Manchmal berichtet man Freunden in anderen Ländern von einem tollen Film, den man gesehen hat und die haben schlicht noch nie von dem Filmtitel gehört. Erzählt man dann aber die Handlung, kennen sie den Film plötzlich. Er wurde nur unter einem anderen Titel bei ihnen vermarktet. Gar nicht selten wird ein und derselbe Film in fast jedem Land anders benannt, anders präsentiert. Mit anderen Plakatmotiven, anderen Pressetexten, anderen Titeln. Warum ist das so? So globalisiert diese Welt auch sein mag, ganz gleich ob vor,- oder nach Corona,- es gibt dennoch viele Unterschiede in den Befindlichkeiten und den Geschmäckern der Menschen. So kommt es, dass die meisten Filme, die international verwertet werden, ganz unterschiedlichen Vermarktungsstrategien unterworfen sind.
Titel stehen im Mittelpunkt jedes Filmmarketings. Große Filmverleihe haben Büros ins jedem großen Vertriebsgebiet. Deren MitarbeiterInnen sind dafür zuständig, bei der Findung des jeweils optimalen Titels mitzuwirken.
In den seltensten Fällen wird ein Film mit dem Originaltitel in anderen Ländern in die Kinos gebracht. Meistens werden die Titel nicht einfach nur übersetzt, sondern auch leicht bis komplett abgewandelt. Oft genug haben die regionalen Filmtitel überhaupt nichts mehr mit dem ursprünglichen Titel zu tun. Grundsätzlich wird offenbar sehr viel Gewicht auf die Filmtitel gelegt. Das ist aber auch kein Wunder, denn schließlich kommen den Filmtiteln diverse Aufgaben zu:
-Sie sollen gut klingen,- die potentiellen Zuschauer sollen den Klang mögen
-Sie sollen die Zuschauer neugierig machen,- ja auffordern, sich diesen Film anzusehen
-Sie sollen Kontakt zu den Zuschauern herstellen
-Sie sollen erahnen lassen, was für ein Film die Zuschauer erwartet, also eine Art inhaltliche Kurzfassung bieten
-Sie sollen erahnen lassen, welches erzählerische Niveau der Film haben wird
-Sie können versteckte (Meta-) Ebenen im Zuschauer ansprechen
Um das Publikum anzusprechen, werden gerne bestimmte Begriffe verwendet, von denen man vermutet, dass diese einen Reiz ausüben. (Buzzwords) Ganz klar, dass "Sex", "Braut", "Liebe","Sehnsucht","Freiheit","Tour","Reise" etc. in der jeweiligen Landessprache ganz oben auf der Liste der meistverwendeten Buzzwords im Kino stehen.
Hinzu kommen die unterschiedlichen kulturellen Befindlichkeiten. Das beginnt bereits bei den Filmtiteln. Will man Italiener, Deutsche, Engländer Spanier oder Franzosen ins Kino locken, muss man sie unterschiedlich ansprechen. Auch wenn es mal wieder alte Klischees berührt, aber bei den Franzosen werden überproportional häufig Themen wie Liebe oder Sex in die ursprünglich neutralen Filmtitel hinein verwoben.
Sex sells...
So wird dann aus...
"Wildthings" (Originaltitel) in Frankreich "Sexcrimes"
"Runaway Bride" (Orignaltitel) in Frankreich "Just married (ou presque)", in Deutschland "Pretty Woman"
"Knight and Day" (Originaltitel) wurde in Frankreich zu "Night and Day"
"Killers" (Originaltitel) (2010) wurde in Frankreich zu "Kiss and kill"
"No strings attached" (Originaltitel) (2011) wurde in Frankreich zu "Sex Friends"
"Me and Earl and the Dying Girl" (Originaltitel) (2015) wurde in Frankreich zu "This is Not a Love Story"
Weitere Beispiele für gravierende Titeländerungen:
"After we collided“" (originaltitel) wurde zu "After truth"
"Bridesmaids" (Originaltitel) wurde in Deutschland zu "Brautalarm", in Südamaerika zu "Damas en Guerra", was soviel heißt wie "Damen im Krieg".
"Dangerous Intentions" (Originaltitel) wurde in Deutschland zu "Ich war seine Frau - und wurde sein Opfer"
"Date night" (Originaltitel) (2010) wurde in Frankreich zu "Crazy night"
"Deliverance" (Originaltitel) hieß in Deutschland "Beim Sterben ist jeder der Erste"
"Dirty Dancing" (Originaltitel) lief in Polenunter "Wirbelnder Sex"
"Escape From New York" (Originaltitel) wurde in Deutschland zu "Die Klapperschlange"
"Fack ju Göthe" (originaltitel) wurde zu "Suck me Shakespeer"
"Hangover" (Originaltitel) wurde in Frankreich zu "Very bad Trip"
"Keinohrhasen" (Originaltitel) wurde zu "Rabit without ears"
"Mädchen, Mädchen" (originaltitel) wurde zu "Girls on Top"
"Meets the Parents" (Originaltitel) wurde zu "Meine Braut, ihr Vater und ich"
"Miss Undercover" (Originaltitel) wurde in Dänemark zu "Agentin Laufsteg"
"Phonebooth" (Originaltitel) wurde in Frankreich zu "Phone Game"
"Rubbeldiekatz" (Originaltitel) wurde zu "Woman in Love"
"Stripes" (Originaltitel) wurde zu "Ich glaub’, mich knutscht ein Elch!"
"The other guys" (Originaltitel) (2010) wurde in Frankreich zu "Very bad cops"
"The Man Who Knew Too Little" (Originaltitel) wurde in Deutschland zu "Agent Null Null Nix"
"The Heat" (Originaltitel) wurde in Deutschland zu "Taffe Mädels", in Spanisch sprechenden Ländern zu "Bewaffnet und gefährlich"
"The Other Woman" (Originaltitel) wurde in Deutschland zu "Die Schadenfreundinnen"
"The Basketball Diaries" (Originaltitel) wurde in Deutschland zu "Jim Caroll - In den Straßen von New York"
"The Good, the Bad and the Ugly" (Originaltitel) wurde in Deutschland zu "Zwei Glorreiche Halunken"
"Trainwreck" (Originaltitel) wurde in Deutschland zu "Dating Queen"
"Up in the air" (Originaltitel" wurde in Frankreich zu "In the air"
"27 Dresses" (Originaltitel) wurde auf dem Balkan zu "Immer die Brautjungfer, niemals die Braut“ und in der Türkei zu "Willst du mich heiraten?"
Individuelle Unterzeilen
Manchmal versucht man es auch mit Unterzeilen, belässt den Originaltitel und ergänzt mehr oder weniger kongenial die gewünschte Bedeutung dahinter:
"St. Vincent" mit Bill Murray, erhält so den den Zusatz "Ganz und gar nicht heilig".
"Mortdecai" wird um "der Teilzeitgauner" ergänzt.
"Ouija" wird zu "Ouija – Spiel nicht mit dem Teufel"
"Corruptor" erhält in Deutschland den Zusatz "Corruptor - Im Zeichen der Korruption".
Bereits an dieser kleinen Beispielsammlung wird deutlich, wie unterschiedlich Kinofilme in anderen als dem eigenen Land, vermarktet werden.