Konventionen
Die technischen Notwendigkeiten am Set wie Bildausschnitt, Hintergrund, Lichtgestaltung müssen abgeglichen werden mit den inneren Notwendigkeiten der Handlung.
Es klingt merkwürdig, aber die Schauspieler müssen für jede Szene, für jede Einstellung neu lernen und vom Ablauf planen, was wie wann gemacht wird.
Dabei soll an dieser Stelle nicht von dem Erlernen die Rede sein, das sich darauf bezieht, wie wohl die Filmfigur, die der Schauspieler verkörpert, gehen, stehen oder sitzen würde.
Wir sprechen von den technischen Abläufen, den Positionen im Motiv, den Richtungen und dem Timing. Dabei spielt auch die Position des Schauspielers im Verhältnis zum Raum, zu anderen Personen und zur Kamera eine wichtige Rolle.
Im Film darf der Schauspieler den Raum freier nutzen und bespielen als im Theater.
Er darf der Kamera sogar den Rücken
zuwenden, aber in wichtigen Augenblicken sollte der Zuschauer sein Gesicht sehen können.
Fahrplan
Sind solche wichtigen Momente mit Handlung und Abläufen verquickt, etwa an einen Tisch setzen, oder etwas aus einer Schublade ziehen etc., so sollten Position des Schauspielers und der Spielrequisiten in dieser Hinsicht optimiert werden. Der Schauspieler muss sich mit den Notwendigkeiten des Motivs und der Kamera abstimmen und umgekehrt.
Für den Schauspieler gibt es für die Handlungsabläufe einen inneren Fahrplan, eine Linie, an der entlang sich die Bewegungen in der Einstellung oder Szene organisieren. Häufig hört man Schauspieler bei den Proben mit sich selbst reden. „Erst die Hand, dann den Krug, vorbeugen, das Glas einschenken...“ Sie strukturieren ihre Handlungen. Wenn sie in der Einstellung etwas essen müssen, planen sie, wann genau sie dies tun, um nicht mit vollem Mund sprechen zu müssen. Wenn sie sprechen, verteilen sie den Text, wenn sie denken oder fühlen, ihren Ausdruck auf die Handlungseinheiten.
Es ist unsinnig, wenn der Schauspieler just in einem besonders eindringlichen Moment, in dem sein Ausdruck tiefe Emotionen verrät, der Kamera den Rücken zuwendet, weil der pfeifende Wasserkessel einfach auf der falschen Seite steht.
Ausstattung und Requisiten sind nicht gottgegeben. Man kann immer
versuchen, etwas umzustellen, für die Einstellung zu optimieren.
Markierungen
Wenn nun in Absprache mit Kamera und Regie alle Ausstattungsteile und Requisiten optimal positioniert sind, werden die Abläufe mit der Kamera abgestimmt. Dafür werden bei den Stellproben Positionen am Boden (meist mit Lassoband) markiert. Wenn etwa durch eine Kamerarückfahrt im Verlauf der Einstellung auch der Boden und damit die Markierungen ins Bild kämen, kann man auch mit einem Laserpointer Positionen anzeigen und diesen dann bei der Rückfahrt einfach ausschalten. Manche Schauspieler bevorzugen es, ihre Positionen zu spüren. Da kann etwa ein kleiner Sandsack (wie sie die Beleuchter zum Beschweren der Lichtstative verwenden) eine Endmarkierung sein, die der Schauspieler, selbst wenn er rückwärts geht, eindeutig erspürt.
Die Positionen dienen dem Schauspieler als Orientierung und können durchaus vom Raum aus betrachtet unlogisch wirken. Irgendwelche Bögen, Schrägen wirken vielleicht unsinnig, sorgen aber im Kamerabild für optimale Wirkung und werden vom Zuschauer nicht als Bögen etc. wahr genommen. Das Bild der Kamera ist ein völlig anderes als in der Motivsituation!