Der Independent Regisseur, stets provokant, unberechenbar und ein Unikat, ist in München 81 jährig überraschend gestorben. Über die Ursache und die Umstände ist bislang nichts bekannt, doch der Zeitpunkt wirft zumindest Fragen auf.
Gerade mal zwei Wochen vor seinem Tod hat er noch seinen letzten Film "Champagner für die Augen – Gift für den Rest“ auf dem Müncher Filmfest vor Publikum präsentiert. Bereits einen Tag nach der Premiere kam Lemke ins Krankenhaus, wo er auch zwei Wochen später verstarb. Und ausgerechnet an seinem Todestag, dem 7. Juli 2022 wurde dieser Film im Bayerischen Fernsehen (06.07.2022, 22:45 Uhr) gesendet. Für den Spätsommer hatte er schon wieder einen neuen Film geplant.
Klaus Lemke ist vor allem durch seine Schwabing-Filme bekannt geworden, die er zumeist mit Laien-Darsteller*Innen besetzte, die er oft in Münchner Lokalen vom Fleck weg besetzt hatte. Dabei hat er u.a. Iris Berben, Cleo Kretschmer, Dolly Dollar, Wolfgang Fierek u.v.a entdeckt. Sein Leben und das Drehen verschmolzen meist untrennbar miteinander. Er hatte ein großes, echtes Interesse an den Menschen. Drehbücher waren ihm ein Greuel, die Improvisation und lose zusammenhängende Geschichten, die er dem Leben entnahm, waren der Stoff aus dem seine Filme waren. Gedreht wurde "Quick and Dirty". Und immer wieder hatte er beim Drehen neue Einfälle, nicht immer passten die mit dem bereits Gedrehten zusammen,- Kontinuität setzt Planung voraus,- so wurde auch der Schnitt zur Herausforderung.
Dafür wurde er von den staatlichen Förderungen abgestraft. Kein Drehbuch, keine Förderung, so die klare Front, die ihm größere Budgets verwehrte. Kein Wunder, dass er eine Wut im Bauch hatte gegen die Subventionskultur im Deutschen Film. Doch er ließ sich dadurch nicht vom Drehen abbringen,- er war ein Film-Rebell im wahrsten Sinne des Wortes. Seine Filme finanzierte er durch Verkauf der Fernsehsenderechte etc. Enfant Terrible könnte man ihn auch nennen und manchen machte seine provokative Art Angst.
In München Schwabing konnte er einem an vielen Ecken über den Weg laufen. König von Schwabing wurde er auch genannt. Tatsächlich aber war er im Gegensatz zu manch anderen, eher eitlen Regisseur*Innen des Deutschen Films stets ansprechbar, uneitel, offen. Das musste er auch sein, um seine Laien-Darsteller*Innen zu casten und Teams, die für wenig oder ganz ohne Geld arbeiteten, zu rekrutieren. Irgendwie schaffte er es immer wieder, hatte einen überraschend hohen Output an Filmen.
Die Berlinale hat seine Filme stets abgelehnt, ganze 17 Mal hat er es versucht,- dafür wurde er beim Münchner Filmfest mit offenen Armen empfangen.
Aus seiner Begeisterung für hübsche Frauen machte er keinen Hehl. Das war ein Stück weit auch sein Image an dem er konstant gearbeitet hat, nicht immer war das im richtigen Leben so in Ordnung. Man sah darüber hinweg,- der Klaus ist halt so...
Seine Filme „Idole“, „Sweethearts“ oder „Amore“ allesamt schnell und nicht allzu fein und überlegt gedreht, wurden bei ihrem Erscheinen von einem jungen Publikum geliebt. Nun hat er das auf dem Münchner Filmfest 2022 noch einmal spüren können. Ein letztes Mal.