Stimmen aufnehmen
Ganz gleich ob für Voice over, Sprachsynchron oder Gesangsaufnahmen, beim Film kommt es häufiger vor, dass Stimmen im Studio aufgenommen werden müssen.
Auch wenn sie uns so selbstverständlich sind und wir kaum darüber nachdenken, unsere Stimmen sind sehr komplex und äußerst unterschiedlich.
Grundsätzlich hängt die Tonhöhe von der Länge der Stimmbänder ab, üblicherweise sind die von Männern länger und erzeugen einen Grundton der irgendwo zwischen 120 und 160 Herz liegt. Die Stimmbänder von Frauen und Kindern sind kürzer, sie erzeugen Grundtöne von 220 bis 330 Herz. Das was aber die Verständlichkeit der Sprache ausmacht, liegt deutlich höher, in den Oberwellen. Bei 3-5000 Herz je nach Stimme.
Wie bei einem Musikinstrument übernehmen die Resonanzräume (beim Menschen z.B. Brustkorb oder der Rachenraum dann die Verstärkung und Ausformung des Klanges. Da unser Gehör besonders sensibel ist für Stimmen, das hat die Evolution so eingerichtet, liegt unsere stärkste Frequenzabhängigkeit in dem Bereich wo sich die Oberwellen der Stimmen bewegen.
Besonders gut eignen sich für die Aufnahme von Stimmen Mikrofone, die genau in den angesprochenen Frequenzbereichen besonders neutral arbeiten. Kondensatormikrofone sind hier zu bevorzugen. Mikrofone, die eine Präsenzanhebung bei 5,6 KHz haben bergen das Risiko in sich, dass man mit Zischlauten zu kämpfen hat.
Was die Aufnahme von Bässen angeht, so sind Mikrofone mit Kugelcharakteristik unübertroffen. Man kann natürlich auch mit den beliebten Nieren-Charakteristika arbeiten, -doch je enger der Aufnahmewinkel wird, desto weniger Bässe kann das Mikrofon aufzeichnen.
Doch nicht jedes Mikro mit Kugelcharakteristik ist geeignet. Unter anderem verfügen Lavalier-Mikrofone in der Regel über eine Kugelcharakteristik. Für Studio Sprachaufnahmen sind die kleinen Ansteck-Mikrofone jedoch nicht zu empfehlen, sie beschneiden den unteren Frequenzbereich sehr und haben auch meist nicht so eine hohe Präsenz.
Die Größe des Mikrofons hat in der Regel keinen Einfluss auf die Qualität, auch wenn einem das manche Hersteller suggerieren wollen.
Räume und Zubehör
Aufnahmeräume oder Kabinen für Stimmenaufnahmen sollten gut gedämmt sein, Reflektionen sollten nur minimal sein. Selbstverständlich gibt man den Sprechern oder Sängern das Mikrofon nicht in die Hand sondern man verwendet eine Mikrofonspinne und ein Mikrofonstativ oder eine sonstige Befestigung (Mikrofonklemme). Die Mikrofonspinne oder auch Shock-Mount genannt, schützt von Tritt- und Körperschall.
Hat das Mikro eine Richtwirkung und ist nicht weit vom Mund entfernt, wird ein Pop-Schutz benötigt. Das ist ein mit Gaze bespannter Ring, der den Luftdruck mindert. Notfalls kann man auch einen Korbwindschutz verwenden. Der Pop-Schutz ist in jedem Fall einem Korbwindschutz oder Schaumwindschutz vorzuziehen, das letztere durch ihre Konstruktion die Frequenzen mehr verändern als ein Pop-Schutz.
Man sollte immer nur so viel Windschutz verwenden, wie unbedingt nötig. Dies sollten sich auch Videoteams überlegen, die selbst in windstillen Innenräumen nicht nur Korbwindschutz sondern auch gleich noch den Windjammer (Fell) mit verwenden. Sie verzichten damit unnötig auf wertvolle Toninformationen.
Das Mikrofon sollte nicht zu nah und nicht zu weit vom Sprechenden entfernt sein. Etwa 25 cm Mindest- und ca. 35 cm Höchstabstand sind hier Richtwerte.
Pegelschwankungen
Bei der Aufnahme auch professioneller Sprecher zeigen sich häufig Lautstärkeschwankungen. Das liegt in der Natur der Texte, ihrer Betonungen, oder bei Gesangsaufnahmen den verschiedenen Elementen innerhalb eines Songs. Oft sind diese Pegelunterschiede auch dramaturgisch bedingt. Für die optimale Verständlichkeit und Klarheit sind allerdings zu starke Pegelschwankungen unerwünscht.
An dieser Stelle gibt es geradezu theologische Auseinandersetzungen unter den Tonmeistern. Während die einen durchaus den
Gebrauch eines Kompressors im Aufnahmealltag befürworten, verteufeln ihn die Anderen und setzen auf eine fortgeschrittene Mikrofontechnik bei den Sprechern oder Sängern.
Ein Kompressor hat die Aufgabe, den Dynamikumfang des Audiomaterials zu reduzieren. Besonders laute Stellen werden leiser, besonders leise Stellen, lauter gemacht. Je nachdem, wie sensibel man hier mit den Einstellungen umgeht, kann ein Kompressor nützlich sein ohne das Audiomaterial zu verunstalten.
Der Grad der Kompression wird als Faktor angegeben (Ratio). Der Faktor 1:1 bedeutet, dass überhaupt nichts verändert wird, bei einer Einstellung von 4:1 werden die lauten Stellen auf ein Viertel reduziert. (Darüber hinaus stellt man auch die Ansprechzeit (Attack) relativ kurz und den Übergang danach, die Abklingphase (Release) relativ lang ein.
Mit der Mikrofontechnik der Sprecher ist gemeint, dass diese um Lautstärkeschwankungen auszugleichen sehr organisch den Abstand zum Mikrofon oder den Einsprechwinkel verändern. Tonangler machen nichts Anderes, wenn sie starke Lautstärkeunterschiede am Filmset ausgleichen müssen. Das kann man vor allem dann nutzen, wenn die Sprecher damit umgehen können und wenn man Gelegenheit hat, dies zu Proben. In Situationen die nicht vorhersehbar sind, Live, Talk etc. kann sich der Einsatz eines leichten Kompressors als sinnvoll erweisen.
Frequenzen
Im Idealfall sollte das Zusammenspiel von Mikrofon und Sprecher schon sehr gute Ergebnisse erzielen. Trotzdem ist es oft sinnvoll, an den Frequenzen noch etwas zu optimieren. Oft kann die Anhebung bestimmter Frequenzbereiche einer Stimme mehr Präsenz und Kraft verleihen. Wenn man mit einem Equalizer gezielt, je nach Stimme zwischen 2000 und 5000 Herz eine leichte Anhebung vornimmt, wird die Stimme häufig deutlicher. Zudem kann man auch im Tiefenbereich manchmal durch Anheben der Resonanzfrequenz der Stimme mehr Fülle verleihen. Allerdings kann man nur verstärken, was vorhanden ist, wo nicht klingt, verstärkt der Equalizer sonst nur die Hintergrundatmo oder das Grundrauschen. Bei all dem ist hohe Sensibilität gefragt, sonst klingen die Stimmen künstlich, oder gar blechern.
Und dabei sollte man sich auf seine Ohren und natürlich hochwertige Abhör-Monitore verlassen. Wer nur mit dem winzigen PC-Lautsprecher abhört, weiß eigentlich überhaupt nichts über die Klangqualitäten seiner Aufnahmen.