Sehen ist für den Menschen lebenswichtig, deshalb haben sich die menschlichen Augen im Laufe der Evolution mehr und mehr optimiert.
Es gibt etwas, da kennen wir uns gut aus, aus Erfahrung, aus Jahrtausenden der menschlichen Evolution: die in der Natur dominierende Farbe Grün. Es bedeutet Nahrung, Wachstum, Schutz, gibt Aufschluss über die Frische, die Jahreszeit oder etwa die Witterung, es war und ist die wichtigste Farbe im Überlebenskampf. So wie die Inuit viele verschiedene Farbtöne bei Schnee unterscheiden, hat unsere Wahrnehmung vermutlich eine besonders stärkere Differenzierung für Grüntöne entwickelt. Vielleicht ist dieser Zusammenhang der Grund, weshalb das menschliche Auge für Grün besonders sensibilisiert ist, diese Farbe besonders fein nuancieren kann.
Härtetest Grüntöne
Die Wiedergabe von Grüntönen ist es auch, welche den Technikern stets den Schweiß auf die Stirn treibt. Es gelingt zwar durch manche Algorithmen jede Menge Daten für viele Zuschauer unbemerkt (aber nicht ungefühlt) verschwinden zu lassen, dennoch bemerkt man zumeist an den Grüntönen den verräterischen Unterschied eben zwischen realem Sehen, chemischem Film und Videotechnik. Letztere sieht bei reichen Grüntönen eher plastikartig aus.
Farbsehen
Unser Auge wertet physikalische Reize im sichtbaren Bereich, also bei elektromagnetischer Strahlung einer Wellenlänge zwischen 350 nm und ca. 750 nm, aus und übersetzt sie in Licht und Farbe. Die Netzhaut unseres Auges besteht aus mehreren Schichten, in denen Rezeptoren (Stäbchen und Zapfen), bipolare Schaltzellen und Nervenzellen untergebracht sind. Wir besitzen etwa 120 bis 130 Millionen dieser Sehzellen, von denen aber nur 6 Millionen (Zapfen) für das farbige Sehen zuständig sind. Die übrigen sind nur für das Helligkeitssehen geeignet. Dabei sind die Zapfen nicht so lichtempfindlich wie die Stäbchen, weshalb wir in der Dämmerung nur noch wenige Farben sehen können.
Es gibt drei unterschiedliche Zapfentypen, die auf Blau, Grün und Rot reagieren. Ihre Empfindlichkeit reicht dabei jeweils auch in benachbarte Bereiche, dadurch wird Licht von etwa 500 nm, welches originär die grünempfindlichen Zapfen erregt, auch von den anderen zwei Typen teilweise wahrgenommen. Fällt Licht auf die Zapfen, werden diese angeregt und leiten den Farbreiz an den Sehnerv weiter. Auch wenn ein einfarbiges Licht, etwa Grün, verwendet wird, kommt es zu Signalen in mindestens zwei Zapfen.
Videokameras ringen um das Grün
Unsere Farbfernsehsysteme wurden in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelt und auf die technischen Möglichkeiten der analogen Bildübertragung hin optimiert. Unsere heutigen Systeme arbeiten noch immer mit dem damals festgelegten RGB-Farbraum, obwohl eigentlich deutlich mehr Farbtreue möglich wäre. Auch hier ist es vor allem das Grün, welches die Schwächen des Systems deutlich werden lässt. RGB ergibt tatsächlich nur technisch, nicht aber wahrnehmungsphysiologisch einen Sinn!
Das Dilemma um die mangelnde Grünauflösung zeigt sich besonders deutlich bei Ein-Chip-Kameras. Hier sind von jeweils vier lichtempfindlichen Elementen jeweils eines für Rot, eines für Blau und zwei für Grün sensibilisiert. Wegen der höheren Grünempfindlichkeit des menschlichen Auges werden aus diesem Grunde doppelt so viele Grünfilter wie Rot- oder Blaufilter verwendet.
Moderne digitale Videokameras arbeiten mit 8 oder 10 Bit Wortbreite bei der Aufzeichnung, die teureren Geräte zumindest bei der Wandlung (jeder Chip ist analog und das Signal wird dann digitalisiert) mit 12 oder gar 14 Bit Wortbreite. In der professionellen Fotografie und Bildbearbeitung gelten 24 Bit Wortbreite als Stand der Technik - Werte, die wegen der vielen Bildinformationen bei Bewegtbildern (Video) bisher nicht realisierbar sind. Spätestens bei der Übertragung eines Fußballspiels wirkt der grüne Rasen auch bei teuren Fernsehkameras noch immer wie der Kunstrasen auf Nachbars Balkon. Eigentlich kann unser Auge 3 bis 4 Millionen unterschiedliche Farben tatsächlich wahrnehmen; technisch betrachtet können wir aber mit Video trotz theoretisch z. B. über 16 Millionen RGB-Farben nur etwa 1 bis 1,3 Millionen der von unserm Auge erkennbaren Farben reproduzieren.
Die subtraktive Farbmischung mit CMY (Cyan, Magenta, Yellow), wie sie beim chemischen Filmprozess verwendet wird, ist dem RGB-Farbraum der Videosignale noch immer haushoch überlegen. Film liefert nach wie vor natürlichere Farben. Die verbreiteten Vergleichstests zwischen Film- und Videoprojektion vermeiden wohlwissend detailreiche Szenen im Grünen - wer will schon freiwillig den Finger in die digitale Wunde legen?
Zukunftsfarben
Die Forschung versucht diesen Problemen durch neue Denkweisen und Technologien zu begegnen. Gearbeitet wird an einer gänzlich neuen Farbtechnologie, die mit der sogenannten Multispektraltechnik arbeitet. Diese mögliche Zukunftstechnik löst entscheidende Probleme der bisherigen Farbwiedergabe. Sie arbeitet nicht mehr mit RGB, also drei Farbsignalen in drei Kanälen für "Rot", "Grün" und "Blau", sondern mit 6 bis zu 16 farbselektiven Aufzeichnungs- und Wiedergabekanälen. Man kann sich ausmalen, um wie viel höher der technische Anspruch an die Datenverarbeitung in Kameras aber auch Bildschirmen/Displays ist. Erste Neuentwicklungen aus Japan und den USA arbeiten bereits mit Videosystemen und Displays, die mit 5 oder 6 Farbkanälen arbeiten.
Grüne Zeiten
Farben können heilen, können uns aber auch krank machen. Sie sind in der Lage, unsere Emotionen zu beeinflussen, können unsere Launen verändern, unser Kaufverhalten beeinflussen. Grün etwa beeinflusst unsere Wahrnehmung, unser vegetatives Nervensystem. Grün, die Mischfarbe aus Gelb und Blau gilt als Farbe der Hoffnung, der Erneuerung, des Wachstums. Sie gibt uns Ruhe und Geborgenheit. Sind wir im Grünen, so wird ein definierter Geräuschpegel weniger laut empfunden, als in einer andersfarbigen Umgebung. Koffein wiederum erhöht z. B. die Grünempfindlichkeit unserer Augen. Und die verschiedenen Variationen von Grün haben zum Teil noch gar nicht erforschten Einfluss auf unsere Empfindungen. Grund genug, von der Technik mehr Sensibilität in diesem Bereich zu erwarten.