Immer häufiger entstehen Berichte, Interviews und Reportagen mit dem Handy oder kleinen kompakten Mirrorless-Kameras. Vlogging nennt man das auch und es ist nicht mehr selten, dass Menschen eine Kamera vor das Gesicht halten, sich selbst aufnehmen und dabei etwas erzählen, kommentieren oder Andere begleiten bzw. interviewen. Worauf muss man achten?
Kameras
Häufig sind es schlichte Handys mit denen Videoblogger ihre Aufnahmen machen. Handykameras sind inzwischen sehr hochwertig, bringen aber dennoch ein paar Faktoren mit, die man berücksichtigen sollte. Zunächst einmal gefällt die zweite Handykamera, jene, mit der man sich selbst auf dem Display sehen und aufnehmen kann, den meisten Menschen ganz besonders. Allerdings sind die sogenannten vorderen Kameras in den Handys meist von schlechterer Qualität als die eigentlichen, hinteren Kameras. Hier sollte man, wenn man sich selber filmen möchte, also genauer hinschauen, wie denn die technischen Werte tatsächlich ausfallen und ggf.ein separates Display benutzen.
Auch nicht zu unterschätzen ist das Problem der Weitwinkel. Insbesondere Handykameras haben einen starken Weitwinkel, um trotz des geringen Abstands einer Armlänge bereits sinnvolle Aufnahmen machen zu können. Allerdings sorgen die optischen Gesetze dafür, dass Gesichter auf diese Weise leicht verzerrt werden. So entsteht der Eindruck einer eher breiteren Nase, welche weltweit schon viele Menschen, die in Wirklichkeit eine eigentlich schöne Nase haben, dazu veranlasst hat, sich die Nase schmaler operieren zu lassen. Ein Vorgang von sanfter Absurdität, schließlich entstellen sie sich dafür in der Realität, nur um dann auf den Aufnahmen zusammen mit der Verzerrung durch das Objektiv keine verbreiterte Nase zu haben.
Verwendet man eine Mirrorless Kamera, so ist es Sinnvoll, eine zu wählen, deren Display um 180 Grad gedreht werden kann, sodass man sich selbst im Bild sehen kann. Es kann Vorteile für die Anbringung eines Richtmikrofons haben, wenn das Display dann nicht nach oben, sondern zur Seite geklappt werden kann. Dann kann man das Richtmikrofon nämlich oben am Blitzschuh der Kamera anbringen. Im Gegensatz zu Handykameras sind die Objektive meistens hochwertiger, variabler oder gar wechselbar.
Dezidierte Videokameras sind oft etwas größer und schwerer, dafür bieten sie aber manchmal Features, welche noch hochwertigere Aufnahmen ermöglichen. Eine Blackmagic Pocket 4K etwa besitzt bereits einen professionellen Mikrofoneingang, mit dem auch echte Profimikrofone betrieben werden können. Spannend sind auch in einen Gimbal integrierte Videokameras, wie etwa die DJI Osmo Pocket Camera. Allerdings sind die Displays, wenn überhaupt vorhanden, zu klein für eine sinnvolle Bildkontrolle. Hier kann man in eine Halterung ein Handy anbringen, welches die Bildkontrolle mit minimaler Latenz (Zeitverzögerung) ermöglicht.
Griffe & Stative
Um sich einerseits gut im Bild zu haben ohne aber den eigenen ausgestreckten Arm, der die Kamera hält, im Bild zu haben, braucht man entsprechende Mini-Stative, Handgriffe oder Selfie Sticks, welche es erlauben, den Arm tiefer und im 90 Grad Winkel zur Körperachse zu halten und gleichzeitig die Kamera etwa in Augenhöhe zu führen. Selfie-Sticks sind allerdings in der Regel nur für Handys geeignet, sie besitzen selten Schraubbefestigungen für echte Kameras.
Viele Kurzstative, oder Einbeinstative, welche Videoblogger verwendet, sind eigentlich für Fotografen gedacht und alles andere als optimal für die Videoaufnahmen. Insbesondere der Griff und die Einstellmöglichkeiten lassen zu Wünschen übrig. Hier kommen erst langsam Lösungen wie der SwitchPod auf den Markt, die optimiert wurden für die Aufgaben des Videobloggens. So haben sie einen leichten Winkel, mit dem man den Abstand der Kamera zum Gesicht ein wenig vergrößern kann, was Vorteile für die Wahl der Brennweite bzw. die Reduktion von Verzerrungen hat. Außerdem kann man den SwitchPod auch als Tischstativ verwenden, was bei Videobloggern häufiger vorkommt. Integrierte Zollgewinde ermöglichen die Befestigung von Zubehör wie Mikrofonhalterung oder auch einen kleinen Bildschirm zur Bildkontrolle.
Falls die Kamera keine eingebauten Stabilisatoren hat (im Objektiv und durch den beweglich gelagerten Sensor) ist auch ein kleiner Gimbal sinnvoll, wobei dieser unter Umständen Eigengeräusche verursachen kann.
Ton
Für die Tonaufnahme gibt es inzwischen eine Vielzahl mehr oder weniger professioneller Lösungen. Da sind einmal kompakte Richtmikrofone, die man per Zubehörschuh direkt an der Kamera, meistens auf der Oberseite anbringen kann. Um Gewicht zu sparen und weil es oft auch nicht so teuer sein soll, sind die Mikrofone keine echten Kondensator-Mikrofone, sondern so genannte Elektret Kondensator Mikrofone. Das hat den Vorteil, dass sie den Strom aus einer kleinen Batterie beziehen können und leicht sind. Eine extra Box für die Stromversorgung oder ein Kleinmischpult mit Stromversorgung können so entfallen.
Nicht weglassen darf man hingegen einen geigneten Windschutz. Für Innenräume reicht in der Regel ein Schaumwindschutz, für Außenaufnahmen, gibt es kompakte Aufsteck-Windschutze und Fellüberzüge. Ohne Windschutz bekommt man ständig ploppende Windgeräusche auf den Ton.
Profis nehmen den Ton sicherheitshalber doppelt auf. Hier können kleine Ansteckmikrofone (Lavailler), die auf Minirekorder aufzeichnen, eine günstige Lösung sein. Funkstrecken sind teurer und würden dem Rig mit der Kamera unnötig zusätzliches Gewicht für den Empfänger hinzufügen. Auch hier gilt: Bei Außenaufnahmen unbedingt einen winzigen Fellwindschutz über das Ansteckmikrofon stülpen.
Ganz gleich, mit welcher Kamera, welchem Handy man dreht: Dabei sein genügt nicht, interessante Videos dreht man nicht aus der 30ten Reihe. Nur wer sich seine Themen auch wirklich erringt, sich Plätze ganz vorne sichert und Menschen auch anspricht und befragt, bringt starke Aufnahmen mit nach Hause.