Irgendwann ist es passiert, man hat vergessen, Videodateien von der Kamera-Speicherkarte auf den Rechner zu kopieren und die SD Karte für neue Aufnahmen formatiert. Was kann man tun? Wenn wichtige, unwiederbringliche Aufnahmen dem Löschen oder Formatieren zum Opfer gefallen sind, wird es schwierig, denn die Optionen die einem bleiben, um wieder an die Dateien heran zu kommen, sind nicht allzu groß. Zwar versprechen diverse, zumeist kostenpflichtige Tools, dass sie in der Lage sind, gelöschte Videodateien wiederherzustellen, doch das bedeutet noch lange nicht, dass das auch funktioniert. Denn selbst wenn das Programm es schafft, gelöschte oder formatierte Dateien wieder zurückzuholen, was gar nicht so selbstverständlich ist, sind diese noch lange nicht wieder abspielbar. Denn häufig sind die Dateien beschädigt, insbesondere wenn es sich um Container-Formate bzw. komprimierte Videodateien handelt. Diese müssen dann zusätzlich repariert werden.
Datenrettung
- Der Erfolg von derartigen Rettungsaktionen hängt sehr davon ab, was denn genau mit dem Datenträger geschehen ist.
- Wie schnell hat man den Fehler bemerkt?
- Wieviel ist seitdem mit dem Datenträger passiert?
- Wurden die Dateien nur gelöscht, dann sind sie zumeist nur umbenannt und nur für das System nicht mehr sichtbar, aber noch vorhanden.
- Wurde auf den Datenträger neu aufgenommen, kann es sein, dass die Dateien überschrieben wurden, dann sind die Daten weg oder teilweise weg.
- Wurde der Datenträger formatiert, so kommt es darauf an, ob eine Schnellformatiertung oder eine gründliche (langsame) Formatierung stattgefunden hat.
Zunächst einmal fällt auf, dass Programme, die versprechen, alle Arten von Datenträgern wiederherstellen zu können, zumeist schlechter mit SD Speicherkarten zurechtkommen, als solche, die auf SD Kartenprobleme spezialisiert sind. Diese Programmanbieter nutzen natürlich die Notsituation der User, auf wichtige verlorengegangene Dateien zugreifen zu müssen, schamlos aus. Oft deuten sie nur an, welche Dateien sie gefunden haben und gegebenenfalls, wenn man die Kaufversion des Programms erwirbt, wieder sichtbar machen können. Während mehrere andere Programme gar keine Videodateien auf der Formatierten SD Karte finden, so beispielsweise auch Wondershare Recoverit, zeigt das Programm DDR Memory Card Recovery für ca. 50,- € immerhin alle Videodateien an und speichert sie in einem separaten Ordner. Das gehört natürlich bei allen Rettungsversuchen dazu,- die Originaldateien darf man nie überschreiben, die Rettungsprogramme sollen stets die wiederhergestellten Daten in einem eigenen Verzeichnis und keinesfalls auf der SD Karte abspeichern. Ein anderes Datenrettungsprogramm, welches wir bereits besitzen, Ontrack EasyRecovery, akzeptiert unseren vor ein paar Jahren erworbenen Lizenzcode gar nicht erst, deshalb können wir es leider auch nicht testen.
Datenwiederherstellung
Das Datenrettungsprogramm DDR Memory Card Recovery hat tatsächlich eine Reihe von Videodateien wieder sichtbar gemacht. Die Anzahl der Dateien und ihre Größe, teilweise bis zu 4 GB pro File, lassen hoffen, scheinbar sind die ursprünglichen Dateien noch vorhanden. Das Programm braucht natürlich eine ganze Weile, um die Dateien aufzubereiten. Ernüchterung macht sich allerdings breit, will man die Videofiles abspielen. Das Schweizer Videoallzweckmesser, der VLC Player streikt und weigert sich. Keine der Dateien ist abspielbar. Der nächste Versuch, sie in Premiere Pro zu importieren, schlägt ebenfalls fehl, Premiere reklamiert, dass die Dateien fehlerhaft sein.
Tatsächlich gibt es eine Vielzahl von Fehlern, die durch beschädigte Videodateien auftreten können. Im schlimmsten Fall kann der Player die Datei überhaupt nicht abspielen. Es kann aber auch sein, dass das Video zu einem Teil abspielt und dann das Bild einfriert. Es kann Kästchenbildung geben, der Ton kann verzerrt oder auch asynchron sein, oder gar nicht zu hören. All diese Fehler sind in der Regel auf Codecprobleme zurückzuführen. Ein defekter Header, Fehler bei der Kopierung der Datei, Fehlerhafte Datenträger, korrupte Daten und vieles mehr können Probleme verursachen.
Im nächsten Schritt muss also ein Videoreparaturtool her, weil vermutlich die Header der mp4 Dateien beschädigt sind. In diesen stecken die Informationen über die Bildauflösung, die Bildfrequenz und vieles mehr. Auch hier bieten sich diverse Programmtools an, wobei sich schnell mit den Testversionen herauskristallisiert, dass nur die Programme Chancen auf eine gute Wiederherstellung bieten, die zusätzlich zu der beschädigten Videodatei noch eine weitere, unbeschädigte von der gleichen Kamera einlesen. Quasi eine Referenz um genau die gleichen Header-Informationen in die beschädigte Videodatei schreiben zu können. Zu den Programmen, die diese Option sinnvollerweise anbieten, gehören Wondershare Recoverit und Aiseesoft Video Repair. Übrigens sind diese Vorgänge durchaus anspruchsvoll für einen Rechner, man sollte also dafür einen leistungsstarken PC oder MAC verwenden.
Erfahrungen
Natürlich gibt es unterschiedlichste Problemfälle, wir können an dieser Stelle nur von unseren Erfahrungen berichten: Bei unserer Testaufgabe, Videodateien, die formatiert und danach mit einem Datenrettungsprogramm wieder sichtbar gemacht wurden, wieder abspielbar zu machen, stürzte die kostenlose Demoversion von Aiseesoft Video Repair immer wieder ab, nachdem nach die fehlerhafte Datei plus eine intakte Referenzdatei geladen und auf "reparieren" geklickt hat. Wäre dies nicht passiert und hätte Aiseesoft Video Repair es geschafft, das Video zu reparieren, hätte man statt der Testversion die Kaufversion im Monatsabo für 12,50 € oder die Lifetime Version für 39,96 € erwerben müssen.
Unser Versuch mit Wondershare Recoverit war erfolgreicher. Nach einem ersten Durchlauf, der keinen Erfolg hatte, bot das Demo-Programm einen intensiveren Scan, den sogenannten "Fortgeschrittenen Modus" unter Zuhilfenahme einer intakten Referenzvideodatei an. Dieser Durchlauf war dann tatsächlich nach einiger Renderzeit erfolgreich und man konnte das Video als Preview anschauen. Um es allerdings in voller Auflösung, in unserem Fall immerhin 4K speichern zu können, wird man dezent auf die Preisliste weitergeleitet und die offenbart Überraschendes. Hier werden nämlich als Abolösung pro Monat 99,- € fällig. Um die Zuverlässigkeit des Programms zu prüfen, haben wir weitere Files getestet, bei neun von zehn Files gelang die Wiederherstellung.
Also alles in einem, das wiederlesbar machen von gelöschten/formatierten Dateien und das Reparieren der so gefundenen Videos, beherrschte kein Programm zuverlässig. Verteilt man aber die beiden Aufgaben auf zwei Programme, so haben unsere Tests zu 60 % Erfolg gehabt. Immerhin, das ist kein schlechtes Ergebnis.
Leider muss man an dieser Stelle anmerken, dass das Aktivieren der Wondershare Software absolut unterirdisch verläuft. Bereits beim Installieren wird vom Programm Google Chrome automatisch aufgerufen und man kriegt das Fenster nur geschlossen, wenn man eine Verknüpfung mit einem der angebotenen Konten auswählt. In unserem Fall haben wir die Verknüpfung mit dem gmail Konto angewählt. Das hatte aber fatale Folgen. Beim Kauf hatten wir ein anderes Mailkonto angegeben, welches zum Movie-College gehört. Daraufhin erhielt man für das installierte Programm Recoverit einen Login für das Gmail Konto, nicht aber für unsere beim Kauf verwendete Movie-College Mailadresse. Und wie sich das für schlecht programmierte Webseiten gehört, funktioniert bei Wondershare die Funktion der Mailadressenänderung nicht korrekt, weil man den dafür notwendigen Code nicht zugeschickt bekommt. Auch im Spam oder sonstwo ist ein solcher Code vorhanden. Hotlines haben die wie alle Firmen, die ihre Kunden nur zum Zahlen, aber bitte nicht für Hilfeanfragen kennen, auch nicht auf ihrer Seite stehen. Und wenn man nach mühsamer Recherche doch eine Telefonnummer findet, dann ist das eine mit Ansageband, welches nach der gemachten Auswahl (Taste 1 auf dem Telefon) die Verbindung wieder kappt. Also Service: Miserabel. Und keine Lösung in Sicht.
Hintergrund
Am Ende jedes mp4 Videos sind die wichtigen Informationen an die eigentlichen Videodaten angefügt. Etwa die Anzahl der Einzelbilder, die Dauer der Aufnahme, der Codec, in unserem Fall AVC_3840_2160, die Bildwechselfrequenz, hier 25 Bilder, das Seitenverhältnis, 16:9, das Audioformat, hier 16 Bit, die Gammakurve, hier rec709, die Kamera, hier ILCE-7M4, etc.
Datenbeispiel
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Fazit
Keines der Programme kann alles in einem zufriedenstellend. Daher unsere Empfehlung:
- DDR Memory Card Recovery um die Dateien auf einer SD Karte wieder sichtbar zu machen
- Recoverit um die gefundenen Videodateien zu reparieren, damit sie wieder abgespielt werden können. (Aber Vorsicht beim Registrierungsprozess sonst wird es schwierig, den Support zu erreichen!)