Zu den noch heute gängigen Schauspiel Methoden gehört die Meisner Methode. Was steckt dahinter, was kann man damit bewirken? Schauspielmethoden, wie die von Stanislawski oder Chekhow werden gerne nach den Schauspiellehrern benannt, die sie vertreten haben, so ist es auch bei den Konzepten des Amerikaners Sanford Meisner. Seine ab den 30 er Jahren des 20ten Jahrhunderts entwickelten Ideen zielen darauf ab, mehr Spontanität und glaubwürdige Reaktionen im Spiel zu ermöglichen. Für das Theater und vor allem für den Kinofilm. Die Idee, dass Schauspieler*Innen auf das reagieren, was gerade in der Situation geschieht, steht im Zentrum seiner Methode. Schauspieler sollen damit lernen, organisch und wahrhaftig auf ihre Mitspieler zu reagieren, statt erprobte Handlungsabläufe und einstudierte Emotionen abzuliefern.
Grundideen
Was sind nun die Methoden, durch die Meisner mehr Wahrhaftigkeit in die schauspielerische Umsetzung von Szenen bringen möchte? Nun ganz gleich, ob auf der Theaterbühne oder auf dem Filmset, Schauspieler*Innen haben grundsätzlich ihre Rollen einstudiert und wissen natürlich schon vorher, was ihre Spielpartner*Innen sagen werden und was sie darauf erwiedern werden. Und sie wissen, wie sie emotional an welcher Stelle einer Szene wie reagieren werden. Hier setzt die Meisner Methode an.
Der Moment soll erlebt werden
Die Schauspieler*Innen sollen in die Lage versetzt werden, den Moment zu leben und wahrhaftig aufeinander zu reagieren.
Beobachtung
Schauspieler trainieren, ihre Umgebung und ihre Partner, auch deren Körpersprache präzise zu beobachten und auf alles, was sie beobachten oder hören, zu reagieren. Die Reaktionen sollten ergebnisoffen und spontan sein.
Wiederholungen neu erfahren
Eine der Übungen von Meisner für die Textarbeit zielt darauf ab, dass jede Wiederholung dennoch anders ausfallen kann. Dazu wiederholen zwei Schauspieler abwechselnd ein und denselben Satz, aber jeweils mit anderem Ausdruck, anderer Betonung. Zum Beispiel: "Es war einfach zuviel". Der jeweils Andere reagiert dabei jeweils unterschiedlich auf die verschiedenen unterschiedlichen Nuancen. Auf diese Weise konzentrieren sich die Schauspieler viel stärker darauf, auf die jeweils in der Situation vorhandene Veränderung im Reagieren ihrer Spielpartner zu reagieren, statt eingeübte und vorhersehbare Antworten zu geben.
Emotionale Wahrheit
Wie auch bei anderen Schauspieltechniken befasst sich dieser Teil der Methode damit, eine emotionale Wahrheit im Schauspiel herauszuarbeiten. Schauspieler sollen Emotionen nicht spielen oder darstellen, sondern wahrhaftig erleben und zum Ausdruck bringen.
Unabhängigkeitstraining
Hier sollen Schasupieler*Innen erlernen, nicht auf sich selbst zu achten sondern auf ihre Spielpartner*Innen. Sie lernen es, ihre eigenen Gefühle und Gedanken auszublenden und auf die Gefühle und Gedanken der anderen zu achten.
Imagination und Emotionalisierung
Schauspieler trainieren mit Hilfe ihrer Vorstellungskraft emotionale Situationen zu kreieren und darin authentische Reaktionen zu entwickeln. Dabei ist es gleich, ob es sich um erinnerte Geschehnisse oder erdachte Situationen handelt, im Zentrum stehen jeweils die Emotionen.
Persönliche Verbindung
Schauspieler sollen eine persönliche Verbindung zu den Filmfiguren, die sie verkörpern, aufbauen, indem sie ihre privaten, individuellen Erfahrungen und Gefühle mit die diese Verkörperung des Charakters einbringen.
Aktive Beziehungen
Für Meisner sind die Beziehungen zwischen den Rollenfiguren sehr wichtig. Deshalb sollen Schauspieler auf die Gefühle der jeweils anderen Mitspieler*Innen eingehen, auf ihre Wünsche und Bedürfnisse reagieren und glaubwürdige Beziehungen vor der Kamera herstellen.
Diese Beispiele zeigen deutlich, dass es bei Meisner sehr um das Zusammenwirken und aufeinander reagieren im Moment der Situation geht. Seine Methode ist sehr praxisorientiert und sie bindet gleichzeitig die Erfahrungen der Schauspieler*Innen mit in das Spiel ein. Schauspieler können damit glaubwürdige und lebendige Momente schaffen.
Jede Schauspiel-Methode birgt in sich ein großes Potenzial für Fehler oder Missverständnisse. So hat auch diese nicht nur Stärken sondern auch Schwachpunkte. Vielleicht ist es auch der falsche Begriff, denn viele Probleme resultieren aus falscher Umsetzung von Schauspielmethoden. Oder anders ausgedrückt, sie ist nicht für Jeden gleichermaßen gut geeignet. Es hängt sehr davon ab, welche Persönlichkeit die jeweiligen Schauspieler haben, ob die Methode für sie geeignet ist.
Schwächen
- Der starke Fokus auf intensive emotionale Wahrhaftigkeit verlangt Schauspielern viel ab, nicht jeder möchte sich da so stark verausgaben.
- Ein falscher Einsatz der persönlichen Emotionen kann nicht authentische oder übertriebenen schauspielerische Leistungen zur Folge haben.
- Schauspieler, die sich zu sehr in die Emotionsebene hinein versetzen, zu intensiv in den Filmfiguren leben und mit anderen Filmfiguren interagieren, können sich da im Negativfall auch verlieren. Eine intensive Betreuung durch Schauspielcoaches, Lehrer oder Regiesseure ist hier also sinnvoll.
- Die Methode zu beherrschen erfordert einen hohen Zeiteinsatz. Es ist nicht mit ein, zwei kurzen Übungen getan, zu erlernen, wie man natürlich, spontan und authentisch auf das Geschehen und das Gesagte in Szenen zu reagieren.
- Wenn einer der beiden oder mehrere Spielpartner*Innen sich zu sehr auf sich selbst konzentrieren, wie er/sie sich fühlt oder wirkt, statt auf die Anderen zu achten und die Situation authentisch zu erfahren, dann können auch die übrigen, die sich an die Meisner Technik halten, nicht so authentisch bleiben.
- Nicht jedes Sujet, jedes Drehbuch eignet sich für die Anwendung der Meisner Methode. Insbesondere bei schnellen Dialogabfolgen wie sie etwa bei Komödien vorkommen, funktioniert sie weniger gut.
- Schauspieler, die mehr an die Hand genommen werden möchten, vermissen bei der Methode möglicherweise klare Strukturen und Systematiken, sie ist recht offen gehalten, es gibt keine Richtlinien, die man abarbeiten könnte.
Zu den prominenten Schauspieler*Innen, die mit der Meisner Methode arbeiten bzw. arbeiteten, gehören u.a. Robert Duvall, Diane Keaton, Grace Kelly, Gregory Peck, Jeff Goldblum, Sandra Bullock, Philip Seymour Hoffman.