Die Filmgeschichte der Flugzeuge im Kinofilm hat schon sehr früh begonnen. Man denke nur an die erste King Kong Verfilmung, "King Kong und die Weiße Frau" (Regie: Merian C. Cooper, Ernest B. Schoedsack, USA 1933) mit dem Riesenaffen Kong auf dem Empire State Building, der nach den Flugzeugen schlägt, die ihn angreifen. Dieses ikonische Bild steht für den Höhepunkt des Filmes.
Studiodrehs in Flugzeugen
Was genau ist es, was Flugzeuge zu attraktiv macht für Filmleute? So attraktiv, dass Studios wie die Bavaria in München sogar eigens ganze Linienflug Kabinen nachgebaut haben in denen Filmcrews perfekte Bedingungen zum Drehen vorfinden. Echte Flugzeuge sind nämlich viel zu eng um da tolle Kameraperspektiven zu finden. In Studiobauten kann man Sitzreihen beliebig wegschieben oder mit der Kamera weiter zurückgehen als es die Kabine erlauben würde. Außerdem würde es bei bestimmten Themen, etwa wenn Flüge als riskant und gefährlich dargestellt werden, vermutlich keine Fluggesellschaft erlauben, in ihren Maschinen zu drehen.
Erzählerische Aspekte
Was also ist es genau? Nun da gibt es viele verschiedene Aspekte. Einmal ist das Flugzeug ein Sinnbild der Moderne. Jahrtausendelang hat die Menschheit davon geträumt, fliegen zu können. Der Blick auf die Welt aus großer Höhe ist ein visueller Pluspunkt der Fliegerei. Zudem kann man in einem Flugzeug ohne grosse dramaturgische Begründungen einfach unterschiedlichste Personen aufeinander prallen lassen und natürlich haben Flüge auch stets etwas unausweichliches. Menschen im Flugzeug bilden eine Schicksalsgemeinschaft-, vertauen einer einzelnen Person, die das Flugzeug steuert, ihr Leben an. Und natürlich kann man Geschichten buchstäblich über den Wolken erzählen.
Bereits eine einzelne Person unter Hunderten, die ausrastet oder gar kriminelles vorhat, kann einen ganzen Flug gefährden. Es gibt also zahlreiche erzählerische Aspekte, welche ein Flugzeug zu einem menschlichen Herbarium werden lassen. Immer wieder gab es in der Kinogeschichte Phasen in den Flugzeuge besonders gehäuft zu Drehorten wurden. Das war besonders im zweiten Weltkrieg der Fall, als Militärmaschinen und Militärpiloten die jeweiligen Heldenphantasien bedienten. Filme wie Quax der Bruchpilot mit Heinz Rühmann (Regie: Kurt Hoffmann, D 1941) waren Propagandafilme der Nazis und sollten die Menschen für die Luftwaffe begeistern.
Ganz anders dann in den 50er und 60er Jahren, als Flüge langsam für Jedermann erreichbar wurden. Da gibt es dann plötzlich auch Flugplatzszenen wie in "La Dolce Vita" von Federico Fellini in denen Anita Eckberg als Filmstar von einer aufgeregten Reportermeute auf dem Rollfeld begrüßt wird. Oder den unvergessenen Jaques Tati, der für Playtime (Regie: Jacques Tati, F 1967) in Ermangelung einer Drehgenehmigung ganze Teile des Flughafens Charles de Gaulle nachbauen ließ. Aber es gab auch Fernsehserien, etwa "Sprung aus den Wolken" (Engl: "Ripcord" zwischen 1961 und 1963 mit 76 Folgen), in denen es um eine Gruppe von Fallschirmspringern ging, die Woche für Woche neue Abenteuer bewältigen mussten.
Beeindruckend auch die Geschichte von "Flug des Phönix" (Regie: Robert Aldrich, USA 1966), in dem einige Menschen eine Notlandung im Nirgendwo überleben und es zahlreiche Auseinandersetzungen über die Überlebensstrategie gibt bevor Hardy Krüger seine Pläne für einen Reparaturumbau der stark beschädigten Maschine umsetzen darf. Was den erfolgreichen Start beinahe verhindert ist die Tatsache dass Krüger lediglich Modellflugzeuge entwirft, aber keine echten Maschinen.
Was wäre James Bond ohne all die Flugzeuge, die er im Zweifel auch mal selber steuern muss? Spannend auch als in den 80er Jahren Katastrophenfilme in Mode kamen und man auch das Flugzeug als spannende Prämisse für das Katastrophenkino entdeckte. In steter Angst vor einem Absturz, etwas was manche Zuschauer fürchten, wenn sie selbst ein Flugzeug besteigen. Und natürlich auch die filmische Gegenbewegung in Form der "Reise in einem verrückten Flugzeug". Da gibt es den Thriller Air Force One von Wolfgang Petersen. Oder man denke an den Psychothriller Flightplan mit Jodie Foster.
Was wäre "Der englische Patient" (Regie: Anthony Minghella, USA 1997) ohne die großartigen Flugaufnahmen im Doppeldecker über der Wüste und was wäre "Jenseits von Afrika" (Regie: Sydney Pollack, USA 1985) ohne die Flugaufnahmen über Kenia?
Flugzeuge im Film
Lindbergh - Mein Flug über den Ozean (Regie: Billy Wilder, USA 1957)
La Dolce Vita (Regie: Federico Fellini, IT FR 1960)
Sprung aus den Wolken (USA 1961–1963)
Der Flug des Phönix (Regie Robert Aldrich, 1965)
Playtime (Regie: Jacques Tati, FR IT 1967)
Der letzte Countdown (Regie: Don Taylor, USA 1980)
Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug (Regie: Jim Abrahams, David Zucker und Jerry Zucker, USA 1980)
Top Gun (Regie: Joseph Kosinski und Tony Scott, 1986)
Ein Ticket für Zwei (Regie: John Hughes, USA 1987)
Passagier 57 (Regie: Kevin Hooks, USA 1992)
Einsame Entscheidung (Regie: Stuart Baird, USA 1996)
Con Air (Regie: Simon West, USA 1997)
Air Force One (Regie: Wolfgang Petersen, 1997)
Final Destination (Regie: Janes Wong, USA 2000)
Catch Me If You Can (Regie: Steven Spielberg, USA 2003)
Terminal (Regie: Steven Spielberg, USA 2004)
Aviator (Regie: Martin Scorsese, USA DE 2004)
Soul Plane (Regie: Jessy Terrero, USA 2004)
Red Eye (Regie: Wes Craven, USA 2005)
Snake on a Plane (Regie: David R. Ellis, USA 2006)
Flug 93 (Regie: Paul Greengrass, USA 2006)
Up in the Air (Regie: Jason Reitman, USA 2009)
Flight (Regie: Robert Zemeckis, USA 2012)
Wie der Wind sich hebt (Regie: Hayao Miyazaki, JPN 2013)
Non-Stop (Regie: Jaume Collet-Serra, USA 2014)
Left Behind (Regie: Vic Armstrong, USA 2014)
Sully (Regie: Clint Eastwood, USA 2016)
Vendetta (Regie: Elliot Lester, USA GB 2017)
Dunkirk (Regie: Christopher Nolan, USA GB 2017)
7 Tage in Entebbe (Regie: José Padilha, USA GB 2018)
7500 (Regie: Patrick Vollrath, DE AU 2019)
Horizon Line (Regie: Mikael Marcimain, SWE USA 2020)
Black Box (Regie: Yann Gozlan, FR 2021)
Top Gun: Maverick (Regie: Joseph Kosinski, USA 2022)
Plane (Regie: Jean-François Richet, USA 2023)
Nothern Comfomfort (Regie: Hafsteinn Gunnar Sigurðsson, ISL 2023)
Wie seltsam, dass man auf Langstreckenflügen auf seinem Flugzeugsitz Kino erleben kann. Spätestens dort kann das Flugzeug dann selbstreferenziell wirken. Eines ist sicher: Die Kinogeschichte währe bedeutend ärmer ohne die Flugzeuge.