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Pornografie 4000

 

Nein, es waren nicht allein die Kunst, die Kreativität, welche technischen Fortschritt in den Medien voran getrieben haben. Es waren auch massive moralische Tabubrüche.

Kein einfaches Thema, schließlich ist es für die meisten Menschen mit einer gewissen Scham behaftet, denn es geht um Sexualität, einen Lebensbereich der aus guten Gründen in allen Kulturkreisen tabuisiert ist. Die schieren Zahlen, wie viele Filme pornografischen Inhalts jemals entstanden sind und tagtäglich angesehen werden, machen das Phänomen dennoch unübersehbar.

Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 30 % der Inhalte im weltweiten Web pornografischer Natur sind. Entsprechende Videoplattformen registrieren 20-30 Milliarden Besucher*Innen pro Jahr. Es scheint einen riesigen Konsum zu geben und glaubt man Kunst,- und Kulturhistoriker*Innen, dann gab es bereits vor 35000 Jahren sogenannte Venusfiguren, welche den nackten weiblichen Körper recht explizit darstellten. Höhlenmalereien, Wandgemälde, Tableaus, Schnitzereien, Töpferfiguren, Sexszenen auf Vasen, japanische Holzdrucke, frühe Bücher, sie alle belegen ein historisches Interesse an Sexualität. Der Begriff Pornografie entstand erst Mitte des 19ten Jahrhunderts in England.

 

Geschichte des Pornofilms

Es waren erste erotische Filme welche nahezu zeitgleich mit den frühesten Anfängen des Films entstanden sind. Viele davon sind nicht mehr erhalten, deshalb zählt ein Film von von Eugène Pirou und Albert Kirchner “Le Coucher de la Mariée“ von 1896 zu den ersten Filmen dieses Genres. Er zeigte Louise Willy beim Striptease. Man nannte solche Filme damals „Stag Films“ und sie wurden heimlich und zeitweise in Bordellen, aber angeblich sogar in manchen Nickelodeons gezeigt. Bereits 1899 eröffnete in Berlin das erste „Abnormitäten- und Biograph-Theater“ Kino, in welchem auch ungesittete Filme zu sehen waren. Da es bereits sehr früh öffentliche Aufrufe nach Zensur gab, waren die Vorführungen verboten, illegal und fanden in irgendwelchen Hinterzimmern statt. Ab den 20er Jahren wurden diese aber strikt verboten und die einzigen danach geduldeten Filme mit nackten Menschen dienten angeblich der biologisch medizinischen Information. Das blieb bis Ende der 60er Jahre so, als in Dänemark erste Pornokinos eröffnet wurden.

Ende der 60er Jahre haben Sex,- und Pornofilme einen großen Anteil am Gesamtvolumen der Filmindustrie vieler Länder gehabt. In Deutschland etwa entstanden unter dem Deckmäntelchen der sexuellen Aufklärung zahlreiche Sexfilme. Bereits der erste soganannte "Schulmädchen-Report" war so erfolgreich, dass er mit einer "goldenen Leinwand" ausgezeichnet wurde. Der Film hatte 1970 drei Millionen Zuschauer in die Kinos geholt. Kein Wunder, dass die Teile 2 bis 13 folgten und größtenteils sogar mit Geldern der Filmförderung finanziert wurden. Verliehen wurde viele dieser Filme übrigens von der damaligen Münchner Constantin Film GmbH. Auch wenn man in der Legendenbildung gerne den "Jungen Deutschen Film" der 60er und 70 er Jahre als wichtigen Faktor der deutschen Filmindustrie feiert, die Zuschauerzahlen haben andere Ergebnisse verzeichnet. (Es waren mehrheitlich deutsche Fernsehsender, die Goethe Institute und internationale Filmfestivals, welche den jungen Deutschen Film populär machten.) Dass Filmkopierwerke, Filmgeräteverleiher, Filmvertriebe, Filmverleiher, Kinos und viele andere Unternehmen der Filmbranche damals gut verdienten und rasch modernisiert wurden, hatte auch mit den Sexfilmen zu tun.

 

Super 8, VHS und DVD

In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts war es zunächst vor allem das Amateurformat Super 8, mit dem Pornofilme Verbreitung fanden. Gedreht wurden die Filme auf 16 und 35mm analogem Filmmaterial und herunter kopiert auf Super 8 bzw. später dann abgetastet. Ein Geschäft, welches sich übrigens auch etablierte Kopierwerke wie das damalige Bavaria Kopierwerk in München, durch Anschaffung professioneller Super 8 Kopiermaschinen nicht entgehen ließen. Der Verbrauch an Super 8 Filmmaterial war zu einem gewissen Teil durch die Verbreitung dieser Filme gesteigert. In den USA, Skandinavien aber auch in Deutschland entstanden Filmproduktionsfirmen welche die entsprechenden Inhalte drehten. Pornografie wurde zu einem großen Geschäft, welches nicht selten von der organisierten Kriminalität mitfinanziert wurde.

In den Achtzigerjahren löste die VHS Videokassette dann den Super 8 Film ab und auch hier waren die Verkaufszahlen von Videorekordern in einem signifikanten Maße durch den Wunsch geprägt, Leih,- und Kaufkassetten abspielen zu können. Dienstleister, welche Massenkopien von Videobändern herstellen konnten, verdienten nicht schlecht an der Kopierung von pornografischen Filmen auf VHS. Videotheken hatten eigene Abteilungen, die mit einer Altersbeschränkung 18 Jahre belegt waren. Dass VHS so eine Erfolgsgeschichte wurde, lag daran, dass das Format das wichtigste Medium zur Verbreitung von Pornographie wurde.

Die VHS Kassetten wurden dann von der DVD abgelöst, die fortan in den Videotheken und per Versandhandel vertrieben wurden. Auch hier zeigte sich ein ähnliches Bild, Pornographie war ein wichtiger Faktor für die Verbreitung von DVDs. Als dann allerdings die BLURay auf den Markt kam gab es bereits das Internet und die Schmudelfilmproduzenten scheuten die Mehrkosten für die höher auflösenden BLURay Scheiben. Dies war mit ein Grund, weshalb die BLURay keinen wirklichen Durchbruch mehr in den Märkten feiern konnte.

 

Internet, Zahlsysteme, Social Apps

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Pornoindustrie eine der treibendsten Kräfte beim Auf,- und Ausbau des Internets war. Pornoseiten waren mit die ersten, die über das Internet Geld verdienten. Entsprechend waren es die Pornoanbieter, welche maßgeblich Online-Bezahlsysteme notwendig gemacht und deren Entwicklung zu schnellen unkomplizierten Bezahlvorgängen vorangetrieben haben.

Das rasante Wachstum der Suchmaschinen hatte auch und insbesondere mit entsprechenden Suchanfragen zu tun. Täglich gelten 70 Millionen Suchanfragen im weltweiten Internet sexuellen Inhalten, das sind 25% aller täglichen Suchanfragen.

Die Nachfrage nach höheren Auflösungen, größeren Bandbreiten und hochwertiger Seitenprogrammierung wurde vorrangig durch die Schmuddelfirmen vorangetrieben. Ganz gleich ob HD Video oder Virtual Reality, sie wurden zuerst für explizite Filme genutzt, lange bevor sie auch in anderen Bereichen Verbreitung fanden. Die Größe vieler wichtiger Server-Anbieter orientiert sich auch an den Anforderungen der Pornoindustrie. 100 TByte Daten und rund 100 Millionen Pageviews am Tag sind für einen einzelnen Videoanbieter gar nicht ungewöhnlich.

Und die Social-Media Apps auf unseren Handys wären wahrscheinlich anders ausgefallen und weit weniger verbreitet, wenn sich nicht auch dort entsprechende Fotos und Videos verbreitet hätten.

Da etwa 7-10 % aller pornografischen Internetseiten Viren und Trojaner verbreiten, ist die Pornografie auch an der Verbreitung von Schadsoftware signifikant beteiligt. Diese stehen auch oft in Zusammenhang mit Erpressung von Internet-Usern und zahlreichen anderen Online-Delikten.

 

Schattenseiten

Die Pornofilmindustrie hat viele Schattenseiten. Sie macht Darstellungen von Sexualität in einem Alter zugänglich, welches definitiv zu jung ist, produziert in den Köpfen ihrer Konsumenten völlig falsche Vorstellungen davon, wie menschliche Sexualität zu sein habe. Sie erniedrigt Menschen auf vielfältige Weise. Sie entwertet häufig das, was Menschen, die ineinander verliebt sind, erleben könnten. Nicht selten machen diese falschen Vorbilder die eigene Sexualität von Menschen toxisch.

Durch die leichte Zugänglichkeit im Internet prägen diese Filme die Sexualität von Kindern und Jugendlichen auf eine ungute Weise, welche echte Beziehungen erschweren oder gar unmöglich machen kann. Wenn Pornografie als entscheidendes Rollen-Modell für die Sexualität junger Menschen dient, wäre es wichtig, in Schulen darüber zu sprechen, weshalb diese Filme solche Rollenmuster haben und häufig so verachtend aufgebaut sind. Es geht nicht zuletzt auch darum, zu durchschauen, wieso die Rollenverteilung in den meisten Pornofilmen so ist, wie sie ist und weshalb das mit dem wirklichen Leben nichts zu tun hat.

Es gibt viele Menschen, die Internetsüchtig sind und vornehmlich Sexseiten konsumieren. Studien berichten davon, dass diese Menschen häufiger unter Depressionen, Angstzuständen und Stress leiden und oft sozial isoliert sind weil sie keine echten Beziehungen eingehen. In vielen Fällen ist die Pornoindustrie verknüpft mit sexueller Ausbeutung, Prostitution bis hin zu Handel mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Viele technische Entwicklungen in den Medien wären ohne Sex,- und Pornofilme mit Gewissheit langsamer vonstatten gegangen, vieles ging so schnell, dass die Menschen noch nicht gelernt haben, mit den negativen Aspekten der Pornographie kritisch umzugehen.

 

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