Vieles, was wir heute an Alternativen für unsere Kameras angeboten bekommen, stammt inzwischen von chinesischen Firmen, die zum Teil noch gar nicht so lange existieren. Doch es gibt auch eine Reihe traditioneller japanischer Optikfirmen, die schon viele Jahrzehnte am Markt sind und sich bis heute immer wieder neu erfinden mussten. Deren Vorgeschichte ist teilweise spannend und ihre Strategien, sich im hart umkämpften Markt der Objektive zu bewähren, sind höchst unterschiedlich.
Anfänge und Metamorphosen
Wie die großen japanischen Drittanbieter das Billigoptik Image loswurden und zu Qualitätsherstellern wurden. Gute Objektive waren eigentlich immer schon sehr teuer,- die Entwicklung und Herstellung ist einfach sehr aufwändig. Viele Amateure konnten und wollten die Preise für hochwertige Spitzenobjektive einfach nicht zahlen und so boten Firmen wie Cosina, Sigma, Tamron und Tokina bereits in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts preiswerte Alternativen für alle relevanten Kameramounts an. Diese waren von der Leistung her stets schwächer als die Markenobjektive von Canon, Minolta, Nikon & Co, doch für Hobbyfotograf*Innen schlicht die bezahlbare Alternative. Und es gab noch eine weitere Marke, die aber nicht aus Japan, sondern den USA stammt, die aber selbst gar keine eigenen Objektive hergestellt, sondern Objektive anderer Hersteller mit eigenem Branding vermarktet hatte,- Vivitar.
Lange hing ihnen der Ruf der schlechteren Objektive nach, doch sie haben sich im Laufe der Jahrzehnte aus der Ecke der Billig-Gläser herausbewegen können. Sie alle haben Linien entwickelt, in denen sie versuchen, Objektive für anspruchsvolle Kund*Innen anzubieten. Einige haben sich aus dem Schatten der großen Kameramarken herausbewegt und bieten ganz besondere Objektive an, die auch unter Filmemacher*Innen sehr beliebt sind.
Cosina-Voigtländer
Im Ranking lag Cosina meist hinter Sigma, Tamron und Vivitar, der Markenname entsprechend niedriger angesiedelt. Doch inzwischen verkauft das Unternehmen Objektive unter dem Namen des alten deutschen Traditionskameraherstellers Voigtländer und gibt sich dabei als Nobelmarke. Vielleicht hat man auch ein wenig aus der Not eine Tugend gemacht und zielt nicht mehr auf die optische Spitzenleistung sondern eher auf die Emotion in den Aufnahmen. Die Objektive liefern eben gerade nicht die Präzision und Fehlerfreiheit modernster Spitzenobjektive, sondern sie liefern eher den Retro Look, Bilder die auch vignetieren dürfen, sind auch vom Gehäuse her retro und manuell.
Nun könnte man sich fragen, warum sollte man dann nicht gleich auf alte Objektive zurückgreifen? Nun das kann man durchaus tun, allerdings muss man die alten Objektive durchwegs an die neuen Mirrorless-Mounts adaptieren. Zudem hat sich natürlich in der Technik vieles getan. Die modernen Objektive zeichnen kontrastreicher, sie sind besser vergütet, sie haben Sensoren, welche selbst bei vielen manuellen Objektiven die Information über Brennweite, Schärfeneinstellung und Blende per Minikontakten an die Kamera weiter geben. Die neueren Objektive haben also einige Bestandteile des alten Looks wie Randunschärfe und Vigentierung mit neuen modernen Technologien verknüpft.
Sigma
Die Firma wurde 1961 in Tokyo zur Rettung verschiedener Unternehmen aus dem Optikvbereich gegründet, die ihren insolventen Zulieferer verloren hatten. Sigma expandierte in den folgenden Jahrzehnten nicht nur in die USA sondern auch europäische Länder. Auch schon recht früh, 1983 wurde eine Niederlassung in Hongkong gegründet doch obwohl die Löhne in China ungleich niedriger sind als in Japan, entwickelt und produziert Sigma auch heute noch ausschließlich in seiner Fabrik in Aizu, Japan. Auf diese Weise sichert die Firma ein hohes Qualitätsniveau ihrer Produkte.
Sigma stellte Objektive für fast alle führenden Kameramounts her. Sigma erfand beispielsweise den Telekonverter. Seit 2013 kann man die Mounts von Sigma Objektiven sogar für relativ kleines Geld umbauen lassen um etwa bei einem Kamerasystemwechsel die Objektive weiterverwenden zu können. Durch den Kauf des amerikanischen Unternehmens Foveon stiegt Sigma 2008 auch in den Markt der Kamera-Sensoren ein. Früher als die Drittanbiter Konkurrenz setze Sigma ultraleise Ultraschallmotoren für den Autofokus ein, gerade bei Filmaufnahmen eine wichtige Eigenschaft.
Die Objektivreihen unterscheiden die Contemporary- und die Sports-Serie. Seit 2012 stellt Sigma zusätzlich auch seine "Art Lens" Serie her, welche sich an anspruchsvolle Profis und Amateure richtet. Art Lenses sind besonders hochwertig, haben große Blendenöffnungen und sind bislang nur als Festbrennweiten gefertigt. Während die Contemporary Objektive vor allem auf Kompaktheit, geringes Gewicht und optische Leistung hin optimiert sind, sind die Art Lenses zumeist größer, schwerer und lichtstärker.
Tamron
Auch Tamron wurde in den 50er Jahren, genauer gesagt 1950 in Japan gegründet. In den 80er Jahren wurden Niedrlassungen auch in Europa gegründet. Es waren vor allem Zoom-Objektive, für die Tamron immer wieder mit Preisen ausgezeichnet wurde. Sony ist mit einem kleinen Prozentsatz an Tamron beteiligt. Tamron baut lichtstarke Zoom-Objektive, nicht nur für Sonys E-Mount. Es gibt eine Handvoll lichtstarker Festbrennweiten mit 1,4 sowie alternativ auch solche mit einer Blende 2,8. Dezidierte Filmobjektive gibt es von Tamron nicht.
Tokina
Das Unternehmen wurde Anfang der 50er Jahre von Nikon-Ingenieuren gegründet. In den ersten Jahren arbeitete es nicht unter eigener Marke, sondern als OEM Hersteller für Firmen wie Vivitar. Erst ab 1960 wurden Objektive auch unter dem eigenen Markennamen vermarktet. Tokina fertigt seine Objektive für die unterschiedlichsten Kamera-Mounts. In den 80er Jahren werden vor allem Zoom-Objektive die professionellen Ansprüchen genügen sollen, vorgestellt. Darunter lichtstarke Varianten wie Tokina 80-200mm f/2.8, das 35-70 f/2.8, sowie das 24-40mm f/2.8. Ab 1985 entstehen auch erste Autofokus Objektive. Wie auch bei den anderen hier erwähnten Objektivmarken, haftete diesen lange der Ruf der Billighersteller an, doch auch Tokina konnte sich davon befreien. Was die Verarbeitung, die Vignettierung, die Schärfe & Verzeichnung angeht, sind viele Tokina Objektive sehr gut. Tokina hat später als die Konkurrenz flüsterleise Autofokus-Motoren eingebaut, das muss man wissen, insbesondere wenn man gebraucht Objektive erwerben möchte.
Heute bietet Tokina mit seiner "Opera" oder "Firin" Serie hochwertige Objektive an, die sehr leistungsstark sind. Sehr hochwertig sind die Tokina ATX-Pro Objektive. Für Filmemacher*Innen besonders interessant die speziellen Cinemaoptiken wie das AT-X 116 PRO DX V. Diese sind Varianten der Fotoobjektive, die einen Zahnkranz für Follow-Fokus haben, einen extrem leisen Fokusmotor und rasterlose Blendenverstellung.
Vivitar
Gegründet wurde die Firma bzw. deren Ursprungsunternehmen Ponder & Best, Inc. bereits 1938 in Kalifornien gegründet. Wie schon erwähnt ist das Unternehmen aus den USA doch da es keine eigenen Objektive hergestellt hat, wurden anfangs Produkte aus aus Deutschland, der Tschechoslowakei und der Schweiz importiert, später dann sind die Vivitar Objektive die eigentlich japanische Objektive (gebaut von Tamron und Tokina) waren, mit eigenem Branding vermarktet worden. 1986 wurde die Firma abgewickelt, der Markenname wird seit 2008 von Sakar International verwendet.
Herausforderungen
Gute Objektive müssen eine Vielzahl von Eigenschaften erfüllen von denen nicht alle für jeden Anwender gleich wichtig sind. Beispielsweise ist es wirklich schwer, Linsen farbneutral herzustellen. Für die klassischen Objektivhersteller war es im vergangenen Jahrhundert bereits eine große Herausforderung, mit der Einführung des Farbfilms nicht mehr nur Helligkeiten, sondern auch Farben sauber durch das Glas zu transportieren. Heutige Digitalkameras mit Millionen einzelner Fotodioden sind noch viel anspruchsvoller, was die Farbneutralität angeht. Eine Vielzahl an Korrekturen auch von Bildfehlern werden heute digital von den Kameras herausgerechnet. Die japanischen Objektivhersteller versuchen in Lücken vorzustoßen, welche die großen Marken Canon, Nikon, Sony und Fuji frei lassen oder versuchen preisgünstigere Alternativen zu klassischen Brennweiten anzubieten. Dabei macht ihnen auch die zunehmende Konkurrenz aus China zu schaffen, Hersteller, welche sich ohne die in den übrigen Industrienationen geltenden Copyright-Gesetze recht frei bei den Entwürfen anderer Hersteller bedienen.