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Grenzen des Wachstums?

Für das Unternehmen, welches seit Jahren stets gewachsen ist, ändert sich gerade vieles. Seit Jahren auf der Siegertreppe, stetig ansteigende Abozahlen,- im Streaming Geschäft war Netflix bisher mehr als verwöhnt.

Doch Mitte April 2022 muss der Konzern erstmals seinen Aktionären mitteilen, dass die Kundenzahl nicht mehr wächst, sondern zurückgeht. Etwa 200.000 Abos seien im ersten Quartal 2022 gekündigt worden, das glatte Gegenteil der von Börsen-Analysten prognostizierten 2 Millionen zusätzlichen Abonnenten. Netflix selber geht von weiteren Kündigungen aus.

 

Börsenabsturz

An der Börse sorgte das für einen kräftigen Kursrutsch, die Aktien fielen um 30% (Wertverlust um 122 Dollar pro Aktie an nur einem Tag) auf den niedrigsten Wert seit fünf Jahren. Nach Bekanntwerden der schlechten Nachrichten fiel die Aktie, die noch im Herbst davor 700,- Dollar kostete auf 226 Dollar. Und auch die Konkurrenz, die anderen Streamingdienste mussten an der Börse Federn lassen. Mit 4-5 % Verlust fielen diese zwar niedriger aus als bei Netflix, doch der Verdacht, dass Streaming nicht endlos wachsen wird, machte die Investoren ziemlich nervös. Über Nacht wurde aus dem Wachstumsliebling ein lästiger Absturzkandidat. Der Schaden, der durch den Kurssturz entstand, war ungleich höher, als der durch die 200.00 verlorenen Abos.

Was war geschehen? Plötzlich kämpft Netflix mit Abonnentenmüdigkeit, Ablehnung wegen Preiserhöhungen und harter Konkurrenz durch Apple TV, Amazon Prime, Disney+ und HBO Max. Außerdem darf man nicht vergessen, dass bei so unglaublich großen Abozahlen (Netflix hat weltweit 222 Millionen zahlende Abonnenten) irgendwann auch mal eine Sättigung eintritt, weil alle potentiellen Kund*Innen bereits durch Netflix oder andere Streaming Dienste erreicht wurden.

Natürlich macht der Streamingdienst auch viele andere wirtschaftliche Faktoren wie Covid, reduziertes Wirtschaftswachstum oder den Ukraine Krieg mit für die schlechten Quartalszahlen verantwortlich. So hat Netflix wegen des Angrifsskrieges seine Dienste in Russland eingestellt und 700.000 Abonnenten in Russland verloren.

 

Sonstige Ursachen?

Die vorgetragenen Gründe können aber nicht die einzige Ursache der Schieflage sein. Tatsächlich hat Netflix all die Jahre zwar ein beeindruckendes Wachstum der Abonnenten hingelegt, aber kaum Gewinne abgeworfen. Um der wachsenden Konkurrenz zu begegnen hatte Netflix 2015 sogar ein Rieseninvestitionspaket angeschoben, etwa 15 Milliarden US Dollar, aber mit geliehenem Geld. Dieses Investment wurde mit mehr Vertrauen durch die Aktionäre und einem Anstieg des Aktienkurses belohnt. Die Pandemie hatte für Netflix weitere positive Aspekte. Einerseits konnte Geld eingespart werden, weil viele Produktionen ausfielen, andererseits stiegen die Abozahlen immens, weil die Menschen nicht mehr Kinos, Theater, Lokale oder Konzertsäle aufsuchen konnten. Mit dem allmählichen Wegfall der Corona-Einschränkungen sind allerdings auch diese positiven Effekte für Netflix weggefallen. Zu allem Überfluss hatte Netflix Ende 2021 angekündigt, Aktien des Unternehmens zurückkaufen zu wollen. So etwas tut ein Unernehmen, wenn es denkt, der Aktienwert sei unterschätzt, um ihn zu steigern. Nun war aber zu dem Zeitpunkt die Netflix-Aktie mit 700,- USD bereits eher über,- als unterschätzt.

 

Gegenmaßnahmen

Der Wertverlust der Aktie ist natürlich das größte Problem,- der Konzern muss neues Vertrauen für die Aktionäre herstellen. Für ein Unternehmen wie Netflix, welches wachsen muss um all die Ausgaben für die Eigenproduktionen, die Infrastruktur und auch die Aktionärsrenditen begleichen zu können, ist es eine große Herausforderung, gegenzusteuern.

Eine der wahrscheinlichsten Maßnahmen wird sein, dass man die Weitergabe von Zugangsdaten an Freunde oder Familenmitglieder unterbinden wird. Allein in den USA und Kanada schätzt Netflix die Zahl der Zuschauer, die nicht für ihr Abo zahlen, auf 30 Millionen. Das aber kann zu Unmut bei den eigentlichen Abonnenten führen und vielleicht sogar das Gegenteil, nämlich weitere Kündigungen bewirken. Deshalb wird erwogen, das Teilen gegen eine gewisse Zusatzgebühr legal möglich zu machen. Netflix testet dieses Vorgehen bereits in drei lateinamerikanischen Ländern. Dort wird die gemeinsame Nutzung von Passwörtern strikt verhindert. Kunden wird gedroht, den Zugang zu verlieren oder angeboten, für weitere Haushalte einen niedrigeren Abopreis dazu zu zahlen.

Eine weitere Möglichkeit könnte darin bestehen, wie auch andere Streaming Anbieter, Werbung in das Programm zu integrieren. Damit würde Netflix aber ein wichtiges Verkaufsargument aufgeben,- das werbefreie Fernsehen. Deshalb wird diskutiert, die Werbung nur in neuen, preiswerter angebotenen Abos unterzubringen, während die hochpreisigen Standard Abos davon verschont bleiben. Auch erhofft man sich in ärmeren Ländern billige Abos verkaufen zu können, wo sich die meisten Menschen die normalen Abos nicht leisten können.

Und natürlich ist nicht ganz auszuschließen, dass Netflix auch die Ausgaben für hochwertige Eigenproduktionen entwas nach unten korrigieren wird.

 

Zumindest die Umsätze bei Netflix waren trotz der Abonnentenrückgänge um 10%  gestiegen, man muss sich also noch keine allzu großen Sorgen um den Konzern machen.

 

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