Einen Tag lang über die Zukunft von Kino und Festivals nachdenken? Im Kulturzentrum LUISE kamen Kino,- und Festivalmacher*Innen zusammen. Vertreter*innen der Münchner Film- und Festivallandschaft waren vom Verein "Filmstadt München" eingeladen, über "Mehr Filmkultur für Alle!", über Erfahrungen, Perspektiven und Ideen für die Zukunft zu diskutieren.
Filmstadt München ein Verein zur Förderung der Filmkunst mit langer Tradition (begründet 1979), hat die Veranstaltung organisiert, die die Zukunft von Kino und Festivals in den Mittelpunkt des Symposions gestellt hat. Das Kulturreferat der Landeshauptstadt München unterstützt Filmstadt München dabei, Impulse zu geben und Strukturen zu entwickeln, um die Filmlandschaft in München zu erhalten und zu bereichern. Auf verschiedenen Panels wurden Fragen diskutiert, die nicht nur angesichts der aktuellen Verwerfungen in der Welt, von großer Bedeutung sind für den Erhalt der Filmkultur.
Panel 1
So ging es etwa um neue und alte "Orte für Kino & Kultur in München". Dunja Bialas (UNDERDOX), Clara Holzheimer (Kulturzentrum LUISE), Christian Pfeil (Arena Kino | Kino Monopol | Rio Filmpalast), Veronika Faistbauer (Popup Sommerkino) und Katharina Wolfrum (Kulturreferat LH München) diskutierten darüber, was man den Bedrohungen des Kinos durch steigende Mieten und Energiekostenm sowie die Konkurrenz durch Streaming-Dienste und mehr, entgegensetzen könne. Wie kann man angesichts sinkender Zuschauerzahlen die Spielstätten und Events für die Münchner erhalten? Wie kann das Kino als Ort an dem Filmkunst leuchtet, bewahrt werden? Wie verhindert werden, dass diese wichtigen Orte des Austausches, die die Innenstädte lebendig halten, verschwinden, weil sie nicht mehr wirtschaftlich sind. Müssen sie überhaupt wirtschaftlich sein oder ist es an der Zeit, sie ähnlich wie die Theater als Kulturinstitution kontinuierlich zu unterstützen? Die Stadt will sich nicht allzusehr kommitten, man sieht irgendwie und sehr diffus alle in der Verantwortung die Kinos zu retten. Dabei kam auch einmal mehr die Idee eines Kommunalen Filmhauses mit professionellen Kinosälen zur Sprache, welche Christian Pfeil als Betreiber doch eher kommerzieller Kinos gar nicht befürworten mochte.
Panel 2
Darüber, wie man mehr Menschen der Stadtgesellschaft ermöglichen kann, an Filmfestivals in der Stadt teilzunehmen diskutierten Maximilian Dorner (Kulturreferat LH München), Linus Einsiedler (flimmern&rauschen | KINO ASYL), Modupe Laja (Eine Welt Haus | ADEFRA München), Denijen Pauljevic (Bellevue di Monaco) und Tuncay Acar (Real München).
Buchvorstellung und Werkstattgespräch
Zwischen den Panels stellte Tanja C. Krainhöfer das gemeinsam mit Joachim Kurz herausgegebene Buch "Filmfestivals – Krisen, Chancen, Perspektiven“ vor und sprach mit Sanne Kurz (MDL Bündnis 90/Die Grünen | Sprecherin für Kultur und Film) darüber, was sie in ihrer Forschung über Filmfestivals in Deutschland und deren Anpassungen an die Pandemie herausgefunden habe. Tanja Krainhöfer berichtete von ihrer Forschungsarbeit rund um Filmfestivals und nannte erstaunliche Zahlen. Etwa 470 Filmfestivals gäbe es über das Jahr in Deutschland und in manchen Monaten seien diese besonders gehäuft. Sie empfehle den April für neue Festivalgründungen, da sei die Termindichte etwas geringer als in den übrigen Monaten.
Etwa 650 Kinostarts gibt es in Deutschland. Der Marketingaufwand sei enorm und es böte sich an, eine strategische Auswertung über Festivals möglich zu machen. Jedes Jahr gibt es 150 Filme mit weniger als 10000 Zuschauern. Besser wäre es, solche Filme auf Festivals zu zeigen, doch leider erfasse die FFA noch immer nicht die Zuschauer von Festivals.
Über die Wege der Filmfestivals in die Online-Plattformen während der Pandemie wusste sie so manche Besonderheit zu berichten. Das Buch sei auch gedacht als Erfahrungsbericht um voneinander und mit den gemachten Learnings gemeinsam zu profitieren.
Panel 3
Über die Zukunft von Filmfestivals und Filmkultur in München diskutierten Sanne Kurz (MDL Bündnis 90/Die Grünen | Sprecherin für Kultur und Film), Christian Pfeil (Arena Kino | Kino Monopol | Rio Filmpalast), Adele Kohout (Stellvertretende Festivalleitung DOK.fest München), Sylva Häutle (German Films | Festival Relations) sowie Christoph Gröner / Julia Weigl (Filmfest München). Nicht jeder auf dem Panel dachte aktiv über die Zukunft des Kinos und der Festivals nach. So war etwa Christian Pfeil, mit dem Status Quo recht zufrieden und grätschte nur dazwischen, wenn der Wunsch nach einem kommunalen Filmhaus geäußert wurde. Diese würden eben leider doch kommerzielles Programm machen und damit zur subventionierten Konkurrenz für die kommerziellen Kinos werden. Pfeil würde es begrüssen wenn sehr viele Filme gar nicht das Kino suchen würden, sondern auf Festivals laufen würden. Umgekehrt sei längst nicht jeder Festivalerfolg auch ein Kinoerfolg.
Adele Kohout hob hervor, wie die Online-Stream Variante des DOK.festes ganz neue Zuschauerkreise erreichen würde und dass damit die Zugänglichkeit zum Film deutlich besser geworden sei. Das DOK.fest wolle nicht das Publikum bevormunden. Wenn sie nicht ins Kino gehen wollten, dann schauten sie eben online in der digitalen Welt.
Christoph Gröner (Künstlerischer Leiter des Filmfests München) berichtete, dass die zwei Corona-Krisenjahre für das Münchner Filmfest mit vielen Learníngs verbunden waren. So habe das Festival gelernt, sich zu öffnen. Man wolle mehr kooperieren, wie etwa unlängst mit der bayerischen Staatsoper,- das sei die wichtigste Änderung. Und bei allen Online Erfolgen hob er noch einmal hervor, dass Kino immer auch die soziale Erfahrung mit sich brächte, miteinander zu schauen und über das Gesehene zu sprechen. Das Filmfest sei auch auf unterschiedliche Weise digital, doch er könne sich nicht vorstellen, wie das gemeinsame Seherlebnis online funktionieren solle. Was er im Deutschen Film vermisse, sei eine Kultur des Scheiterns. Dass jeder fürs Kino gedachte Film mit 30 Kopien ins Kino müsse, wegen der Förderung, sei ein Unding. Es müsse möglich sein, dass Filme auch scheitern und vielleicht gar nicht oder mit nur wenigen digitalen Kopien in die Kinos kämen.
Silvia Häutle von German Films bestätigte, dass es zu viele deutsche Filme pro Jahr gäbe, dies sei auch ein Qualitätsproblem. Wer entscheide, was gemacht wird? Da müsse sich sehr viel ändern.
Die Veranstaltung bot sicherlich nicht mit allen Beiträgen einen Ausblick auf die Zukunft, sie hat vor allem die Gegenwart von Kino und Festivals, von zu vielen deutschen Kinostarts und mangelnder Wahrnehmung der Filmfestivals als Abspielplattformen nicht nur in München beleuchtet. Und sie hat einmal mehr gezeigt, wie viele Menschen den Film, das Kino und die Filmfestivals lieben und darum ringen, diese in München und auch sonst überall lebendig zu halten.