Von Hölzchen und Stöckchen...
Die meisten Kamerafahrten an Filmsets werden nach wie vor mit Dollies und Schienen verwirklicht. Was muss man über die Schienen wissen?
Warum haben die Kamera-Bühnen Leute nur immer diese Kisten mit Holzklötzchen dabei? Wer keine Steadicam zur Verfügung hat, und Kamerafahrten verwirklichen will, muss häufig Schienen legen. Das klingt einfacher als es ist, denn die Untergründe (Erde, Asphalt, Fliesen etc.), auf denen diese verlegt werden müssen, sind nie völlig eben und haben zu allem Überfluss oft eine Schräge.
Damit die Unebenheiten und Neigungen auskorrigiert werden können, legt man unter die Schwellen Bühnenkisten (Apple Box/ Treppchen/ Paganinis) und/oder Holzklötzchen. Diese dosiert man via Wasserwaage so, dass die Schienen exakt waagerecht verlaufen.
Die Klötzchen gibt’s als Abfälle aus Schreinerei, um die Feinabstimmung vorzunehmen, eignen sich auch Bierdeckel vorzüglich. Warum das alles so wichtig ist? Nun ein Winkel in den Schienen bedeutet, dass die Kamera, die auf dem Schienenwagen oder Dolly fährt, sich ungewollt neigt oder kippt. Oder dass dort, wo die Schienen zusammengesteckt sind, an den Übergängen (Schwellen) ein Ruckler entsteht.
Vor- und Nachteile der Schienen
Der Zeitaufwand hierfür ist nicht unerheblich. Gute Set-Organisation kann Wartezeiten vermeiden, indem frühzeitig die Fahrten festgelegt werden, und der Aufbau der Schienen parallel mit der Arbeit an einer anderen Einstellung erfolgen kann.
Neben dem Zeitaufwand haben Schienen auch andere Eigenheiten. Wenn man etwa vor einem oder mehreren Schauspielern mit der Kamera vorneweg fahren möchte, so müssen die Schauspieler zwischen die Schwellen der Schienen gehen, um nicht die Kamera selbst zu erschüttern. Die Folge kann im ungünstigsten Fall ein etwas storchenhafter Gang der Filmhelden sein.
Ein weiteres Problem ist, dass ab einer bestimmten Länge der Schienen, je nach Richtung und Bildausschnitt, Gefahr besteht, dass diese selbst im Bild zu sehen sind. Es gibt Schienen in verschiedenen Längen, Breiten, Rundungen und Profilen, auch geschlossene Kreise lassen sich realisieren, etwa wenn die Kamera um das frischverliebte Paar herumfahren soll oder wir bei einer Tanzszene mitten drin sein wollen.
Welche Schienen sind am besten geeignet?
Als Material sind Edelstahl (rostfrei, wichtig bei Regen!) Aluminium und Kunststoff verbreitet, einige Ausführungen sind klappbar. Gängige Breiten sind 62er oder 100er Spur, gemeint sind Zentimeter. Die Mietpreise pro Tag liegen pro laufenden Meter zwischen 7 und 15 Euro, Bogenschienen liegen bei 12 bis 30 Euro am Tag für einen achtel Kreis.
Es gibt Schienen in Leichtbauweise, die man zusammen mit einer fahrbaren Kameraplattform in einer großen Tasche transportieren kann. Die passt in jeden Kombi rein. Es versteht sich von selbst, dass man über solche Schienen keine schweren Dollies rollen lassen kann. Auf die Plattform stellt man ein Stativ mit Kamera, das ist alles.
Für die schweren Dollies oder gar Kräne braucht man auch robustere Schienen, die passen dann auch in keine Tasche mehr, die brauchen einigen Platz in einen Kamera-Bühnen- LKW. Für schwere Dollies gibt es als Hilfsmittel auch eine Auffahrrampe.
Die Entscheidung, welche Schienen gewählt werden sollten, ist abhängig davon, ob eine Plattform (mit Stativ) oder ein Dolly verwendet wird, und wer alles mitfahren muss. (Kameramann, Kamerassi). Auch die Kostenseite ist nicht ganz unwichtig bei der Entscheidung. Neueste Techniken (Funkschärfe, Remote Head, etc.) erlauben auch Varianten, bei denen die Kamera alleine fährt, ferngesteuert geschwenkt und kontrolliert wird. Entsprechend leichter können die Konstruktionen ausfallen. Es gibt aber auch Lösungen, bei denen die Kamera auf einem Schienensystem in Augenhöhe fährt und der Kameramann einfach nebenher geht.
Es gibt sogar Systeme, die nur aus 2 Plastikrohren (Abflussrohre aus dem Baumarkt) bestehen und deren Spurbreite dadurch entsteht, dass der Kamerawagen mit Rädern, die wie Felgen aussehen, über sie rollt. Dieses preiswerte Verfahren kommt häufig in Südamerika zum Einsatz, und wird dort humorvoll „Third World Travelling“ genannt.
Auch wenn Sie es nicht glauben: Es ist schon so mancher Film im Kino gelaufen, dessen Kameraplattform auf diesen dünnen, grauen Abflussrohren geschoben wurde. Das ist sicher nicht die optimale Lösung, besonders in Hinblick auf Stabilität und Ausgleich von Unebenheiten im Boden hat sie diverse Nachteile, aber wenn kein Geld da ist, kann man sich auch damit behelfen!