Animierte Puppentrickfilme sind trotz CGI nicht tot zu kriegen, kein Wunder, weil sie in der Anmutung etwas ganz Besonderes haben. Man denke nur an solche Klassiker wie "Rudolf das Rentier mit der roten Nase", "Negative Space", "Fantastic Mr. Fox", "Coraline", "Nightmare before Christmas", "Isle of Dogs" oder "Corpse Bride". Doch wie baut und gestaltet man seine eigenen Puppen für einen Animationsfilm?
Sie sind die Hauptdarsteller*Innen und wollen sorgfältig gestaltet sein. Filmpuppen für Stop-Motion Filme sind zumeist kleine Kunstwerke, das müssen sie auch sein, weil es ja Spaß machen soll, ihnen bei ihren animierten Abenteuern zuzuschauen. Im Gegensatz zu an Fäden geführten Marionetten a la Augsburger Puppenkiste oder Hand,- oder Stockpuppen, wie man sie aus der Muppets-Show kennt, werden die Puppen in Animationsfilmen nicht in Echtzeit von Hand geführt.
Sie werden, so wie bei Knetfiguren, in unzähligen kleinen Schritten Bild für Bild ein wenig weiter bewegt, um im späteren Film flüssige Bewegungen zu erzielen. Puppen ermöglichen es, Fantasiewelten zu kreieren, die irgendwo zwischen Märchen, Theater und Spielzeugfiguren angesiedelt sind. Wie so oft sind es gerade die Abstraktion, die Stilisierung, die Übertreibung, welche zu ganz besonders herausragenden Ergebnissen führen. Bei Stop Motion Puppen kann man deshalb seiner Fantasie freien Lauf lassen, allerdings nicht, ohne ein paar Grundregeln für den Puppenbau zu berücksichtigen.
Die Puppen solten möglichst beweglich sein und eine sinnvolle Größe haben, welche für den Mindestabstand der meisten Objektive Objektive geeignet ist. Dabei haben sich Maßstäbe gegenüber realen Menschen von 1:8 bis 1:10 als sinnvoll erwiesen. Die Figuren sollten also zwischen 20 und 30 Zentimeter groß sein. Davon kann man dann ableiten, wie groß der zu modellierende Kopf und wie groß der Körper und die Gliedmaßen sein müssen. Natürlich kann man bei Fantasiefiguren durchaus auch etwas übertreiben, doch die grundlegenden Proportionen sollte man schon einhalten. So gilt als grobe Richtlinie, dass der menschliche Körper von Kopf bis Fuß ungefähr so groß ist wie sieben bis acht Köpfe.
Aufbau
Es kann also nichts schaden, erst einmal seine Figuren zu zeichnen und dabei die ungefähren Proportionen festzulegen. Davon kann man dann ableiten, wie groß die Köpfe und wie groß der Körper werden muss. Grundsätzlich werden der Kopf, oft auch Hände und Füße mit Modelliermasse gestaltet.
Der Körper besteht aus einem Draht,- oder Metallgerüst welches gepolstert wird. Das Metallgerüst ist mechanisch aufwändig, besteht aus einer Vielzahl von Gelenken und bietet sicherlich die beste Stabilität. Diese ähneln denen, wie man sie etwa bei Löthilfen, sogenannten "Helping Hands" findet. Diese kann man durchasu verwenden und mit etwas handwerklichem Geschick zu entsprechenden Armaturen umbauen. Es gibt aber auch fertige Armaturen im Onlineversand zu kaufen, die können durchaus drei,- vierhundert Euro kosten. Man findet sie unter dem Stichwort "Stop-Motion-Armature-Kit" bei den einschlägigen Einkaufsquellen.
Alternativ kann man auch mit Draht arbeiten, vorzugsweise Basteldraht, so genannter Aluminiumdraht (Querschnitt 1-2mm). Ähnlich wie ein menschliches Skelett baut man mit dickem Draht (2mm) eine Art Wirbelsäule, Arme und Beine und mit etwas dünnerem Draht (1 mm) die Hände, Finger und Füße. Das Gerüst, auch Armatur genannt, sorgt für die nötige Stabilität und Beweglichkeit. Der Drahtaufbau muss so gewählt sein, dass ein gewisser Widerstand da ist, damit sich die Arme und Beine nicht zu leicht versehentlich verstellen.Damit sich die Drahtgestelle nur an den Stellen biegen lassen, an denen auch Menschen oder Tiere Gelenke haben, kann man dünne Kupferröhrchen dort anbringen, wo Unter, oder Oberschenkel, Unterarm oder Oberarm sitzen. Damit wird sichergestellt, dass der Draht sich dort nicht biegt.
Hilfreich sind auch Gewindeblöcke als Verbindungselemente für die Drahtarmaturen. Damit kann man für die Schultern, das Becken und die Füße kleine Aluminiumblöcke mit Gewindebohrungen verwenden, in welche dann die Drahtverbindungen eingeschraubt werden. Drahtenden kann man auch mit Hilfe von Epoxyharz mit anderen Materialien verbinden. Manche Puppenbauer arbeiten auch mit leichtem Balsaholz und sägen daraus Blöcke zusammen, in welche man die Aluminiumdrähte einsetzen kann. Ganz gleich, wofür man sich entscheidet, wichtig ist, dass die Gelenke des Gerüsts sehr schwergängig sind, um die gewünschten Positionen und Posen zuverlässig halten zu können.
Polstern
Im nächsten Schritt muss das Drahtgerüst eine gewisse physische Körperlichkeit bekommen, sprich ausgepolstert werden. Dafür eignen sich unterschiedliche Materialien. Schaumstoff, Polsterschaum, Filz, Mullverband oder Latex kann man verwenden und nach und nach in verschiedenen Schichten aufeinander aufgebracht werden bis die gewünschte Körperlichkeit erreicht ist. Auch Heißkleber kann die Arbeit unterstützen. Man muss dabei sorgsam vorgehen, schließlich darf die Beweglichkeit der Figur dadurch nicht eingeschränkt werden.
Ein schwieriger Punkt ist die Stabilisierung der Figur. Damit sie nicht umfällt, braucht sie eine dünne Stabilierungsplatte auf der sie steht (Schwere Basisscheiben aus Stahl mit Gewinde) oder die Möglichkeit, sie in den gewünschten Kulissen am Boden festschrauben zu können.
Köpfe
Die Köpfe (samt Hals) erfordern natürlich viel Sorgfalt, schließlich repräsentieren sie den Charakter der Figur und erlauben Wiedererkennung und Unterscheidbarkeit. Man kann sie natürlich, wie bei den klassischen Marionetten, die wir im Museum "La Fabbrica Des Vedere" in Venedig entdeckt haben, aus Holz schnitzen. Feiner und vielseitiger ist es aber, diese zu modellieren. Hierfür wird Modelliermasse, die man leicht verformen kann verwendet. Hier gibt es sowohl Masse, die an der Luft trocknet (z.B. Lufttrocknender Bastelton oder Polymer Clay) als auch solche, die im Backofen (FIMO soft in Pastell Farben) gefestigt wird. Wichtig ist, dass man in den Kopf auch Befestigungselemente einarbeitet, mit denen dieser dann am Drahtgerüst befestigt werden kann. Das kann ein Rundhaken oder Draht sein.
Beim Modellieren helfen entsprechende Modellierstäbe aus Kunststoff oder Holz. Ganze Sets gibt es schon für unter 20,- Euro. Die Köpfe können dann, wenn sie getrocknet sind, mit Hautfarbe etc. bemalt werden. Die Haare, Bärte und Augenbrauen können aus unterschiedlichsten Materialien entstehen, das hängt natürlich sehr vom Stilisierungswillen und der eigenen Fantasie ab. Von Pinselborsten über Wollfäden und Packpapier, vermischt mit Latex kann man so ziemlich alles verwenden, was der Figur dienen könnte. Natürlich kann man diesen Materialien auch mit Pinsel und Farbe weitere Gestaltung zukommen lassen.
Die Augen werden oft aus anderen Materialien gefertigt, um sie realistischer wirken zu lassen und auch um verschiedene Zustände, wie offene, halboffene und geschlossene Augen erzählen zu können. Hierfür müssen also passende Öffnungen in den Köpfen geschaffen werden, in die man z.B. kleine Augen aus Glas einsetzen kann. Wenn die Figuren in der Animation auch sprechen sollen, muss man auch entsprechende Öffnungen für unterschiedliche Münder im modellierten Kopf frei lassen.
Inzwischen gibt es auch fertige Dateien um Köpfe, Hände und Füße in 3-D Druckern auszuprinten. Verschiedene Firmen, darunter die tschechische Firma "Marionettes" bieten sogar fertige Figuren, Printdateien etc. an. Die sind allerdings nicht ganz billig und eigentlich überlässt man die Kreativität Anderen.
Kleidung
Kleider machen Puppen,- so wie der Kopf sind natürlich auch die Kleider, mit welchen man die Puppen anzieht, wichtige Hilfsmittel zur Charakterisierung. Für die meisten Puppenbauer ist es eine Frage der Ehre, dass man die Kleidung der Puppen selber näht. Das erlaubt die größten Gestaltungsmöglichkeiten. Dafür braucht es Jemand, der nähen und mit einer Nähmaschine umgehen kann. Alternativ kann man auch im Spielzeughandel oder online bei Kleinanzeigen nach Puppenkleidung suchen, die dann natürlich weniger individuell gestaltet ist.
Damit auch die Kleidung Phase für Phase konstant bleibt, kann man mit "Fabric Stiffener & Draping Liquid" nachhelfen, welcher Stoffe und Borten formt und versteift. Bei den Schuhen kann man durchaus mit Modelliermasse formen und diese dann bemalen.
Die Herstellung dieser Puppen ist sehr aufwändig und verlangt viel Sorgfalt und Fantasie. Kein Wunder, dass es professionelle Puppenbauer gibt. Wenn man dann noch eine starke Story, tolle Kulissen, professionelle Beleuchtung und präzise Animation zusammenführt, können richtig tolle kleine Trickfilme entstehen. Und wann legt Ihr damit los?