So manch praktisches Hilfsmittel an modernen Filmsets wird von Jenen, die damit in Berührung kommen, sprich den Schauspielern, nicht unbedingt nur mit Begeisterung wahrgenommen. Immer wieder erreichen uns Anfragen zu diesem Thema,- nun sind wir der Sache einmal nachgegangen...
Seit einigen Jahren sind die coolen Laser-Entfernungsmesser an Filmsets in Mode, die man statt der gewohnten Maßbänder zum Erfassen der Entfernung für die Schärfeeinstellung verwenden kann. Doch längst nicht alle Schauspieler-innen fühlen sich wohl, wenn man ihnen mit diesen kleinen Energiestrahlern im Gesicht herumleuchtet. Schließlich ist es ein Unterschied, ob man auf einer Baustelle die Distanz zur nächsten Betonmauer misst oder an einem Filmset den Abstand des Kamerasensors zu den Gesichtern der Schauspieler.
Kein Wunder: Zu eindringlich waren die Berichte von Autofahrern die von Autobahnbrücken aus oder Piloten die von irgendwelchen Spinnern bei Landeanflügen auf Airports geblendet wurden und teilweise tagelange Beeinträchtigungen der Sehfähigkeit erlitten hatten. Polizisten, Fußballspieler, die Zahl der Menschen, die mit Lasern attackiert wurden, wächst stetig.
Insbesondere die Laser-Pointer, die man von Präsentationen mit Beamern kennt, tragen alle Warnhinweise, dass man sie nicht auf Menschen richten soll.
Und wer hat nicht all die verschiedenen Laserwaffen gesehen, mit denen Generationen von Bösewichten in Agentenfilmen a la James Bond 007 versucht haben, maximalen Schaden anzurichten?
Laser haben je nach Anwendungszweck, unterschiedliche Intensitäten. Auch die Farbe hat Einfluss auf die Gefährlichkeit. Will man damit Materialien zurechtschneiden, muss die Leistung sehr hoch sein und entsprechend gefährlich sind sie auch. Diese Hochleistungslaser haben die sogenannte Klasse 4. Wenn man mit derartigen Lasern arbeitet, ist sogar Schutzkleidung erforderlich und der Laser für Augen und Haut absolut gefährlich.
Lasermarkierung für Bildausschnitt
Am Rande einer Veranstaltung zum Revival des analogen Films berichtete DOP Tom Fährmann darüber, wie er die Firma Arri bei der Entwicklung verschiedener Kameras etc. beraten hat. In dem Zusammenhang hatte er auch eine Idee, welche häufige Fragen am Filmset automatisch beantwortet hätte. Als Kameramann hat er an Filmsets unzählige Male die Frage nach dem Bildausschnitt beantworten müssen.
So war seine Idee, dass die Arri-Kamera entsprechend dem verwendeten Objektiv und Aufnahmeformat automatisch per Laserstrahl den im Kamerabild sichtbaren Ausschnitt auf das Set und damit auch die Schauspieler projizieren könnte. Wenn die Kamera dies jeweils dann gemacht hätte, wenn der analoge Film weiter transportiert oder der Shutter der digitalen Arri geschlossen wäre, hätte man diese Markierungen sogar für die Aufnahme unsichtbar machen können. So hätte niemand mehr fragen müssen, was im Bild sichtbar wäre. Und sicher hätte man sehr schwache Leistungen für den Laser gewählt.
Die Recherchen von Arri in den USA, wie ein solches System dort ankommen würde, ergaben, dass die prominenten Hollywoodstars sich niemals darauf einlassen würden, sich von solch einem Laser-Rahmen bestrahlen zu lassen, womit die eigentlich gute Idee gestorben war. Die Ängste vor dem Laserstrahl sind also durchaus ernst zu nehmen.
Entfernungsmesser
Wie verhält es sich also wirklich mit den coolen Entfernungsmessern an unseren Filmsets? Grundsätzlich ist grünes Laserlicht für die Augen um ein Vielfaches gefährlicher, als rotes Laserlicht.
Diese Laser, die als Entfernungsmesser eingesetzt werden, gehören der sogenannten Klasse 2 oder 1 an. Das bedeutet, dass sie, wenn sie nur kurz auf Gesichter oder Haut treffen, harmlos sind. Dennoch soll man nicht in einen solchen Strahl hineinschauen und ihn auch nicht auf Gesichter richten, soweit die Sicherheitshinweise nach EN 60825-1 beziehungsweise der IEC 60825-1:2007. Das bedeutet im Klartext, dass die Laser-Entfernungsmesser zwar prinzipiell ungefährlich sind, aber in Gesichtern schlichtweg nichts zu suchen haben.
Diese feine Unterscheidung sollten sich manche Kamera-Assis gut merken,- ich habe selbst schon einige Male Laserpunkte auf den Gesichtern von Schauspieler-inne-n gesehen. Haut reflektiert, deshalb ist sie unempfindlicher, die Pupille des Menschen aber bündelt das Licht und verstärkt damit sogar die schädliche Wirkung eines Lasers um das 100.000 fache. Es wäre ein großer Irrtum zu meinen, wenn man den Laser auf der Haut nicht spürt, würde er auch dem Auge nicht schaden. Selbst wenn man gar nicht auf die Augen zielt zum Messen, eine Unachtsamkeit, eine unerwartete Kopfdrehung,- schon trifft ein Laserstrahl mitten ins Auge. Zum Glück ist in den Fällen, die ich beobachtet habe, nie etwas Negatives passiert.
Schnell Reagieren
Laser-Entfernungsmesser haben aus diesen Gründen in den Gesichtern von Menschen und Tieren nichts zu suchen. Brillenträger sind hier besonders gefährdet, weil optische Gläser den Strahl stärker lenken. Sollte bei einer Messung durch eine Bewegung oder Drehung doch einmal ein Laser ins Auge treffen, bitte unbedingt die Augen schließen und den Kopf sogleich aus dem Strahl heraus bewegen.
Das Risiko aber bleibt bestehen: Wenn ein Laserstrahl auf die Netzhaut trifft, dann werden die Sinneszellen im besten Fall ohne strukturellen Schaden geblendet, was sich nach einigen Minuten wieder normalisiert. Doch es kann auch in ungünstigen Fällen zu Sehstörungen nach Belichtung des Auges von einem Laser kommen. Wird etwa die Makula, der Punkt unseres schärfsten Sehens in der Netzhaut getroffen, können Löcher oder Netzhautblutungen auftreten. Wird die Einmündung des ehnervs in die Netzhaut, der sogenannte blinde Fleck getroffen, droht man unter ungünstigen Umständen sogar zu Erblinden.
Die meisten Laser-Entfernungsmesser arbeiten mit niedrigen Leistungen bis 1mW, aber diese können in ungünstigen Fällen bereits Augenschäden verursachen. In solchen Fällen sollten die Betroffenen sich möglichst schnell in Augenärztliche Behandlung begeben, dort kann versucht werden etwa durch Kortison-Zugabe mögliche Schäden zu minimieren.
Was an Filmsets Gang und Gebe ist, wird etwa bei den Richtlinien zur Arbeitssicherheit eindeutig verboten: "Richte nie ein Laser-Messgerät auf Menschen!" heißt es da.
Vielleicht sollte sich die Industrie auch mal Gedanken machen, ob man nicht andere Wege der Entfernungsmessung nutzen kann um die Schärfemessung an Filmsets zu unterstützen. Verfahren wie Canons "Dual Pixel AF" könnten beispielsweise Entfernungsmessungen völlig gefahrlos ermöglichen. Oder wie wäre es mit Messtafeln statt der Schauspieler oder mit Schutzbrillen für dieselben?
Ansonsten bleibt sicher das gute alte Maßband eine optimale und absolut ungefährliche Alternative.