Es gehört zu den unumstößlichen Grunderfahrungen der Kameraführung: Echte Dollyfahrten sehen immer besser aus als Zoomfahrten. Und irgendwie hat der Dolly etwas vom klassischen Kinomachen, besitzt den Atem des großen Filmsets. Doch Dolly ist nicht gleich Dolly und seine Geschichte ist recht spannend.
Ein Dolly ist im Prinzip eine Plattform auf Rädern, worauf eine Kamera befestigt werden kann. Dolly Shot ist eine Fahrtaufnahme von einem Dolly aus aufgenommen. Bei einer echten Fahrt werden Gegenstände oder Personen, die sich dem Bildvordergrund nähern größer, als jene die im Hintergrund sind, und denen man sich ebenfalls nähert. Das Maß der Vergrößerung ist unterschiedlich, je nachdem wie nah oder weit die Objekte entfernt sind.
Historisches...
Die frühen Filme zum Ende des 19ten und Anfang des 20ten Jahrhunderts waren eher statisch wie Bühnenaufführungen gefilmt. Doch schon bald haben sich die Filmpioniere ihre Gedanken gemacht, wie man die Kamera dynamischer machen kann. Bereits die Gebrüder Lumiere haben die Kamera auf einen Eisenbahnwagon gesetzt und damit erste Fahrten realisiert.
Allerlei Konstruktionen wurden genutzt, um die Kamera zu bewegen, doch die Möglichkeiten waren recht eingeschränkt, die Technik war einfach noch nicht so weit. Trotzdem wird die Erfindung des ersten Dollies auf das Jahr 1907 datiert und einem Mann namens „Segundo de Chomón" zugeschrieben.
Ihren Durchbruch erlebte die Kamerafahrt als Gestaltungsmittel in dem Film „Der letzte Mann" (1924) in welchem der Kameramann Karl Freund erstmals eine Idee einer „entfesselten" Kamera vermittelte. Alle Fahrten waren aber letztlich Aufnahmen von einem in der Höhe festgelegten Stativ, welches auf einer fahrbaren Plattform bewegt wurde.
Westerndolly
Später wurden starre, in ihrer Höhe unterschiedliche Metallsäulen (Bazooka) genutzt, um die Höhe der Kamera auf den Dollies festzulegen. Die einfachsten Dollies hatten schlichtweg Gummiräder und nannten sich „Western-Dolly". Um sie lenken zu können, sind zwei der Räder nicht starr sondern beweglich und mit Hilfe einer Lenkstange steuerbar. Die Plattform ist ausreichend groß und stabil, dass Kameramann/frau und Assistent-in mitfahren können.
Scherendolly
Die Veränderung der Kamerahöhe bei gleichzeitiger Fahrt ermöglichte erstmals der „Chapman", ein so genannter Scherendolly, der aus einer Konstruktion der US-Luftwaffe hervorging, mit der man im zweiten Weltkrieg die Bomben an den Tragflächen von Kampfflugzeugen befestigte. Je nach Konstruktion sind zwei oder auch alle vier Räder lenkbar. Die Dollies sind allerdings recht schwer. Bekannteste Hersteller sind Fisher und Chapman.
Das Prinzip der variablen Höhenveränderung wurde später durch den so genannten Jib-Arm ergänzt, der die Höhenveränderung bis zu kleinen Kranfahrten erweiterte. Die variable Höheneinstellung blieb dann lange eine rein mechanische Angelegenheit, oft auch mit hydraulischer Unterstützung, wie etwa bei Pedestals
Hubsäulendolly
Erst mit dem Super Panther, einem Hubsäulendolly kam der erste elektro-mechanische Dolly auf den Markt, der 1990 sogar den technischen Oscar, den Scientific and Engineering Award erhielt. Dabei werden Elemente der Säule mit höchster Präzision und nahezu lautlos ineinandergeschoben.
Eine elektrische Steuerung macht die exakte Programmierung der Höhenveränderung möglich. Zudem kann der/die Kameramann/frau auf einem Sitz an der Säule mit der Kamera hinaufgefahren oder abgesenkt werden.
Ein durchdachtes System aller nur denkbaren Erweiterungen erlaubt es, mit der Kamera nahezu alle Positionen einrichten und sauber fahren zu können. Leichte und zugleich funktionale Plattformen können je nach Bedarf von allen Seiten angebracht werden.
So kann beispielsweise eine spezielle Kugelschale für die Aufnahme von Schwenkköpfen um 360 Grad gedreht werden. Alle Veränderungen an den Auslegern können komplett ohne Werkzeug vorgenommen werden.
Mit einer speziellen Lowshot-Platte sind auch sehr bodennahe Aufnahmen möglich.
Schienen oder nicht Schienen?
Die meisten Dollies haben wechselbare Räder, sodass man sie nicht nur auf Kameraschienen, sondern auch mit Luftbereifung auf glatten Böden benutzen kann. Das kann mitunter recht hilfreich sein, insbesondere in engen Räumen und bei Richtungswechseln haben die Gummireifen ihre Vorteile.
Andererseits können sie Unebenheiten des Bodens nur sehr begrenzt abfedern. Manchmal hilft es, etwas Luft aus den Reifen abzulassen, um kleine Unebenheiten zu kompensieren. Man kann auch mit großen Spanplatten einen glatten Untergrund legen um dort auf den Gummireifen zu fahren.
Einige Dollies, wie etwa der sehr kompakte Elemac, erlauben es, auch in engen Räumlichkeiten, sogar den Gängen eines Zuges Fahrten zu machen und bei Luftbereifung auch enge Winkel zu fahren.
Wenn man Schienen legt, so braucht es etwas Zeit, diese zusammenzubauen und vor allem in jeder Hinsicht ins Wasser zu stellen. Die Wasserwage gehört deshalb stets zum Standard der Kamerabühne. Andererseits ermöglichen Schienen eine genauere Reproduzierbarkeit der Kamerafahrt bei den verschiedenen Takes ein und derselben Einstellung.
Argumente für den Dolly
Außerdem gibt die Laufruhe bei der Dollyfahrt dem Bild einen eher objektiven Charakter, während etwa die Steadicam leichter zum Eindruck einer subjektiven Fahrt tendiert.
Während andere Hilfsmittel wie die Steadicam oder auch Gimbals viel mehr Übung erfordern, lässt sich ein Dolly auf Schienen mit weniger Übung bereits sauber schieben. Kameraleute wissen trotzdem, dass die Feinheiten und das Timing nicht jedem liegen und versuchen möglichst mit den Kamerabühnen Profis ihrer Wahl zusammen zu arbeiten.
Die Top-Geräte mit allem, was High-Tech zu bieten hat, haben selbstverständlich ihren Preis. Doch es gibt auch für den kleineren Geldbeutel so genannte Leicht-Dollies, mit denen man hervorragende Kamerafahrten verwirklichen kann. Und wer gar kein Budget hat, kann es mal mit unserer Selbstbauanleitung im Do-It Yourself Bereich versuchen.