Ob als Verlustort der liegen gelassenen Tasche mit Geld in "Lola Rennt" (Regie: Tom Tykwer, DE 1998), als heikler Konfliktherd wie in "Im Auftrag des Teufels" (Regie: Taylor Hackford, USA 1997) oder gleich als Schauplatz eines ganzen Heist Plots wie in „Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123“ (Regie: Joseph Sargent, USA 1974). U-Bahnen nehmen in Filmen die unterschiedlichsten Rollen ein.
Sinnbild der Moderne, zugleich aber auch verborgen im Untergrund liefern die unterirdischen Bahnsysteme jede Menge Stories und geniale Visualisierungen. Geheime Türen, Verstecke, Liebesgeschichten, Trennungen, gefährliche Sprints durch die Tunnel, rücksichtslose Mörder,- im Kino haben fast alle Gefühlslagen des Menschen ihre Entsprechung in U-Bahnszenen gefunden. Natürlich besprechen wir hier kein eigenes Genre, schließlich spielen in U-Bahnen Liebesfilme genauso wie Krimis, Thriller, Horror und mehr, wir betrachten eher einen Themenbereich, der aber aus dem modernen Kino nicht mehr wegzudenken ist.
Die U-Bahn ist auch ein Symbol der Großstadteinsamkeit. Jeder möchte an sein persönliches Ziel, ist jedoch temporär in einem Raum, in dem unterschiedliche Kulturen, Altersgruppen und soziale Schichten aufeinander treffen. Durch die Masse an Menschen wirkt dieser jedoch trotzdem kalt, beengend und anonym. Kein Wunder, dass viele Filmemacher und Geschichtenerzähler sich diesem Motiv bedienen. Manchmal sind auch nur einzelne Schlüsselszenen in der U-Bahn angesiedelt.
U-Bahn Szenen
In dem Animationsfilm „Perfect Blue“ (Regie: Satoshi Kon, JPN 1997) ist die Protagonistin Mima (Junko Iwao) alleine mit ihren Gedanken und umgeben von Fremden in der U-Bahn. Das Setting wird genutzt, um Mimas inneren Konflikt und die Tatsache, dass sie alleine eine Entscheidung treffen muss, darzustellen. Die nur circa 25 Sekunden lange Szene dient als Kontrast zwischen zwei längeren Szenen, ist jedoch unabdingbar um Mimas Zweifel und ihren Konflikt mit sich selber zu verstehen.
Ähnliche Motive finden sich auch in "Black Swan" (Regie: Darren Aronofsky, 2010) und der Serie "Mr. Robot" von Sam Esmail wider um die Einsamkeit oder Gefühlswelt eines des Protagonisten darzustellen. In "Mr. Robot" wird jedoch auch zusätzlich noch die Paranoia und Schizophrenie des Protagonisten in der U-Bahn verdeutlicht.
Neben der Einsamkeit und Isolation ist die U-Bahn auch ein Ort des Verbrechens und Belästigungen. Die Tatsache, dass Opfer nicht einfach fliehen können, macht solche Szenen zusätzlich beängstigend und spannend für den Zuschauer. Ein passendes Beispiel dafür ist der Film "Joker" (Regie: Todd Phillips, USA 2019): Der an einer seltenen Lachstörung leidende Comedian braucht nicht wie im Comic einen kleinen Unfall mit Chemikalien, um seine Verwandlung zum Joker (Joaquin Phoenix) zu machen – diese macht er durch die toxische Gesellschaft, die ihn nicht beachtet und misshandelt. Als die drei Männer eine Frau belästigen, bekommt Joker wiedermal einen Lachanfall, was dazu führt, dass diese auf ihn aufmerksam werden und ihn zu deren Opfer machen. Einer der entscheidenden Schritte seiner Verwandlung ist der Mord an diesen drei Männer in der U-Bahn.
Besonders stark im kollektiven Gedächtnis sind natürlich jene U-Bahnszenen haften geblieben, die wir aus großen amerikanischen Mainstream-Filmen kennen. Und die allermeisten spielten in der New Yorker U-Bahn. Eindrücklich aber auch die U-Bahnszenen aus der Pariser Metro in "Subway" (Luc Besson, F 1985) oder ganz beiläufig wie in "La Haine" (Mathieu Kassovitz, F 1995). Oder schockierend etwa der hinterhältige U-Bahn Mord von Francis Underwood (Kevin Spacey) an seiner Geliebten Barnes in "House of Cards", die übrigens gar nicht in Washington, sondern in der Charles Center Metro Station in Baltimore gedreht wurde.
In dem 1983 erscheinen Dokumentarfilm „Style Wars“ (Regie: Tony Silver und Henry Chalfant) spielt das New Yorker U-Bahn System eine besondere Rolle. Bereits Ende der 60er fingen Jugendliche vor allem in der Bronx an, ihre Namen auf die U-Bahn Züge zu malen um so ihr Pseudonym und ihre Kunst zu den Leuten fahren zu lassen. In den darauf folgenden zwei Jahrzenten entwickelte sich daraus ein Stadtweites Phänomen welches wir heute als Graffiti kennen. Die U-Bahn als fahrende Leinwand faszinierte so viele junge Menschen, sodass dieses Phänomen bis nach Europa schwappte. Eine Maßgebliche Rolle für diese Expansion nach Europa spielten Filme wie „Syle Wars“ aber auch der eher fiktionale Film „Wild Style!“ in denen man einen Einblick in das New York der 70er und 80er Jahre bekommt und die Kunstwerke der damaligen U-Bahn Künstler zusehen bekommt.
Drehprobleme in der U-Bahn
Das Filmen in U-Bahnen und U-Bahn Stationen ist nicht ganz einfach und kann auch mit Risken verbunden sein. So gab es bei der Produktion von „Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123“ einige Komplikationen mit der MTA (Metropolitan Transportation Authority) um überhaupt eine Drehgenehmigung zu bekommen. Die MTA hatte Sorge, dass die gezeigte U-Bahn Entführung zu Nachahmern führen könnte. Nach 8 Wochen Verhandlungen und nach dem die Produzenten eine Versicherungspolice in höhe von 20 Millionen US Dollar abschlossen, falls es tatsächlich zu Nachahmern kommen sollte, willigten sie schließlich ein. Zusätzlich musste jedoch 250.000 US Dollar Gebühr gezahlt werden, um die Tunnel, Bahnstationen und U-Bahnen überhaupt benutzen zu dürfen.
Manchmal war die Metro titelgebend, wie etwa bei Francois Truffauts "Die letzte Metro", manchmal der einzige Schauplatz ganzer abendfüllender Filme. Spektakulär etwa die Verfolgungsjagd eines Killers in "French Connection" Regie: William Friedkin, USA 1971), der mit der High-Line zu flüchten versucht und letztlich von dem Polizeidetective Doyle (Gene Hackmann) gestellt wird. In den U-Bahnszenen spielt übrigens ein echter U-Bahnfahrer mit, weil der eigentlich für diese Rolle besetzte Schauspieler einfach nicht am Set erschienen war. Gedreht wurde auf der „West End El“ der Linie B in Richtung Brooklyn., die dort als Hochbahn ausgelegt war. Und weil der Streifen Filmgeschichte geschrieben hat, landete der Waggon Nº 6609 im „New York Transit Museum“ in Brooklyn, wo er auch heute noch besichtigt werden kann.
Die U-Bahn ist etwas Faszinierendes. Man taucht ab in ein unterirdisches Tunnellabyrinth voller Geheimnisse, ist umgeben von spannenden, furchteinflößenden und komischen Gestallten und taucht an einem anderen Ort der Stadt wieder auf. So beispielsweise in dem grandiosen, leider weitgehend unbekannten ungarischen Thriller "Kontroll" (Regie: Nimród Antal, Hung. 2003), der sich rund um eine Gruppe von U-Bahn Kontrolleuren dreht und ausschließlich im Untergrund spielt.
Kein Wunder also, dass die U-Bahn gerne von Filmemachern als Motiv und Stilmittel genutzt wird. Wir haben euch eine (vermutlich unvollständige) Liste mit Filmen zusammen getragen in denen U-Bahnen mal eine Zentrale rolle übernehmen und manchmal nur dezent als Setting genutzt wird.
U-Bahn im Film
Incident (Regie: Larry Peerce, USA 1967)
Lola rennt (Regie: Tom Tykwer, DE 1998)
Im Auftrag des Teufels (Regie: Taylor Hackford, USA 1998)
Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123 (Regie: Joseph Sargent, USA 1974)
Perfect Blue (Regie: Satoshi Kon, JPN 1997)
"Black Swan" (Regie: Darren Aronofsky, 2010)
Joker (Regie: Todd Phillips, USA 2019)
Subway (Regie: Luc Besson, F 1985)
La Haine (Regie: Mathieu Kassovitz, F 1995)
Kids (Regie: Larry Clark, USA 1995)
Style Wars (Regie: Tony Silver und Henry Chalfant, USA 1983)
Wild Style! (Regie: Charlie Ahearn, USA 1983)
Beat Street (Regie: Stan Lathan, USA 1984)
Die letzte Metro (Regie: François Truffaut, F 1980)
French Connection (Regie: William Friedkin, USA 1971)
Zwischen Tag und Nacht (Regie: Nicolai Rohde, D 2004)
Ein verrückter Tag in New York (Regie: Dennie Gordon, USA 2004)
Kontroll (Regie: Nimród Antal, Hung. 2003)
Collateral (Regie: Micael Mann, USA 2004)
Wer sich für Eisenbahnfilme im Kino interessiert, findet hier unseren Artikel über Eisenbahnen im Kino.