Ein Abspann, der etwas auf sich hält, arbeitet höchstwahrscheinlich mit Rolltiteln. In unserem Kulturkreis mit Titeln, die von unter nach oben durch das Bild wandern, in Asien auch schon mal von links nach rechts quer durch das Bild. Und natürlich gibt es diverse Abwandlungen dieses Prinzips, Spaßtitel, bei denen man bewusst gegen die Leserichtung arbeitet, die Schrift von oben nach unten durch das Bild laufen lässt und damit etwas macht was dem Lesen einer Buchseite von unten nach oben entspricht.
Möglich ist alles, und doch gibt es einige Grundregeln, die man beachten sollte, um eindrucksvolle, lesbare und prägnante Rolltitel herzustellen. Und es gibt technische Gegebenheiten, insbesondere beim Halbbildfernsehen, die schon so manche Titelversuche in schiere Verzweiflung haben ausarten lassen. Doch es gibt Wege...
Herstellung
Noch vor wenigen Jahren wurden die Rolltitel für Film (gemeint ist der Kinofilm) im Computer nur gesetzt, dann auf Strichfilm (ein Material, was keine Grauwerte kennt) belichtet und schließlich an einem Tricktisch richtig mechanisch abgerollt (von Hand oder Motorisch) und mit einer Filmkamera abgefilmt. Dabei waren die Schriften transparent, und die restliche Fläche war schwarz. Sie wurden von der Rückseite beleuchtet (z. B. Leuchtkasten). Wollte man farbige Schrift erzielen, wurden Farbfolien verwendet, um das Licht zu färben.
Oder es gab im Videobereich separate Titelgeneratoren, die nicht nur teuer, sondern zudem auch sehr umständlich in der Bedienung waren, die aber saubere ruckfreie Rolltitel erzeugen konnten - eine Fähigkeit, die den heutigen, gleich im Computer als Datei gerechneten Rolltiteln nicht immer eigen ist. Da haben die Programmierer der heutigen Titel-Plugins für die gängigen Schnittprogramme wohl etwas geschlafen, die Scroll-Geschwindigkeit automatisch dem Zeilensprung unserer Fernsehsysteme anzugleichen.
Platzierung und Regeln
Die Rolltitel sollten sich selbstverständlich am verwendeten Format (Höhenseitenverhältnis, Pixel) orientieren und ausreichend (zumeist schwarzen) Rand lassen. Hier ist der sogenannte "Safe Area"- Bereich als Mindestmaß ausschlaggebend. Bei Filmtiteln die digital auf Film ausbelichtet werden sollen (Normal 35mm hat 1:1,66), ist ein übliches Format 1828x1100 Pixel. Bei Filmtiteln, die digital auf Film in Breitwand ausbelichtet werden sollen (Breitwand hat diverse Formate, ein weit verbreitetes ist 1:1,85), entspricht das 1828x988 Pixeln. Wenn man den Safe Area Bereich (10 %) berücksichtigt, bedeutet dies eine für Schrift verwendbare Fläche von 1645x889 Pixeln.
Schriften
Für die Gestaltung sollte man keine zu dünnen Schriften wählen, das gilt auch für Serifen, falls diese zu fein sind. Fette Schriften, wie die Arial Black eignen sich besser. Die Schrift sollte so gewählt sein, dass waagerechte Linien mindestens 3 Pixel hoch sind. Was die Farbe der Titel angeht, so ist weiß sicher am verbreitetsten. Dabei wird aber kein reines Weiß, sondern stets ein leicht getrübtes, zumeist bläuliches Weiß verwendet, dass etwa 5 % weniger Sättigung hat. Bestimmte Farben, etwa Rot, sind für Schrifttitel eher ungeeignet.
Satz
Erfasst werden die Titel in der Regel mit einem gängigen Textprogramm, abgespeichert werden sollten sie dann in einem für andere Programme importierbaren Format, also txt oder rtf. Hat man das Höhen-/Seitenverhältnis festgelegt, muss man für den Abspann, der in den meisten Fällen als sogenannter Tannenbaum abläuft, Tabs festlegen. Also einen Tab für die Berufsbezeichnung (Kamera, Regie etc.) und einen für den Namen, der dafür verantwortlich zeichnete.
Scrollgeschwindigkeit
Die Festlegung der Geschwindigkeit, mit der die Titel durch das Bild wandern, scheint auf den ersten Blick nur Geschmack und der Lesbarkeit abzuhängen. Für eine gute Lesbarkeit gelten mindestens zehn Sekunden Bildschirmpräsenz für eine Titelzeile (also von Eintauchen am unteren Bildrand bis zum Verschwinden am oberen Bildrand) als Faustregel. Doch wer sich mit der Materie beschäftigt, weiß, dass die Frage des Tempos über Wohl und Wehe entscheidet. Flimmern und Ruckeln (shuttering) sind die häufigsten Probleme, mit denen man bei Titeln kämpfen muss. Diese Probleme haben mit unterschiedlichen technischen Gegebenheiten zu tun. Einerseits müssen etwa die Pixel, aus denen sich die Schrift zusammensetzt, etwa für Videozwecke auf Halbbilder und entsprechende Zeilen verteilt werden. Andererseits wandern die Schriften ja und so kann es sein, dass eine dünne waagerechte Linie in den berührten geraden Zeilen zu sehen ist, in den ungeraden aber nicht. Nicht immer befindet sich die Schrift im Abspann genau so, dass man die Pixel genau zwischen geraden und ungeraden Zeilen verteilen kann. Speziell feine waagerechte Linien, wie etwa der Fuß vom großen L oder die Querbalken des E, machen Probleme, wenn sie genau zwischen den Halbbildzeilen landen. Entweder werden sie von der Software der geraden oder ungeraden Zeile zugeordnet oder sogar beiden gleichzeitig.
Für Videotitel in der PAL- oder HD Interlaced (i) Welt kann das Ruckeln der Rolltitel reduziert werden, indem man die Geschwindigkeit auf 50, 100 oder 150 Pixel in der Sekunde einstellt (PAL oder HD i haben 50 Halbbilder pro Sekunde).
Entscheidend für ruckelfreie Scrolls, sind Geschwindigkeiten, bei denen pro Bildwechsel eine gerade Zahl an Pixeln oder Zeilen transportiert wird, also 2, 4, 8 oder 10 usw. Um diese zu ermitteln sollte man eine Dateilänge für den Rolltitel herstellen, die geradzahlig ist, zum Beispiel 2800, 3200 Pixel etc. Nun teilt man diese durch die doppelte Anzahl der Halbbilder pro Sekunde. Im PAL-System sind das, wie erwähnt, 50 Halbbilder, verdoppelt ergibt das 100. Teilt man 3200 durch 100, so erhält man 32.
32 ist die Mindestdauer für den Abspann, wenn er ruckelfrei ablaufen soll. Das bedeutet aber nicht, dass man ihn etwa mit 30, 28 etc. Sekunden einfach beschleunigen darf! Will man den Titel schneller laufen lassen, so kann man diese Zahl halbieren, also 16 Sekunden Dauer einstellen. Ja und was macht man, wenn einem 16 zu schnell ist und 32 zu langsam? - Leiden, denn dann ruckeln die Zeilen wieder. |
Die Bilddatei-Variante
Neben Titelgeneratoren stellen Grafikprogramme wie Corel Draw oder Photoshop die sicherste Basis für Rolltitel dar. Man gestaltet dort den Abspann als eine einzige Bilddatei mit der Breite des Fernsehbildes (z. B. 768 Pixel) und der entsprechenden Höhe, je nach Anzahl der Zeilen. Ziel ist es, die Scrolldauer auf eine glatte Sekundenzahl einzustellen, die in einem geraden Verhältnis zur Gesamthöhe der Grafik steht. Wie man die berechnet, wurde im vorherigen Abschnitt erklärt. Also: geradzahlige Länge der Bilddatei und dann ausrechnen, wie schnell die ablaufen muss, damit dieser Halbbildeffekt nicht die schönen Credits verunstaltet. Und natürlich kann man sich freuen, weil progressive Vollbildverfahren, die sich in der HD-Welt durchgesetzt haben, viele dieser Probleme haben verschwinden lassen.