Kurze Ewigkeiten
Ob es die 40 Jahre alte Nagra, die 50 Jahre alte Arri St oder die 60 Jahre alte Leica M ist, sie haben eines gemeinsam, die funktionieren trotz ihres Alters auch heute noch. Und wenn es technische Probleme gibt, so kann man diese reparieren.
Der nur wenig genutzte zwei Jahre alte Zoom H6 wird mehr und mehr zum No Name Produkt, seine Namenszug verschwindet. Das ist nur das geringste Problem, die Eingangsregler kratzen neuerdings beim Verstellen, weshalb man sie während einer Aufnahme nicht verstellen sollte. Beim Wechseln der Batterien neigen die Abdeckklappen abzubrechen, man kennt das auch von Fernbedienungen.
Dass der Einschalter der Blackmagic Pocket seine Beschriftung verloren hat, ist schade aber es geht nicht mit technischen Mängeln einher. Noch nicht, denn mit der Herstellungsqualität vieler neuerer Film,- und Tongeräte ist es nicht weit her.
Sie liefern teilweise exzellente Ergebnisse, allerdings nicht für lange Zeit und nur bei extrem feinfühliger Bedienung.
Ursachenforschung
Dabei wären die angesprochenen Mängel mit minimalen Mehrkosten in der Herstellung zu vermeiden, doch vielleicht wollen die Hersteller diese Dinge gar nicht vermeiden.
Gerätetests unterziehen die Probanden schon lange keinen Haltbarkeitstests mehr, das wäre kontraproduktiv, schließlich schalten die gleichen Hersteller Anzeigen bei den Testplattformen, bestenfalls weist man darauf hin, dass ein Produkt sich etwas plastikmäßig anfühlt.
Sind die Innovationszyklen so kurz geworden, dass beispielsweise Videokameras und Audiorekorder gar nicht lange leben müssen, weil sie ohnehin schnell veraltet sind? Lassen wir uns zu schnell die gerade noch gehypten Geräte schlecht machen? Ist Full HD wirklich schon so out oder in welchem Format senden denn eigentlich die meisten TV Sender? Und sind Sample Rates von bis zu 96000 und 24 Bit Auflösung bei einem Audio Rekorder wirklich längst obsolet? Schon irgendein Video mit ner Samplerate von 96000 angeschaut? Nein? Eben. Also darf man doch erwarten, sein Gerät viele Jahre nutzen zu können.
Kunden wollen preiswerte Produkte. Ist das der wirkliche Grund?
Hersteller argumentieren gerne damit, dass die Kunden möglichst preisgünstige Geräte wünschen. Rechtfertigt der günstigere Preis wirklich die minderwertigen Bauteile? Der Preisunterschied zwischen einem billigen und einem hochwertigen, selbst Militärspezifikationen erfüllenden Regler/Potentiometer liegt bei etwa 3 Euro, der Zoom H6 mit seinen 5 Reglern hätte also 15 Euro mehr gekostet, wenn man ihn langlebiger hätte bauen wollen.
Ähnliches gilt für das Beschriften von Gerät und Tastknöpfen. Dass die Hersteller die unterschiedlichen Qualitätsstufen der Bauteile nicht kennen würden, ist ziemlich unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist dass ihre Controller ausgerechnet haben, wieviel man auf die Gesamtverkaufszahlen gerechnet zusätzlich verdienen kann, wenn man an der Qualität spart. So wie der legendäre Controller bei United Airlines der durch Reduzieren des Flugmenü-Salates um eine Olive seinem Unternehmen Hunderttausende gespart hat.
Oder testen die Hersteller gar nicht mehr die Haltbarkeit ihrer Geräte weil diese vielleicht nicht allzu viel länger als die Garantiezeit halten sollen? Dann wären wir wieder bei der häufiger diskutierten, geplanten Obsoleszenz.