtl. Tonangler müssen Kontakt zu den SchauspielerInnen haben
Techniker, Oberbeleuchter, Beleuchter, Ausstattung, Requisite, Ton etc. müssen keinen Kontakt zu den Schauspielern haben
Produktion, Produktionsleitung, Herstellungsleitung, Filmgeschäftsführung, Buchhaltung etc. müssen weder zu SchauspielerInnen noch zum Set Kontakt haben
2. Abläufe und Versorgungswege trennen
Entsprechend der Einteilungen, wird auch die gesamte Logistik am Filmset entsprechend organisiert.
SchauspielerInnen werden getrennt gefahren, haben keine gemeinsamen Aufenthaltsräume
Für die getrennten Gruppen gibt es auch unterschiedliche Aufenthaltsräume, Toiletten und Catering-Räume
Für die Essensausgabe getrennte Zeiten für die verschiedenen Gruppen
Am Set werden klare, getrennte Abläufe organisiert, Technik, Kamera, Licht betreten das Set vor den SchauspielerInnen. Die Phasen Vorbau, Proben, Korrekturen und Dreh laufen nacheinander, nicht parallel.
Danach ziehen sie sich zurück und Regie und SchauspielerInnen gehen ans Set und proben (Stellprobe oder sonstige Proben)
Danach ziehen sich Regie und Schauspielerinnen zurück und die Technik kommt wieder ans Set und macht Korrekturen
Dann wird gedreht, an Technik ist nur der kleinste, zwingend notwendige Kreis mit SchauspielerInnen und Regie am Set
3. Hygiene und Frischluft
Für das Team sollten von der Produktion PP2 Masken, Aufsteller mit Desinfektionsflüssigkeit, Desinfektionstücher in ausreichender Menge bereitgestellt werden.
Einmal pro Stunde sollten im Idealfall die Fenster, vorzugsweise auf Durchzug, geöffnet werden.
Räume ohne Fenster müssen mit entsprechenden Lüftungsanlagen mit HEPA Filtern ausgestattet werden, welche ersatzweise einmal pro Stunde eingeschaltet werden.
Eine Reinigungskraft kann insbesondere Aufenthaltsräume sowie Toiletten regelmäßig reinigen und desinfizieren.
4. Komparsendrehs
Keinesfalls sollten Personen aus den vorgenannten Gruppen mit den Komparsen Kontakt haben. Würden die gleichen Maskenbildner oder Gardrobieren, die mit den SchauspielerInnnen arbeiten, auch mit den Komparsen arbeiten, wäre der Schutzring durchbrochen.
Für die Arbeit mit Komparsen sollten separate Maskenbildner und Garderobieren, die natürlich ebenfalls getestet wurden, eingestellt werden.
Auch eine Komparsenbetreuung sollte separat eingestellt werden für diese Drehtage.
5. Tests
Die Tests sind, je nach Genauigkeit und Schnelligkeit der Ergebnisse, unterschiedlich teuer. Tägliche Test wären perfekt, sind aber für viele Produktionsfirmen nicht bezahlbar. Die Kosten dafür können schnell in die 100.000 € gehen. Deshalb sollte ein sinnvoller Turnus gefunden werden, zweimal in der Woche oder einmal wöchentlich wären denkbare Abstände. Wichtig sind rasche Rückmeldungen der Ergebnisse, im Idealfall noch am gleichen Tag.
Die Drehbedingungen haben sich damit deutlich verändert, doch viele Teams berichten, dass wenn sich alles eingespielt hat, der Mehraufwand sich in Grenzen hält. Weniger leute am Set kann auch bedeuten, dass konzentrierter gearbeitet wird und getrennte Aufenthaltsräume und Toiletten bedeuten eher ein Mehr an Komfort, aber keinen Zeitaufwand. Schwierig sind eher die Mehrkosten, da brauchen die Produzenten auf jeden Fall zusätzliche Finanzmittel von Fernsehen und Förderung.
Hier zum Vergleich die Corona-Sicherheitsrichtlinien der PGA, (Producers Guild of America), welche in den USA Gültigkeit haben:
https://deadline.com/wp-content/uploads/2020/08/pga_production_safety_task_f.pdf