Tiktok ist besonders bei sehr jungen Usern beliebt. Kein Wunder, denn der Chinesische Konzern hat viel dafür getan, in seinen Anwender*Innen den Eindruck zu erzeugen, sie könnten ohne die App gar nicht mehr auskommen. Dies machen sich inzwischen divere Interessensgruppen, Konzerne und Parteien zunutze. In der Politik etwa findet ein großer Teil der Wählermanipulation über soziale Medien und eben auch über Tiktok statt. In Deutschland hat die AFD 2024 massiv Jungwähler über die Plattform angesprochen und auch die Wiederwahl Trumps wurde intensiv durch Posts auf Tiktok unterstützt.
Was macht TikTok mit seinen Usern?
Tiktok ist so programmiert, dass seine User möglichst viel Zeit auf der Plattform bleiben. Endloses Scrollen und personalisierte Inhalte fördern eine suchtähnliche Abhängigkeit. Diese zeigt sich beispielsweise in extremer Nutzung. Dadurch fehlt den zumeist jungen Usern schlichtweg die Zeit für sinnhafte Aktivitäten in ihrem Tagesablauf, wie Arbeit, Schule, Studium oder auch so etwas altmodisches wie persönliche Zeit mit anderen Menschen.
Likes funktionieren wie Glückshormone, man bekommt das Gefühl suggeriert, wirklich etwas erreicht zu haben. Dabei steckt dahinter im Grunde nur eine tiefgreifende Konditionierung. Funktionen wie die 24/7 Benachrichtigungen, endlose Streams von Videos, die User dazu bringen, zwanghaft länger auf der Plattform zu bleiben, ohne das Autoplay abstellen zu können, gehören zu den suchtfördernden Techniken der App. Die Fülle an unterschiedlichen, kurz aufeinander wechselnden visuellen und akustischen Reizen hat vor allem eines zur Folge,- man verlernt die immens wichtige Fähigkeit, sich auf etwas zu konzentrieren.
Viele jüngere Nutzer von Tiktok geraten durch die teilweise hochwertig inszenierten Inhalte, die eine falsche Wirklichkeit behaupten, unter immensen Vergleichsdruck. Insbesondere die "Schönheitsfilter" von Tiktok setzen den jungen Usern, welche diese Verzeichnungen nicht relativieren können, sehr zu. Kann man da als Normalmensch ohne private Maskenbildner und Modesponsoring überhaupt noch mithalten oder ist man einfach weniger wert?
Diese und ähnliche Gedanken werden häufig zusätzlich befeuert durch negative Kommentare bis hin zu direktem Mobbing, welche sich auf das Lebensgefühl der User auswirken. Narzissmus und Stalking sind auf Tiktok für viele User zum Alltag geworden.
Fehlende Verlässlichkeit
Regelmäßig gibt es unangemessene Inhalte wie Gewalt, Hass, Mobbing und sexuelle Inhalte, auf Tiktok. Zudem werden Fake-News und Verschwörungstheorien häufig ungefiltert über Tiktok verbreitet. Überraschend viele Unwahrheiten und radikale Ansichten werden auf Tiktok als Wahrheiten verbreitet.
Nicht selten werden persönliche Informationen von jungen Erwachsenen und Minderjährigen auf Tiktok auslesbar, dies kann zu Sicherheitsrisiken führen, unerwünschte Kontaktaufnahmen sind nur eine Negativfolge. Tiktok verstößt nach Ansicht zahlreicher Staatsanwälte gegen bestehende Jugendschutzgesetze indem es ohne jede Genehmigung durch die Eltern aktiv individuelle Daten von Kindern und Jugendlichen monetarisiert,- also zu Werbezwecken verkauft. Diese Vorwürfe werden im Übrigen auch gegen andere große Social Media und Internetkonzerne erhoben.
Überhaupt ist das Thema Sicherheit bei der Plattform diskussionswürdig. Wie andere Portale auch sammelt sie Informationen wie Standortinformationen, Gerätedaten und Nutzungsverhalten. Man fürchtet nicht ganz grundlos, dass Tiktok als chinesisches Unternehmen gezwungen ist, die gesammelten Daten an die chinesische Regierung durchzureichen.
Veränderungen
Der Umgang mit der Welt, mit den Medien und letztlich auch den Menschen wird durch die Konzentration auf kurze unterhaltende Anreize deutlich oberflächlicher. Die Fähigkeit sich auf tiefere, wertvollere Inhalte wie etwa in den klassischen Medien oder der Kultur einzulassen, schwindet zunehmend. Die Beinflussungsmacht von Tiktok lässt Trends, Moden oder Verhalten entstehen, welches wie beispielsweise bei "Challenges" bereits zu Todesfällen geführt hat.
Die Australische Regierung ist nicht die einzige, welche versucht, ein Mindestalter für die Nutzung sozialer Medien einzuführen. Längst haben zahlreiche Studien bewiesen, dass die sozialen Medien immensen gesellschaftlichen Schaden anrichten. Kinder und Jugendliche würden durch diese eigentlich unsozialen Medien von echten Freunden und echten Erfahrungen ferngehalten, so die Argumentation der Australischen Regierung.
In den USA haben im Herbst 2024 Generalstaatsanwälte 14 neue Klagen gegen die Plattform eingereicht und diese als "digitales Nikotin" bezeichnet. Während es für andere Medien wie Film, Fernsehen oder auch Zeitungen zum Teil absurd strenge Richtlinien gibt, werden soziale Netzwerke seit Jahrzehnten genutzt, ohne dass man sich mit den negativen Auswirkungen die menschliche Psyche beschäftigt hat.
Die Betreiberfirma von Tiktok, Bytedance hat selbst Untersuchungen durchgeführt, wonach Kinder besonders anfällig dafür sind, durch die endlosen Video-Feeds in eine Abhängigkeit zu geraten. Angeblich wird ein durchschnittlicher Nutzer bereits nach etwa 30 Minuten Videokonsum süchtig auf Tiktok.
Leere Augen, hungrige Herzen
Bytedance hat selbst erforscht, dass die zwanghafte Verwendung seiner App bei Kindern und Jugendlichen zu Schlafproblemen, verringerter Empathie und Gehirntätigkeiten führe sowie Angstgefühle auslöse. Die daraufhin von Bytedance eingeführten Screentime-Begrenzungswerkzeuge sind allerdings reine Placebos, weil man sie einfach wegklicken kann.
Wie schade, dass das echte gemeinsame Erleben, das Erfahren der realen Welt, das sich bezaubern lassen, das Hören, das Riechen, das Fühlen, das gemeinsame Lachen, Diskutieren, Streiten, Fühlen immer mehr ersetzt wird durch tote Screens. Dass das wahrhaftige Leben durch den Konsum von kurzfristigem Augenkitzel ersetzt wird. Kein Wunder, dass gerade Kinder und Jugendliche sich verstärkt einsam und isoliert fühlen.
Ob man bei all dem stets nach dem Staat rufen muss, oder ob Eltern vielleicht beginnen sollten, Handys und Tablets nicht als willkommene Kinder-Beschäftigungsgeräte zu betrachten, sondern mit ihren Kindern diese Medien kritisch zu begleiten und die Screentime gegenüber echten gemeinsamen Aktivitäten reduzieren, sei dahingestellt.
Die Welt und das echte Leben haben so viel mehr zu bieten, als die kalten Glasoberflächen unserer Handyscreens, es lohnt sich. Versprochen.