Neue digitale Funkstrecken versprechen vereinfachte Handhabung und Zuverlässigkeit. Welches sind die wichtigsten Geräte und was können sie? In der wunderbaren Welt digitaler Technik haben sich auch neue Varianten von drahtlosen Mikrofonen etabliert, welche die dereinst zuverlässige und im professionellen Bereich auch sehr qualitätsvolle analoge Übertragung ablösen.
Grundsätzlich muss man sich vor Augen halten, dass für die anmeldefreie Übertragung von Tonsignalen per Funk heute viel engere Frequenzbänder zur Verfügung stehen als früher, weil die Frequenzen für Milliardenbeträge an die Handyprovider versteigert wurden. Das was für Filmteams, Veranstalter und mehr übrig gelieben ist, sind nur noch ganz wenige Frequenzbereiche. Diese müssen mun für deutlich mehr Funkübertragungen ausreichen. Wie das möglich ist?
Nun das verhält sich ähnlich, wie bei Kabel,- oder Antennenfernsehen. Dort wo früher ein analoger Fernsehkanal Platz hatte, werden heute bei digitaler Übertragung fünf bis zehn Mal mehr Sender untergebracht. Was uns die Anbieter gerne verschweigen,- das geht natürlich nur durch Datenreduktion, also indem man von der ursprünglichen Signalqualität Teile weglässt, herausrechnet, wie auch immer man das nennen möchte. Bei den Funkstrecken ist das Prinzip dank Digitalisierung vergleichbar.
Die meisten digitalen Funkstrecken, die anmeldefrei sind, tummeln sich auf dem gleichen Frequenzbereich, der auch für W-Lan (2.4 GHz Frequenzbereich) reserviert ist. Das bedeutet, hier kann es leicht zu Konkurrenz im Frequenzband und auch zu Störungen kommen. Hier spielt die Technik der Funkstrecke eine besonder Rolle. Vorteil dieses Frequenzbereichs ist, dass der Standard weltweit gilt, man also auch im Ausland damit arbeiten kann. Wer mehr Störsicherheit wünscht, muss auf anmeldepflichtige Geräte zurückgreifen.
Anmeldefreie Geräte
Alle hier genannten digitalen Geräte arbeiten im W-Lan Bereich in direkter Konkurrenz zu Computern, Tablets und Handys. Das kann gut gehen, muss aber nicht. Im gleichen Frequenzbereich arbeiten auch drahtlose Telefone, Baby-Monitore, Bluetooth, Ferngesteuerte Garagentore, drahtlose Lautsprecher, Autoalarmanlagen, smarte Lichtsteuerungen etc.
Auf dem gleichen 2,4 GHz Bereich tummeln sich zudem auch noch andere Geräte, die an Filmsets anzutreffen sind. Drahtlose Videoübertragung, drahtlose Schärfe (Funkschärfe) und besonders störend: Per Funk- DMX kontrollierte Scheinwerfer.
Die Ergebnisse können gut sein, sie können aber auch katastrophal sein, manchmal wechselt das sogar während eines Drehtages, abhängig davon, wie das WLAN Netz belegt ist. Bei professionellen Drehs können sich die Tonleute so etwas eigentlich nicht leisten, im schlimmsten Fall kostet es sie den Job. Bei No-Budget und Semi professionellen Drehs kommen die preiswerten kleinen Funkstrecken aber häufig zum Einsatz.
Sennheiser AVX-ME2 Set-3-EU
Sehr einfach handhabbares Gerät, bei dem sich die Signalübertragung selbst konfiguriert. Der Empfänger ist sehr klein und lässt sich frei um seinen XLR-Stecker drehen. Er schaltet sich automatisch mit den 48V Phantomspeisung der Kamera an und aus und spart damit Strom. Leider ist das im Set angebotene Ansteckmikrofon (ME 2 Lavalier-Mikrofon) nicht von hoher Qualität, wer anspruchsvoll ist, kauft sich alsbald ein anderes oder gleich das etwa 200 Euro teurere Set mit dem MKE 2. Preis: ca. 600,- € bzw. 800,- € mit MKE 2.
Im Unterschied zu manch anderen Funkstrecken arbeitet es nicht im 2,4 GHz Bereich, sondern bei 1,9 GHz. Man kann annehmen, dass dort nicht ganz so viele andere Gerätetypen senden, aber völlig störsicher ist der Bereich auch nicht.
Rode Rodelink Filmmaker Kit
Sehr schlicht gehaltene Funkstrecke vom australischen Mikrofonhersteller Rode. Es gibt für relativ wenig Geld ein Set aus Empfänger, Sender sowie Lavaliermikrofon. Das Lavalier ist von der Qualität ähnlich einfach gehalten wie das ME 2 von Sennheiser, es gäbe bessere Alternativen. Das System verfügt über 8 wählbare Kanäle, die per Tastendruck gewählt werden können. Richtig klein und leicht ist das Set nicht, weil es mit AAA Batterien arbeitet. Andrerseits kann man schnell weiterarbeiten, wenn man diese ausgewechselt hat. Andere Sender/Empfänger wollen dann erst mal aufgeladen werden, dass kann ganze Drehtage ruinieren. Preis: ca. 300,- €.
Es gibt die Rode Funkstrecke übrigens auch mit einem XLR Sender, welcher eigentlich für Handmikrofone gedacht ist. Dank 48V Phantomspeisung kann man den Sender auch direkt an Tonangeln anschließen oder höherwertigere Lavalier-Mikrofone mit XLR Anschluss verwenden. Preis: Ca. 380,- €
Rode Wireless Go
Das kompakte System ist für alle Arten von Drehs geeignet. Wenn das Lavalier nicht versteckt werden muss kann man den Sender gleich an die Kleidung anklemmen und mit dem eingebauten Mikrofon betreiben, sonst kann man ein externes Lavalier verwenden. Der Sender ist nämlich zum Anstecken und beinhaltet gleichzeitig das Mikrofon. Seltsamerweise ist der Clip mechanisch so ausgerichtet, dass das Mikrofon, wenn man den Sender etwa an der Knopfnaht eines Hemdes befestigt, nicht nach oben zum Mund, sondern seitlich ausgerichtet ist. T-Shirt-Träger sind hier definitiv im Vorteil.
Wofür Rode definitiv die Ohren langgezogen werden müssen, ist der Umstand, dass am Sender des Wireless Go an der 3,5mm Buchse für das Lavalier-Mikrofon kein Gewinde vorhanden ist. Das führt bei zahllosen Aufnahmen dazu, dass der Stecker des Mikrofons minimal rausrutscht, das eingebaute Mikro im Gehäuse des Senders übernimmt und aus der Hosentasche nur noch Raumton aufnimmt. Was soll dieser Blödsinn,- wenn man schon das passende Mikrofon dazu mit Überwurfmutter zum Festschrauben an einer Gewindebuchse herstellt? Einen Euro Materialkosten gespart und dafür so viel unnötig versaute Aufnahmen?
Obwohl das Manual verspricht, Sender und Empfänger seien bereits gepaired, kommt dennoch erst einmal keine Verbindung zustande. Um die beiden zu verbinden, muss man bei Empfänger die Empfangstaste rechts 3 Sekunden lang drücken und dann beim Sender die Einschalttaste ganz kurz. Danach verbinden sich die beiden Geräte miteinander. Das Set ist jedenfalls ultraleicht und die Tonqualität absolut in Ordnung. Preis: Ca. 200,- €.
Das Rode Wireless Go II bietet übrigens einen Doppelempfänger für zweikanalige Tonaufnahme, 2 Sender und, was sehr spannend ist, parallele Aufzeichnung auf einer internen Micro SD Karte. Das kann ein Lebensretter sein, falls es mal Tonstörungen gibt, etwa durch WLAN oder Elektrogeräte im Raum. Für knapp 270,- € ein echter Gamechanger.
Audio Technica ATW-1701
Das Set kommt ohne Lavalier Mikrofon daher und sendet ebenfalls im W-Lan Bereich. Es verfügt über automatische Frequenzwahl für übergangsloses, interferenzfreies Übertragen. Der Ausgang des Empfängers (3,5mm Miniklinke) kann zwischen symmetrisch und asymmetrisch umgeschaltet werden, womit sowohl semiprofessionelle Kameras, als auch professionelle Videokameras bedient werden können. Preis: ca. 370,- €
Synco WAir G1
Diese Funkstrecken arbeiten exakt wie die Wireless Go von Rode, sind noch etwas kleiner und kosten aber nur etwa die Hälfte. Außerdem gibt es auch ein Set mit zwei Sendern und einem Doppelempfänger, also eine Kombination, die man mit den Wireless Go an einer Mirrorless Kamera mit nur einem 3,5mm Klinkeneingang nur schwer realisieren kann. Das Set mit 2 Kanälen kostet zusammen noch weniger als eine Wireless Go. Das eingebaute Mikrofon der Wireless Go ist deutlich besser, als das eingebaute Mikrofon der Synco G1. Verwendet man aber ein gutes externes Ansteckmikrofon, ist der Qualitätsunterschied zum Rode nicht mehr so groß. Die Latenzzeit ist mit 12 Millisekunden im gleichen Bereich wie die anderen hier vorgestellten Funkstrecken.
Deity Microphones Connect
Das Set aus zwei Sendern, zwei Lavalier Mikrofonen und einem Doppelempfänger ermöglicht die Übertragung von zwei Signalen gleichzeitig und arbeitet ebenfalls im W-Lan Frequenzbereich. Der Empfänger bietet doppelte True Diversity und 110 dB Dynamikumfang. Die zeitliche Verzögerung beträgt 19 Millisekunden. Preis: ca. 720,- €.