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Gasse in Arta

 

Nicht nur im Sommer klemmen wir uns getönte, die Helligkeit reduzierende Filter, kurz Sonnenbrillen, auf die Nase. Die Augen kann dies vor zu starker UV-Einstrahlung und Blendlichtern schützen, für die optimale Wahrnehmung unserer Umgebung benötigen wir diese Hilfe aber nicht. Unsere Augen sind was Kontrastverhältnisse angeht atemberaubend flexibel.

 

Sie können einen Kontrastumfang von etwa 900:1, in Extremsituationen sogar bis zu 1100:1 verarbeiten. Sowohl im Dunkel der Nacht als auch im 1000mal so hellen Sonnenlicht erkennen wir ohne Probleme die Objekte in unserer Umwelt. Dieser Wert beschreibt dabei nicht nur unsere Fähigkeit, starke Lichtunterschiede zu verarbeiten, er zeigt auch den besonderen Reichtum unserer differenzierter Wahrnehmung.

 

 

Sobald wir das, was wir sehen jedoch festhalten wollen, sei es als Malerei, Foto, Film oder Video, stoßen wir an ernüchternde Grenzen. Schon die klassischen Maler haben Jahrhunderte lang versucht, durch immer neue Rezepturen der Farbpigmente, Bindemittel und Leinwände die engen Grenzen der Tableaumalerei zu erweitern. Auch für die analogen Filmmaterialien war der zu verarbeitende Kontrastumfang neben der Minimierung des Filmkorns eines der wichtigsten Entwicklungskriterien. Ein Kontrastumfang von 120:1 gilt hier als herausragend. Die digitalen Kameras und entsprechend die Beamer und Displays versuchen den möglichen Kontrastumfang dank HDR zu erweitern.

 

Und tatsächlich akzeptieren wir diesen reduzierten Kontrastumfang im dunklen Kinosaal als realistische Wiedergabe, obwohl er doch deutlich niedriger ist, als in vielen tatsächlichen Lichtsituationen, besonders im Sommer. Das liegt vor allem daran, dass Kameraleute den tatsächlichen häufig recht hohen Kontrastumfang an den Bildmotiven (eben 900:1 und mehr) auf die Möglichkeiten des Aufnahmefilms beziehungsweise des Sensors zurechtstutzen.

 

Gradationskurve

Die Wahl der Blende an unserer Optik (und die Veränderungen der Belichtungszeit) ändern am Kontrastumfang gar nichts. Sie erlauben es aber, den verfügbaren Bereich der richtigen Helligkeitswiedergabe zu verschieben und festzulegen, nicht aber, den Bereich zu erweitern. Bei kleiner Blendenöffnung (=hohe Blendenzahl) werden die hellen Bereiche im Motiv richtig abgebildet (die Schattenpartien sind aber unterbelichtet), bei großer Blendenöffnung werden die dunklen Bereiche des Motivs richtig wiedergegeben (die hellen Lichtbereiche sind aber überbelichtet).

 

Überstrahlende Szene aus Franta   Unterbellichtete Szene aus Franta
Eine Szene aus dem Film "Franta": Die Schauspieler im Schatten sind richtig belichtet, aber der Hintergrund ist zu hell   Reduziert man mit Blende und/oder ND-Filter die Helligkeit, so bekommen die Bäume wieder Zeichnung, aber Franta und Mascha verschwinden im Schwarz

 

 

Belichtungsmessung

Messung mit dem Belichtungsmesser (Seconic): Wenn der Schauspieler das wichtigste Bildelement ist, muss er auf dem Film korrekt belichtet sein.

Kameraleute stützen sich bei der „Übersetzung“ einer vorgefundenen Lichtsituation auf die Möglichkeiten des Sensors oder des Films auf ihre Erfahrung, auf Belichtungsmesser, Spotmeter und Waveform-Darstellung beim Videodreh.

 

Ein ganz gewöhnlicher Wohnraum um die Mittagszeit, der für unser Auge mit seiner hellen Fensterfront an zwei Zimmerseiten und den dunkleren Schattenpartien auf den gegenüberliegenden Seiten völlig normal aussieht, kann für den Sensor oder das Filmmaterial bereits ein Problem darstellen. Dann nämlich, wenn sowohl der Schattenbereich, als auch eine Fensterseite gleichzeitig im Bild sein sollen.

 

Mit Belichtungsmesser oder Spotmeter kann man die Blendenwerte der im Bild wichtigen Elemente ausmessen. Wenn der gemessene Kontrastumfang höher ist, als der, welchen das Filmmaterial oder die Videokamera abbilden kann (und das ist meistens der Fall), so müssen Maßnahmen ergriffen werden, den Kontrastumfang zu reduzieren. Hier spielen in der digitalen Bildaufzeichnung etwa die Wortbreite des Bildsignals (8 Bit, 10 Bit, 12 Bit oder 14 Bit) und der Codec eine entscheidende Rolle.

 

Kontrastumfang reduzieren

Gegenlicht sorgt für hohen Kontrast – zuviel für das hier verwendete Filmmaterial

Gegenlicht sorgt für hohen Kontrast – zuviel für das hier verwendete Filmmaterial

Dafür gibt es prinzipiell zwei verschiedene Möglichkeiten: Man kann die hellen Bildpartien dunkler machen (Spitzenwerte begrenzen) und/oder die Schattenpartien heller (dunkle Bereiche aufhellen). Auf diese Weise begrenzt man den realen Kontrastumfang auf den des Filmmaterials.

 

Abdunkeln

Um beim Beispiel unseres Wohnraumes zu bleiben, so könnte man die Fensterseite dunkler machen, indem man Graufilter-(ND-)Folien von außen vor den Fenstern befestigt. Diese kann man mit Lassoband oder Gaffa-Tape am Fensterrahmen ankleben, aber Achtung: Die Folie muss glatt gespannt sein, damit es keine Reflexionen gibt. Die Methode mit der Folie bietet sich vor allem dort an, wo die örtlichen Gegebenheiten (höhere Etage, verwinkelte Fenstersituation) den Einsatz von Außenscheinwerfern verhindern.

 

Aufhellen

Lichterklärung

Links vom Betrachter (nicht im Bild) hellt ein Scheinwerfers Frantas Gesicht auf, damit er nicht im Schwarz absäuft. Der zweite Scheinwerfer in der rechten Bildhälfte sorgt gezielt für mehr Kontrast im Gesicht.

Die zweite Variante besteht darin, die Schattenbereiche heller zu machen. Dafür kann man entweder von innen mit Scheinwerfern (Softboxen, Kinoflos, Reflektoren) aufhellen, was auch erforderlich sein kann, weil durch Graufilter auch das Tageslicht, welches in den Raum fällt, schwächer wird. Häufiger aber arbeitet man mit der Methode, von außen und ohne Einsatz von Filterfolie, zusätzliche Scheinwerfer (Stufenlinser oder Open Face mit Diffusorfolie) so auszurichten, dass sie die Schattenbereiche aufhellen. Da die Scheinwerfer ja nicht schräg von oben beleuchten (mit entsprechenden Streuungsverlusten) wie das Himmelslicht, sondern aus gleicher Höhe wie die Darsteller, ist diese Methode sehr effektiv. Die Kunst besteht darin, trotz der Scheinwerfer Licht und Schattenbereiche zu erhalten, die Atmosphäre und Plastizität geben, gleichzeitig aber innerhalb des Kontrastumfangs des Filmmaterials bleiben. Dann empfinden wir die Szenerie im Kino (oder im Fernsehen) als realistisch.

 

Video

Es ist ein offenes Geheimnis, das die Ausleuchtung für Video lange Zeit noch schwieriger ist als für Film. Auch das liegt am Kontrastumfang. Der liegt bei Video bei den besseren Kinotauglichen Kameras bei etwa 14 Blendenstufen, beträgt also noch deutlich weniger als beim Film. Die Entwicklung geht ständig weiter, doch momentan ist analoger Film in dieser Hinsicht noch herausragend.

 

Die Dächer als schwarze Fläche ohne Zeichnung sind Absicht, aber die „außgebrannten“ weißen Flächen im linken Bildbereich rettet keine Bildbearbeitung mehr

Die Dächer als schwarze Fläche ohne Zeichnung sind Absicht, aber die „außgebrannten“ weißen Flächen im linken Bildbereich rettet keine Bildbearbeitung mehr.

Sie sollten stets den für Ihre Kamera möglichen Kontrastumfang kennen und beachten. Für die Ausleuchtung bedeutet dies, dass der reale Kontrastumfang des Lichts noch viel stärker zusammengedrückt werden muss. Selbst wenn das Bild im Sucher oder dem LCD-Display noch akzeptabel aussieht (z. T. wird das Bild bei Digitalkameras vor der Wandlung ins digitale Format abgegriffen, zudem entsprechen die Displays nicht der Darstellung eines Fernsehers) kann es schließlich auf dem Band oder der Festplatte zu ausgefressenen Lichtbereichen und ausgewaschenen Schattenpartien kommen. Wer also nicht mit Belichtungsmesser oder Spotmeter sein Licht setzt, sollte wenigstens den eingebauten Zebra-Muster-Indikator verwenden, um spätere Überraschungen auszuschließen.

 

So, jetzt können Sie Ihre Sonnenbrille wieder aus der Schublade holen. Ist sie farbneutral und dunkelt das Sonnenlicht nur kräftig ab, so wird sie Ihnen eine vorsichtige Simulation ermöglichen, wie reduziert Bildsensoren oder Filmmaterial die realen Helligkeitswerte abbildet. Können Sie im Schatten noch was erkennen? Nicht? Na dann holen Sie mal Ihre Scheinwerfer aus dem Koffer...

 

 

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