Kader
Wie Ihr es auch dreht und wendet und wie sehr Ihr auch versucht, es den Zuschauer vergessen zu machen: Eure Filmbilder haben, außer bei Virtual Reality, zu allen vier Seiten Grenzen. Das einzelne Bild und seinen Ausschnitt nennt man übrigens auch Kader. Der Begriff Kadrage kommt aus dem französischen und bedeutet Rahmen. Und weil der Film Ende des 19ten Jahrhunderts unter anderem in Frankreich erfunden wurde und man zu dieser Zeit auch im übrigen Europa gerne französische Begriffe verwendete, setzte sich das Wort bei uns durch. Im Angloamerikanischen Sprachraum verwendet man "Framing".
Gemeint ist unter anderem, wie das Bild gestaltet wird, also nicht nur das Bildformat (Höhen-Seitenverhältnis) sondern auch den Bildausschnitt und die Bildkomposition.
Wahrnehmungsforscher, Psychologen, Werbestrategen und Künstler erforschen unermüdlich, wohin sich das Auge wann und warum orientiert. Worauf fällt unser Blick zuerst, wo verlässt er das Bild wieder? Dafür werden in der modernen Wahrnehmungsforschung Eye-Tracking Systeme verwendet. Was empfinden Menschen als harmonisch, was als unausgewogen? Fragt man Kameraleute, so werden diese über ihre zumeist intuitive Gestaltung des Ausschnitts wenig sagen können. Man hat das im Gefühl, wie viel Luft man über den Köpfen lässt und in welchem Teil des Bildes man die Darsteller hält.
Bei einer Nahen sollte stets in einem gewissen Verhältnis Luft über den Köpfen sein. Es sieht unschön aus, wenn der Kopf den oberen Bildrand berührt. Anders die Großaufnahme, hier würde es eher merkwürdig aussehen, wenn man das Gesicht so bildfüllend und dann oben noch Luft sehen würde. Wir wollen dennoch versuchen, relative Gesetzmäßigkeiten aufzuzeigen, die man erlernen und anwenden kann. Dabei gibt es allgemeine Gesetze und solche, die abhängig vom Bildseitenformat sind. Absolute Regeln kann und soll es hier nicht geben.
Grundregeln
Grundsätzlich suchen die Augen des Zuschauers zunächst einmal die Mitte eines Bildes. Doch das bedeutet nicht, dass man diese Vorgabe auch erfüllen sollte. Häufig ist es für das Auge reizlos oder langweilig, bildwichtige Elemente, beim Film in der Regel die Darsteller, genau an diesem erwarteten Punkt vorzufinden. Vielleicht ist es sogar interessanter, Spannungsfelder innerhalb des Bildaufbaus zu erzeugen, und gerade gegen die Seherwartung zu kontrastieren. Werden bildwichtige Personen oder Objekte außerhalb der Mitte positioniert, ohne jedoch die Bildbalance zu verlieren, erhält das Bild mehr Spannung.
Theorien
Die Balance der Elemente im Bild, abhängig von ihrer Auffälligkeit durch Größe, Form und Farbe, aber auch durch psychologische Wichtigkeit innerhalb der Filmgeschichte, spielt hier eine große Rolle. Das bildwichtige Element sollte im Gleichgewicht mit den übrigen auffälligen Elementen im Bild sein.
Schlechte Komposition der Bildinhalte kann es erschweren, rasch das bildwichtige Element wahrzunehmen, kann verwirren oder auch Langeweile auslösen. Kameraleute erspüren ihre Positionierung, ihre Kadrage zumeist intuitiv, dennoch gibt es auch Theorien, die mehr auf Rechenschieber und Dreieck abzielen.
Das dritte Beispiel ist der legendäre "Goldene Schnitt", nach dem Künstler seit Jahrtausenden bereits ihre Bilder gestaltet haben. Interessanterweise hat es sich bis heute eine Gültigkeit bewahrt, abwohl es natürlich durchaus auch Brüche mit dieser Regel gibt. Ein Beispiel für eine gegenläufige Bildkadrage ist "The Royal Tennenbaums" (Regie: Wes Anderson. USA 2002).
Es gibt also eine ganze Reihe von Theorien, die aber eigentlich fast alle das Gleiche besagen. Man soll bildwichtige Elemente nicht in der Bildmitte platzieren, sondern eher auf den Trennlinien eines gedrittelten Bildes. Horizontlinien sollten übrigens ebenfalls danach auf der oberen oder unteren waagerechten Teilungslinie platziert werden, aber keinesfalls in der Mitte, sonst wird das Bild uninteressant.
Die Kadrage, oder das Framing sind also entscheidende Gestaltungsmittel beim Film, sie prägen die Vision, die man von einem Film hat und werden hauptsächlich von Regie und Kamera verantwortet.