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Interview mit der Schauspielerin

Pheline Roggan

MC: Wie bist Du zu der Rolle in „Die Glücklichen" gekommen?

 

PR: Über einen Caster in Hamburg, (...), der macht eigentlich ganz viel Werbecastings. Den hat Jan gefragt; das andere Ensemble stand ja schon fest, mit denen hat er schon so viel gearbeitet, und die brauchten halt noch eine junge Friseuse. Und Pedro hat mich vorgeschlagen und dann hat Jan mich angerufen und mir gleich am Telephon erzählt, worum es geht, dass er mich gerne treffen würde, das das ein Casting ist und ein Gespräch und ich sollte doch schon mal so in Richtung Friseuse kommen. Und da habe ich mir gedacht: Wenn schon, denn schon: angemalt, Haare weg und so. Ich bin dann ins Café gegangen und da saß dann Jan mit einer Videokamera und Stephan Schad, der Hans gespielt hat. Das erste Treffen war eigentlich nicht richtig privat. Ich hatte schon komplett die Maske an. Wir haben uns dann unterhalten und waren eigentlich schon so halb in den Rollen und dann auch wieder nicht, das war nicht so richtig einordbar. Und dann hat er mich angerufen, dass das geklappt hat und ich habe mich noch einmal mit ihm getroffen, um die Rolle zu besprechen, also die ganze Biographie, wir haben uns die zusammen ein bisschen ausgedacht. Ich habe ihm erzählt, was ich mir dabei gedacht habe, und er, was er sich vorgestellt hat. Und dann habe ich mich mit Stephan getroffen, in meiner Rolle. Wir haben uns SMS geschrieben in unseren Rollen, wir haben sozusagen die Vorgeschichte, die wir als Paar im Film haben, gespielt, das war unsere Vorbereitung. Wir haben uns als Angela und Hans getroffen, haben kein einziges privates Wort geredet und zwar ohne Kontrollinstanz. Da war kein Jan dabei und gar nichts, wir haben so den ganzen Abend verbracht. Wir sind Eis essen gegangen, dann ins Kino und danach Essen, und nur als Angela und Hans. Das hat total Spaß gemacht, war aber auch so komisch. Stephan hat mich dann zu Hause abgesetzt, ich bin aus dem Auto ausgestiegen und habe den Lachanfall des Jahrhunderts gekriegt. Wenn da keine Kontrollinstanz ist, dann sitze ich mit ihm am Tisch als so eine komische Friseuse und zwischendurch kommt halt auch das Gefühl durch, du möchtest mal sagen: Ich bin überhaupt nicht so! Und das haben wir halt nicht gemacht. Wir haben das komplett durchgezogen. Wir kannten uns nur als Angela und Hans. Und die anderen auch. Und dann ging´s los.

 

MC: Inwieweit hast Du Dir vorher über die Figur der Angela Gedanken gemacht?

 

PR: Jan hat mir einige Informationen über sie gegeben (...) und dann habe ich mir das natürlich noch genauer überlegt. Man liest das und man hat sofort so ein Bild im Kopf. Und wie gesagt, ich habe mit Jan darüber geredet und habe mir die ausgedacht: mein Kind getauft (lacht), und meine Mutter, und wo ich herkomme und dann habe ich auf der Straße noch Kinder photographiert ... . Ich hab´mir gar keinen Plan gezeichnet, aber ich habe mir ziemlich genau Angela vorgestellt: Was sie den ganzen Tag so macht, was sie interessiert, wie ihr Lebensrhythmus so abläuft.

 

MC: Hat sich Angela während der Dreharbeiten noch entwickelt?

 

PR: Ja, so ein paar Sachen ... Wenn plötzlich jemand eine Frage stellt, über die man nicht vorher nachgedacht hat ... Das geht dann, da kommt dann irgendwas raus. Dann denkst du: Ah, ok, dann ist das halt so. Ich fand das sehr wichtig, die mal auszuprobieren. Mir hat das sehr geholfen. Ich wäre sonst unruhig gewesen, ich hatte Angst, das das eine Karrikatur wird, weil die privat von mir doch schon eher weit weg ist. Man neigt dann ja manchmal dazu, das ein bisschen zu doll herauszuarbeiten. Man kann das halt super übertreiben. Ich wollte aber nicht, dass das so eine schreckliche Tante wird. Ich muß ja auch noch improvisieren können, und deshalb haben Jan und ich zu uns gesagt, dass sie nicht doof sein soll. Sie ist vielleicht ungebildet, aber lebensklug. Sich was auszudenken aus einer dööferen Situation, als man ist, ist ganz schön schwierig, also, wenn man schnell reagieren soll. In der Begegnung mit dem Gegenüber ist die dann richtig entstanden. Ich hatte vorher ein Bild im Kopf, und dann sitzt da jemand und reagiert eben auch. Der (Hans) kannte mich ja nicht, der hat ja immer nur auf Angela reagiert. Und dadurch entsteht die dann von alleine.

 

MC: Hast Du Dir vorher Leute angesehen oder beobachtet?

 

PR: Ja, so ein bisschen. Aber ich hatte sofort ein Bild vor Augen. Ich habe zwei Freundinnen, die alleinerziehende Mütter sind. Die kommen überhaupt nicht aus Angelas Dunstkreis oder so, aber als alleinerziehende Mutter ist dein Leben einfach anders. Dann kenne ich eine, die Friseuse ist, da habe ich mich so ein bisschen informiert. Die hat mir erzählt von ihren Arbeitszeiten, die muß am Wochenende immer Fortbildungen machen. Und den Rest habe ich mir auf der Straße im Vorbeigehen zusammengesucht, da habe ich Leute gesehen und dachte: Das da, das ist so ein bisschen Angela.

 

MC: Im Film kommunizierst Du über Dein Handy immer wieder mit Deiner Freundin. Das ist dann plötzlich eine ganz andere Sprache und Gestik. Sind das Dinge, die Du irgendwo gehört beziehungsweise gesehen hast?

 

PR: Ja, aber gar nicht so bewusst. Ich habe mir nicht vorher überlegt: Das will ich unbedingt machen. Mir war schon klar, das das Handy sehr wichtig ist für Angela. Durch die Telephonate konnte ich ihr noch einmal eine andere Ebene geben, weil sie ja mit diesen erwachsenen Intellektuellen zusammen und dort ein Fremdkörper ist. Die kennt ja keinen und versucht da irgendwie gut anzukommen, auch wegen ihrem Freund und kann sich nie richtig öffnen, weil ja auch niemand richtig mit ihr redet. So ein paar Floskeln vielleicht, aber da passiert nichts ... Na ja, und solche Mädchen kleben ja andauernd am Telephon. Die kann sich ja mit niemandem austauschen, auch darüber, was da passiert. Die sitzt in diesem Haus mit diesen komischen Menschen: Eine springt ins Wasser, andere gehen fremd, und dann reden die immer über Freundschaft. Das ist so komplett nicht ihre Welt. Die muß irgendwie mal was loswerden, sonst platzt die. Deswegen ruft die immer ihre Freundin an.

 

MC: Waren die Telephonate Deine Idee oder eine Regieanweisung?

 

PR: Wir hatten abgemacht, dass mein Kind mich anruft, denn das sollten die anderen ja nicht wissen. (...) Und das mit der Freundin war meine Idee, das habe ich ihm (Regisseur Jan Georg Schütte) vorher, glaube ich, schon gesagt, dass ich auf jeden Fall ein Telephon hab´, das musste ja aus sein wegen dem Ton. Deswegen konnte ich mir das selber einteilen. Und das ich meine Freundin anrufen will; weil ich das auch so witzig finde, zu sehen, wie man sich in einer Situation verhält und wie man das erzählt. Da ist ja auch immer ein großer Unterschied.

 

MC: Wie hast Du über die außergewöhnliche Freiheit, die Jan Georg Schütte den Schauspielern in seinem Film einräumt, gedacht?

 

PR: Ich fand das total super, ich wollte da unbedingt mitmachen. Eine Chance, so zu spielen, kriegt man ja nicht ... Selbst wenn man gut im Geschäft ist und viel arbeitet. Diese Art zu arbeiten läuft einem nicht so oft über den Weg. Ich hatte auch Angst. Ich bin ja auch wirklich die einzige junge, die nicht seit zehn Jahren am Thalia spielt oder Meret Becker ist oder was auch immer. Und dann war meine Rolle auch noch so weit weg von mir und ich wusste halt auch nicht, ob das klappt und funktioniert. Und das ist halt eine ganz merkwürdige Situation für einen Schauspieler, wenn Du nicht weißt, was auf Dich zukommt. Du weißt, du fährst da jetzt drei Tage hin und spielst, irgendwas. Aber man weiß halt nicht, was. Das ist total spannend, also das ist beides: Man kriegt auf jeden Fall Angst, aber das macht es auch so interessant.

 

MC: Stimmt es, dass Du und Meret Becker Euch vorerst nur in Euren Rollen kennengerlernt habt?

 

PR: Ja. Ich bin von Hamburg aufgebrochen, Stephan Schad, der meinen Freund Hans spielt, der war schon da, und ich bin um acht Uhr in meinem Angela-Kostüm in meinen Zug gestiegen, nach Oldenburg gefahren und dann wurde ich da abgeholt. Ich wurde nur einmal verkabelt und los ging´s. (...) Und dann sind die Leute während des Drehs angekommen, genauso wie im Film.

 

Mit Meret Becker vor allen Dingen: Das ging ja ziemlich schnell in unseren Rollen gegeneinander. Und wir haben uns da auch noch viel mehr bekriegt, oder über einen längeren Zeitraum, als das in dem Film zu sehen ist. Also, ich streite mich ganz ungern mit Leuten. Wenn es nicht sein muß, dann lieber nicht. (...) Und da wurden einmal bei Meret Becker und mir gleichzeitig die Batterien gewechselt von dem Mikroport und ich habe gesagt: Meret, in Echt finde ich Dich nett, also gut, und sie: Ja ja, ich Dich auch. Und dann „Klack", gingen die Dinger wieder an und dann haben wir uns wieder gehasst. Und das ist auch super, das mal machen zu können. Also, wie gesagt, ich find´s gut.

 

MC: Wurde vorgegeben, was irgendwann passieren sollte?

 

PR: Er (Jan Georg Schütte) hat eigentlich fast gar nichts gesagt. Ich glaube, es gab ein paar Situationen, die abgesprochen waren. Zum Beispiel, als Susanne aus dem Boot rausspringt: Das war, glaube ich, geplant, das sie da früher oder später so einen Selbstmordversuch hinlegen sollte. Ich wusste nur, dass ich ein Kind habe und dass das die anderen nicht wissen. Stephan Schad war der einzige, der wusste, dass dieses Ende kommt, das ist ja die Klammer des Filmes sozusagen, wir anderen wussten das auch nicht. Den ersten Tag sind wir angekommen und haben dreizehn Stunden gedreht und sind dann ins Bett gegangen und das war´s. Auch gar keinen kennengelernt. Und am nächsten Tag haben wir uns morgens dann immer, bevor es wieder losging, jeweils einmal mit Jan Georg Schütte hingesetzt und wir haben darüber geredet: Wie weit ist das jetzt gekommen und wo könnte das hingehen und was möchte er noch. Aber eigentlich komplett frei.

 

MC: War es nicht schwer, bei der Streitszene am Tisch vollkommen ohne Stichworte zu agieren?

 

PR: Er (Jan Georg Schütte) meinte, das wir nicht anfangen zu spielen und sofort die Flaschen fliegen und jeder Schauspieler seinen Ausbruch spielt, sondern das sollte halt normal sein. Ich wusste manchmal nicht, wie weit kann ich jetzt gehen, um nicht den Rahmen zu sprengen? Und vor dieser Situation am Tisch hat er gesagt: Jetzt kannst Du mal ein bisschen, jetzt leg mal los. Das geht dann von ganz alleine. Man ist dann schon so lange diese Person. Ich war so genervt von dem Ganzen. Ich dachte: Was ist hier los? Was redet Ihr die ganze Zeit? Ich verstehe Euch nicht! Also, das mit Meret Becker, das zog sich über Stunden hin. Ich fand die unmöglich, und hatte keinen Bock mehr als Angela. Angela hatte einfach keine Lust mehr, und das platzt dann raus. Die verselbständigt sich, die Rolle, und das ist das Schöne daran, Du spielst einfach, es wird natürlich, man nimmt die so richtig an, weil man so große Bögen spielen kann, und das passiert einem ja sonst nie.

 

MC: Angela reagiert am Ende des Film erstaunlich milde. Bist eher Du das gewesen oder tatsächlich Angela?

 

PR: Nein, das war auch Angela. Wie gesagt, nach dieser ganzen Zeit, die sie da verbracht hat (sie fährt ja hin und hat wirklich Lust auf ein neues Leben, einen neuen Mann und in eine andere Schicht reinzukommen) hat Angela echt gemerkt: Leute, das ist nicht meine Welt. Auch mit diesem Hans: Da passiert nichts zwischen uns. Solche Mädchen brauchen ja auch ganz viel Aufmerksamkeit. Ich bin da zwar als Angela mit hingenommen, aber dann so stehengelassen worden. Als sie aufwacht und er ist nicht mehr da ... Und dann gehe ich ja zu diesem Haus rüber und gucke da rein: Da komme ich nicht dazwischen und will ich auch nicht. So doll war sie dann auch nicht in ihn verliebt. Ich gehe nach Hause zu meinem Kind und mache meinen Kram und ihr könnt hier machen, was ihr wollt. Trotzdem ist sie natürlich geschockt und auch – beleidigt. Hans, Stephan Schad, meint immer noch, er hätte sie nicht verarscht, und ich finde schon, also ich und Angela, wir finden schon. Das sieht halt jeder aus einer anderen Perspektive. Und das ist ja nicht tragisch. Das war ja nicht meine große Liebe. Sie verliert ja nichts. Es war auch nur ein Versuch, und der ist halt dann in die Hose gegangen. Vielleicht ist es ja gar nicht so schlecht. Vielleicht kann sie ihr Leben jetzt besser annehmen oder mehr genießen. OK, bei den anderen wird es auch nicht besser ...

 

MC: Habt Ihr später noch einmal über das Ende geredet?

 

PR: Ja ... Nein. Wir haben später noch ein alternatives Ende gedreht. Das ist das, das nicht in den Film gekommen ist ... Wir haben einmal komplett durchgespielt, halt den ersten Tag abends bis zum Lagerfeuer und sind ins Bett gegangen und am nächsten Tag dieses Frühstück, was jetzt im Film ist, das ist das Ende. Und nachdem wir fertig waren, haben wir noch mal abends am Lagerfeuer angesetzt, weil Jan diese Lagerfeuerszene, so wie das bei uns war ..., der wollte, das da eine richtige Party entsteht. (...) Und dann haben wir noch einmal fortgesetzt und haben am nächsten Tag versucht, ein anderes Ende zu finden, ein ruhigeres. Und da haben wir dann angefangen, ganz viel darüber zu reden. Es war halt komisch, weil das das erste Mal dann war, wo wir wussten, was passiert. Und dann kamen so die Schauspieler raus, die angefangen haben, zu diskutieren, und da hat natürlich schon jeder gesagt, wie er das sieht und findet. (...) Das alternative Ende war auf jeden Fall auch ok, aber das andere hat mehr gepasst, auch in diese Gesamtarbeitsweise und deshalb ist es auch gut, dass es drin ist.

 

MC: Was war das alternative Ende?

 

PR: Genau dasselbe, dieselbe Situation, wir haben nur anders reagiert. Und er (Stephan Schad) hat das auch anders erzählt. Er kam viel ruhiger an ... Jetzt ist er ja schon ein bisschen ruppiger. Er steht da: Und bitte einmal staubsaugen und Aufwiedersehen. Er hat in der anderen Situation vielmehr versucht, zu erklären, warum, und dass es ihm leid tut und sich bei uns bedankt, dass wir ihm ein schönes Wochenende beschert haben. (...)

 

MC: Wir waren uns über die Bedeutung des Endes nicht sicher: Bildet sich Hans alles nur ein, ist er wirklich reich oder hat er seinen Reichtum nur vorgetäuscht?

 

PR: Also, er hat wirklich alles nur vorgetäuscht. Das ist so ein bisschen die Vorgeschichte von den drei Figuren, die da diese Freunde spielen. Die haben früher, als die zusammen studiert haben, immer so Spielchen veranstaltet, aber eigentlich nicht gegeneinander, sondern mit anderen Leuten. Dadurch ist die Freundschaft auch so eng geworden (...). Und daher kommt das. Weil er nun wirklich am Ende ist, sitzt er da und hat nichts mehr zu verlieren und da kommt das wieder hoch, das entsteht dann so dabei.

 

MC: Habt Ihr Euch dann überhaupt noch richtig kennengelernt?

 

PR: (Lacht) Also jetzt schon. Wir haben am - an welchem Abend war denn das? - ich glaube sogar, der erste Lagerfeuerabend ist so ein bisschen zum Bergfest ausgeartet. Und da haben wir uns dann richtig kennengelernt, aber-, na ja, dann waren halt auch noch sechs Kameraleute dabei, es war ein total nettes kleines Team und wir sind halt in Kostümen da sitzen geblieben und haben getrunken und uns auf jeden Fall schon mal so ein bisschen ausgetauscht. Wirklich kennengelernt habe ich die erst danach. Wir treffen uns oft. Einmal im Moment oder so machen wir ein Essen zusammen. Einer kocht ... Wir hatten zum Beispiel ein lustiges Treffen, um einen Titel zu finden. Der hieß erst „Hans will Glück", so als Probetitel, und dann haben wir uns einen Abend getroffen und haben uns unglaublich viele bescheuerte Namen ausgedacht. Das ist sehr schön. Wir drehen ja jetzt auch noch weiter, für Radio Bremen, für den NDR machen wir eine Serie daraus. Es gibt immer diese Gruppentreffen danach und da ist auch jeder mit einbezogen. Jan ist da sehr offen und man merkt halt, dass er auch Schauspieler ist und das ist gut, es bringt total Spaß. Ich habe auch große Lust, das weiterzuführen, jetzt, da man weiß, worum es geht. Da kann man dann noch mehr ausprobieren.

 

MC: Worum geht es in dieser Serie?

 

PR: So richtig erzählen kann ich halt auch nichts, denn ich weiß – wiederum – nichts (lacht) Wir drehen drei Tage in Bremen. Die Ausgangssituation ist: Anna Weber, die hat in dem ersten Film mitgespielt, hat ein Café und wir sind die Stammgäste des Cafés.

 

MC: Bleiben die Charaktere dieselben?

 

PR: Nein, das ist nur dieselbe Arbeitsweise. Ich weiß auch noch nicht wirklich, was ich spiele, er (Jan Georg Schütte) sagte aber, er würde gerne Angela, oder eine Art Angela, weiterbehalten. Es stimmt auch, da gibt es noch viel Raum. Ich könnte die auch noch länger leben lassen und durch andere Situationen schicken.

 

MC: Jan Georg Schütte bezieht ja seine älteren Arbeiten gerne in seine aktuellen Projekte ein. In „Die Glücklichen" wurden die „Swingers" erwähnt- "

 

PR: „Ja ja, das war dann das Buch..."

 

MC: „Vielleicht hat dann ja Angela auch eine Chance, in einem anderen Zusammenhang ..."

 

PR: „So ein bisschen, vielleicht heißt sie jetzt Jaqueline oder so ..."

 

MC: „Cindy."

 

PR: „Cindy, Sandy – ja genau. Sandy, das war ja meine Freundin vom Telephon."

 

MC: Gibt es ansonsten Pläne?

 

PR: Ich habe gerade eben eine Absage bekommen von der ARD, die verfilmen ein Märchen, das wäre mal was konventionelleres gewesen. Tja, das hat nicht geklappt. Und ich habe noch zwei, drei Anfragen für den Sommer, man weiß es halt immer nie ...

 

MC: Wie kommst Du mit dieser Unsicherheit zurecht?

 

PR: Ja, entweder es kommt alles auf einmal oder es kommt gar nichts meistens ... Ich will das machen; deshalb muß ich da durch (lacht). Das geht. Ich werde nicht bombardiert mit Angeboten, aber es ist ok. Natürlich, wenn man zu lange nichts zu tun hat, kriegt man Angst, auch dass man das nicht mehr kann, man muß immer ein bisschen in Bewegung bleiben, im Fluß. Aber das geht schon, ich dreh halt auch ganz viele Kurzfilme mit Studenten, bin oft an der Hamburg Media School, wenn die Schauspieler für Seminare zur Schauspielführung brauchen. Hauptsache, ich habe etwas zu tun. Auch gerne ohne Geld, solange das gut ist. Geld verdienen kann ich auch hinter der Bar oder mit irgendwelchen anderen Geschichten.

 

MC: Wie bist Du zur Schauspielerei gekommen?

 

PR: Als ich klein war – ich weiß nicht, wie das zustandegekommen ist – irgendwie war ich da in der Kinderagentur, weil ich das wollte, ich hatte da Lust drauf. Habe aber nie was gehabt. Ich hatte auch nur ein Casting, da hat mein Vater mich hingefahren mit meiner Schwester und dann hat meine Schwester die Rolle gekriegt. Und die ist vier Jahre jünger als ich. Und dann war ich erst mal stinkbeleidigt und hatte keine Lust mehr (lacht). Später wollte ich das natürlich wieder machen, hätte mir aber nicht so richtig getraut, zu behaupten: Ich kann das, ich gehe jetzt vorsprechen, ich werde jetzt Schauspielerin. Und eine Freundin von mir hat sich vorbereitet in Hamburg für die Aufnahmeprüfung und ich habe ihr ein bisschen geholfen. Die ist dann angenommen worden und dann bin ich mit der auf eine Veranstaltung gegangen und wir haben darüber geredet, dass ich da auch Lust drauf hätte und so. Das hat ein Lehrer gehört und der kam dann und meinte so: Es sind zwei Leute nicht gekommen aus der Schweiz, die anfangen wollten. Wenn Du das ernst meinst, dann hole ich jetzt die Direktorin und dann könnt Ihr Euch einmal unterhalten. Und dann kam die und fragte: Sie wollen also Schauspielerin werden? Und ich: Ja ... Und dann sollte ich mir das übers Wochenende überlegen und hatte Montag so ein Gespräch mit der, weil sie wissen wollte, ob es Sinn macht. Und dann meinte sie: Ok, Du hast eine Woche Zeit. Zwei Rollen, ein Lied, mach mal was. Und dann habe ich mir komplett ohne Theatergrundwissen zwei Rollen angeeignet und ein Lied, und das Lied war das Schlimmste, ich habe mich total geschämt. Und das hat geklappt - und dann war ich auf der Schauspielschule. Und das war auf jeden Fall das Beste, was mir passiert ist.

 

MC: Hast Du Tipps für junge Leute, die gerne Schauspieler werden wollen?

 

PR: Mhhh ... Tut es nicht, es gibt schon genug! (lacht) ... Ich weiß nicht so richtig ... Man ist halt komplett abhängig, man kann sich leider nicht selber aussuchen, ob man spielen oder arbeiten darf oder nicht. Man muß ein bisschen Glück haben und man muß hartnäckig sein. Man muß das wollen und machen. Leider weiß ich auch nicht ... Den Dreh habe ich noch nicht richtig raus, sonst würde ich auch besser arbeiten.

 

MC: Gibt es eine Rolle, die Du besonders gerne spielen würdest?

 

PR: Nein. Das wurde ich schon oft gefragt. Nein, gar nicht. Am Theater könnte ich mir das vorspielen, das man sagt: Ich würde gerne einmal Hamlet spielen oder so. Im Film und eigentlich auch am Theater: Ich bin Schauspielerin geworden, weil ich alles einmal spielen möchte. Das finde ich das Interessante daran: Jedesmal, mit jeder neuen Rolle, sieht man die Welt komplett aus einer anderen Perspektive und man lernt immer irgendwas. Ich möchte alles spielen: Böse und Gut und Behindert, alles, was es gibt und alles, was ich nicht bin.

 

MC: Was hat Dir bisher besser gefallen: Film oder Theater?

 

PR: Ich habe lange kein Theater mehr gespielt. Ich würde gerne wieder einmal Theater spielen. Allein für die Probenzeit, weil man soviel ausprobieren kann. Film ist manchmal schon ein bisschen schwierig, solange man so Anfänger ist wie ich. Ich habe oft dann einen Drehtag und fünf Sätze und dann kommt man da hin und wartet fünf Stunden und dann sagt man seinen Satz und Zack bist Du wieder weg. Man hat gerade erst angefangen und dann muß man leider schon wieder gehen. Es ist schade, wenn man nicht so richtig in Fluß kommt. Und dafür finde ich Theaterspielen halt eigentlich super. Ich war auf einer Privatschule und da ist das Theaterspielen nicht so einfach. (...) Ich habe beim Thalia eine Gastrolle gehabt und da würde ich sofort hingehen, aber das ist halt leider nicht so einfach. Und deshalb: Mal gucken, im Moment erst mal nicht.

Das Interview führte Paul Mittelsdorf

 

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