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Eigentlich haben sie nach Außen hin,- Produktionsfirmen, Schauspieler*Innen, Regisseur*Innen gegenüber eine ungeheure Macht, die Redakteure. Sie können bei Auftragsproduktionen des Fernsehens von der Besetzung, die Wahl etwa der Regie, über die Inhalte und Entwicklungen in Drehbüchern bis hin zur Musikauswahl oder anderen kreativen Entscheidungen so gut wie alles beeinflussen und bestimmen. Andererseits sind sie aber selber auch gefangen in den Strukturen der oft nach nicht immer nachvollziehbaren Kriterien agierenden Fernsehsender. Je nach Sendeplatz und Wichtigkeit unterliegen sie mehr oder weniger großen Zwängen. Nachwuchsredaktionen wie das Kleine Fernsehspiel oder Debüt im Ersten und Debüt im Dritten haben es leichter, da wird nicht so genau hingeschaut, Primetime-Programmplätze aber unterliegen extremen Restriktionen. Sie werden nicht nur innerhalb der Sender sehr streng begutachtet, sie werden auch in den übrigen Medien von der Kritik sowie durch zahllose Zuschauermeinungen in diversen Foren mitunter gnadenlos bewertet.

Eigentlich sollte all das in kreativen Zusammenhängen völlig egal sein, doch das ist es leider nicht. Denn nicht nur einzelne Zuschauer und Kritiker, auch die Politik hält es, wann immer es mal wieder um Stimmenfang geht, für angemessen, sich lautstark über die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender zu empören. Da kann man, wenn man schon in wichtigen politischen Fragen nichts reißt, wenigstens sicher sein, dass man viele Follower hat, wenn man nur empört genug Twittert, oder neuerdings Xt, Instagrammt oder Facebooked oder was immer massentauglich ist. Für Populisten die ideale Spielwiese. Social Media sei Dank, bewegt das die Sender regelmäßig dazu, bei den Auftragsproduktionen noch ängstlicher zu sein. Kein Wunder, dass das Fernsehen so ist, wie es ist.

 

Interessensgruppen

Logischerweise ist dann da die Forderung nach allen Arten von "Political Correctness" nicht weit. Und da es so viele höchst unterschiedliche Interessensgruppen, Verbände und Gemengelagen gibt, fühlt sich eigentlich immer irgendeine Gruppierung falsch dargestellt oder unterrepräsentiert. Irgendwie ist fast jede Produktion nicht divers, nicht queer, nicht woke, nicht gendergerecht, nicht ökologisch, nicht grün, nicht ethnisch und nicht vorbildhaft genug. Da brechen dann ganz schnell massive Shitstürme los, wenn ein Schauspieler, der kein Mensch mit Behinderung ist, einen behinderten Menschen spielt. Die Redaktion sowie Rechts,- und PR-Abteilung des Senders haben dann alle Hände voll mit Krisenmanagement zu tun. Ein gutes positives Beispiel findet man in "Sex Education" wo die Rolle des Isaac Goodwin von dem britischen Schauspieler George Robinson gespielt wird, der wegen einer Wirbelsäulen-Nackenverletzung die er sich bei einem Rugby-Spiel zuzog, auf einen Rollstuhl angewiesen ist.

Es ist schwierig, niemand sollte verletzt, gekränkt oder diskriminiert werden. So haben die Fernsehsender, um alle gesellschaftlichen Gruppen angemessen zu berücksichtigen, seit 2021 Maßnahmen ergriffen, dies zuverlässiger einzuhalten. Die ARD etwa hat ein sogenanntes "Diversity Board" eingerichtet und zusätzlich haben ARD, ZDF, Deutsche Welle, Deutschlandradio, der RTL-Gruppe und ProSiebenSat.1. das Bündnis „Medien für Vielfalt“ geschlossen. Die ARD-Degeto hat sogar einen „Leitfaden für mehr Diversität“ als Arbeitsgrundlage für Auftragsproduktionen. Dessen Umsetzung gehört, neben allem Anderen, mit zu den Aufgabenbereichen der Redakteure.

 

Quote

Und das schärfste Schwert, die sogenannten Einschaltquote schwebt drohend über jedem Einzelfilm, jeder Reihe und jeder Serie. Die verantwortlichen Redakteur*Innen müssen bei schlechten oder kontinuierlich sinkenden Quoten bei einer Reihe oder Serie ihren Vorgesetzten Erklärungen für dieses offenbare Versagen liefern. Die Ängste der Fernsehredakteure sind deshalb gewaltig. Schließlich müssen sie sich regelmäßig rechtfertigen, weshalb die von ihnen verantworteten Sendungen nicht die gewünschten Einschaltquoten geholt haben. Dafür haben sie eine Reihe von Erklärungsmustern parat. Zum Beispiel spielt der Sendetermin eine wichtige Rolle. Vorabendsendungen, die in den eher hellen Jahreszeiten laufen, können weil die Menschen da noch Draußen sind, eher 4-5 Millionen Zuschauer*Innen holen, während man in den eher dunklen Jahrezeiten wie November gerne auf 6 Millionen kommt. Der Januar ist dann noch dunkler, da kann man auf 7 Millionen kommen.

 

Ängste

Beim ZDF sollte in den Auftragsproduktionen möglichst nicht geraucht werden. Das Fernsehen soll gesellschaftliches Vorbild sein. Angeblich gilt kein generelles Rauchverbot im Fernsehen, doch die Redakteure sind schon angehalten, genau darauf zu schauen. In den ZDF-Kriminamserien "Wilsberg", "SOKO Leipzig" und "Rosenheim-Cops" gilt beispielsweise ein striktes Rauchverbot. Dafür sind sie sogar mit einem "Rauchfrei-Siegel" der Deutschen Krebshilfe und des Aktionsbündnisses "Nichtrauchen" versehen worden.

Natürlich ist Rauchen gesundheitschädlich und auch in den Filmen sollten selbst ganz harte Typen, die absolut selbstzerstörerisch leben, dies bitte nicht mit Glimmstengeln unter Beweis stellen. Absolut Senderkonform wäre hingegen, wenn Gangster, Despoten und Terroristen ihre Rücksichtslosigkeit und Härte sich selbst gegenüber etwa durch exzessives Verschlingen von Sahnetorten oder Currywürsten zum Ausdruck bringen würden.

Alkoholische Getränke wie Bier und Wein dürfen theoretisch nur unter bestimmten Voraussetzungen in den jeweiligen Filmen und Szenen vorkommen. In der Praxis aber verhält es sich im Fernsehen ganuso wie in der Gesellschaft. Die erlaubte Droge Alkohol ist in über 90 % aller szenischen Fernsehspiele, Reihen und Serien präsent. Sei es als Dekoration in der Ausstattung oder indem die Protagonisten aktiv trinken. Eine Studie, die im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums und der Bundesdrogenbeauftragten erstellt wurde, hat festgestellt, dass in den Produktionen der Privatsender wie ProSieben, Sat.1, RTL, RTL Nitro, RTL II deutlich mehr Alkohol getrunken werde, als bei ARD und ZDF.

 

Grüne Albträume

Auch in ökologischer Sicht sollen die Redakteure nach dem Willen der Sender vorbildhafte Produktionen hervorbringen. Einzelne Redakteure legen auch bereits großen Wert darauf, dass Hauptfiguren in ihren Serien und Reihen vorzugsweise Elektroautos fahren und wenn derlei Fahrzeuge nicht in das fiktive Budget der jeweiligen Figuren passen und diese eher Motorroller fahren, sollen diese gefälligst auf E-Bikes oder Rennräder umsteigen. Erstaunlich, wie viele Kommissare trotzdem noch aus atmosphärisch- erzählerischen Gründen mit Oldtimern, die verbleites Benzin in katalysatorfreien Oldtimern verbrennen, durch öffnetlich-rechtliche Krimis knattern.

Ja und dann sind da ja noch die Bedürfnisse des Green Filmmaking... doch das ist eine andere Geschichte. Diese wenigen Beispiele aus einer Unzahl von Vorgaben und Empfindlichkeiten lassen vielleicht ein wenig erahnen, was Redakteur*Innen bei ihrer Arbeit so alles zu beachten und durchzusetzen haben. Das ist sicher keine ganz einfache Aufgabe. Auch wenn sie es öffentlich nie zugeben dürfen,- nicht wenige leiden daran.

 

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