Berlinale eröffnet
Neue Besen kehren besser, heißt es, gilt das auch für das größte deutsche Filmfestival, die Berlinale? Immerhin hat mit Tricia Tuttle eine neue Leiterin die Berlinale übernommen. Zumindest beim Wetter pflegt Berlin einmal mehr die Politik der eisigen Temperaturen. Bis zu Minus 8 Grad sind angekündigt. Wer die Berlinale kennt, wird sich auch kaum darüber wundern, dass wieder Minusgrade und Eiswind angesagt sind, der alte Nachteil des Februartermins in Berlin. Es wäre auch zu schön gewesen, ein wenig Frühlingsatmosphäre,- wie an anderen Orten im Land.
So also ein roter Eröffnungs-Teppich mit Schnee und Glatteis und Tom Tykwers neuestem Film "The Light" als Eröffnungsfilm. Eröffnungsfilme die fast drei Stunden lang sind, fordern dem Publikum eine ganze Menge ab. In seinem Familiendrama wird zwar ab und an gesungen und getanzt, doch das sind nur kurzweilige Inseln zwischen manchen durchaus zähen Momenten. Tykwer hat von der Migration, der Überalterung, der Globalisierung bis hin zu Generationenkonflikten so viele Themen in seinen Film gepackt, da kann die Filmstory das Publikum nicht durchgehend hindurch tragen. Es ist ein durchaus überfrachteter Film, der den angeschnittenen Themen nur bedingt gerecht wird. Und ein Preis wurde auch gleich zur Eröffnung vergeben- an die Schauspielerin Tilda Swinton.
Der Potsdamer Platz...
Rund um den Potsdamer Platz hat sich vieles verändert,- manche Restaurants und Läden haben geschlossen, irgendwie spürt man, dass Veränderungen stattfinden. Food Trucks stehen auch nicht mehr da und überhaupt gibt es weniger Orte an denen die Gäste sich außerhalb des Berlinale-Palastes aufhalten können. Es ist ein wenig ungastlicher geworden, schade. Im Berlinale Palast selber herrschte die letzten Jahre eher Stille, nachdem ab 2017 keine Musicals mehr hier aufgeführt wurden. Bis dahin musste jeweils für die zehn Tage Berlinale das gesamte Bühnenbild der jeweiligen Musicalproduktionen ausgebaut werden. Nach Jahren des überwiegenden Leerstandes will ab Herbst 2025 der "Cirque du Soleil" dort seine erste Resident-Show in Europa beginnen.
Was geblieben ist, sind die vielen nicht gestreuten oder geräumten festgetretenen Schnee,- und Eisflächen, selbst an belebten Orten in der Stadt. Was viele der internationalen Gäste nicht wissen,- der Platz und vor allem die Arkaden, sie wurden von einem kanadischen Immobilieninvestor gekauft, suchen schon lange nach einer höheren Attraktivität auch außerhalb von Festivalzeiten. Aber leider wurden viele Dinge, Berlin-typisch halbherzig oder unüberlegt gemacht, so wie der absurde „Boulevard der Stars“ auf dem lauten Mittelstreifen zwischen mehreren Fahrbahnen, der mit dem „Walk of Fame“ in Hollywood gleichziehen wollte.
Umgestaltungen, welche die Besucher zum Verweilen statt nur zum Einkaufen einladen sollen, die Umwandlung in eine komplette Fußgängerzone, neue Gastroangebote wie ein Food Hub, wie sich eine Ansammlung von Kochinseln verschiedener Küchen nennt, gehören dazu. Generalsanierung nennt die Stadtplanung das, gerade mal 25 Jahre nach dem Neubau des alten durch die damalige Berliner Mauer verödeten Platzes. Heute sind es die direkt benachbarten Einkaufs,- und Gastroangebote der „Mall of Berlin“ am Leipziger Platz und natürlich der Onlinehandel, welche den Händlern der Arkaden zusetzen. Das frühere Imax-Kino Cinestar, soll auf zwei Etagen, zu einer „Food Hall“ umgewandelt werden. Soweit die nicht allzu weit reichenden Fantasien der Planer.
Dort wo der weggebrochene Sponsor Audi die letzten Jahre einen Pavillon während der Berlinale am Marlene-Dietrich-Platz stellte, gibt es 2025 einen ähnlichen, aber kleineren vorübergehenden Aufenthaltsbereich für akkreditierte Besucher, der sich neudeutsch Hub, genauer HUB75 nennt. Durch Kinoschließungen rund um den Platz sind massiv Kinoplätze weggefallen, welche durch andere Kinos in der Stadt zum Teil ausgeglichen werden, die aber mit langen Wegen verbunden sind.
Veranstaltungen
Am Samstagvormittag der Empfang des Goethe Instituts. Viele Gäste, darunter Festivalleiter, Dokumentarfilmregisseure, Filmkritiker und natürlich Goethe Mitarbeiter. Unspektakulär, dafür aber spannende Leute und Mitstreiter für den anspruchsvollen deutschsprachigen Film.
Parallel dazu der Full House Empfang der Schauspielagenturen in der Volksbühne am Rosa Luxemburgplatz.
Großer Andrang, längere Schlangen am Einlass. Das Who is Who der Deutschen Film,- und Fernsehschauspieler. Doch nicht jeder ist von Gott zum Warten bestimmt, Filmschauspieler Oliver M. fühlt sich einfach viel zu elitär um in der Schlange zu stehen und marschiert an den anderen vorbei zum Einlass. Wie uncool.
Die Austrian Reception, die Einladung der Österreicher auf der Berlinale am Samstagnachmittag in einem Bürocontainer neben dem Martin Gropius-Bau (Europäischer Filmmarkt) wird angesichts der Schlangen vor und der sich drängenden Menschen im Container mehr zu einer Corona & Grippe Auffrischimpfung als zu einem Empfang.
Abends dann der NDF Empfang in den Berliner Büroräumen der Produktionsfirma, ebenfalls gestopft voll und mit viel Potenzial zum weiteren Virenaustausch. Wie heißt es so schön,- entweder man reist bereits krank zur Berlinale oder man verlässt sie krank.
Am Sonntagvormittag der Empfang der Filmanwälte von "Fieldfisher" im Soho House Berlin, ein ungezwungener Empfang mit vielen Gästen aus der Filmbranche, Filmanwälten, Festivallleitern und mehr.
Am roten Teppich immer wieder begeisterte Fans und Neugierige, mehrmals täglich werden hier die Wettbewerbsfilme gefeiert, willkommene Gelegenheit, die Schauspieler und Macher hinter den Filmen aus den Nähe zu sehen. Am Sonntagnachmittag die Premiere von "O último azul" von Gabriel Mascaro (Regie, Buch), Tibério Azul (Buch) mit Denise Weinberg, Rodrigo Santoro, Miriam Socarrás, Adanilo.
Montag
Am Montagnachmittag der traditionelle Empfang der HFF München in der Küthener Straße. Die scheidende Präsidentin der Hochschule, Bettina Reitz stellte den künftigen Präsidenten, Daniel Sponsel vor, der entsprechend seinen bisherigen Wirkungskreis, das DOK.fest München zum letzten Mal leiten wird. Einmal mehr waren zahlreiche Ehemalige zu Gast, eine schöne Gelegenheit zum Wiedersehen und ein spannender Erfahrungsaustausch.
Großer Fan-Auflauf am roten Teppich des Berlinale Palastes. Um 15 Uhr hat der Chinesische Film "Xiang fei de nv hai" (Girls on Wire) von Vivian Qu (Regie, Buch) mit Liu Haocun, Wen Qi, Zhang Youhao, Zhou You, Peng Jing Premiere.Trotz eisiger Temperaturen verbrachten die Regisseurin des Films, Vivian Qu und ihre beiden Hauptdarstellerinnen Wen Qi und Liu Haocun viel Zeit auf dem roten Teppich für Fotos, Videos und zahlreiche Autogrammwünsche der kreischenden Fans.
Die zwei Seiten der Berlinale lassen sich sehr schön ablesen,- drinnen im Hyatt Hotel sammeln sich Schauspieler und Team und warten darauf, von der Rückseite des Hotels mit einer Limousine abgeholt und die 50 Meter zum roten Teppich gefahren zu werden wo dann am Teppich Hunderte kreischende Fans ihre Stars bejubeln. Hier wird das Kino gefeiert,- jedes Mal neu und mit großer Begeisterung.
Mittwoch
Mittwoch werden vier Stipenien des Landes NRW für Projekte vergeben. Im Einzelnen sind dies:
Faris Alrjoob für „History of a Broken Embrace“
Fabiana Fragale und Jens Mühlhoff für „SIGMA BOYS“
Danila Lipatov für „Small Acts of Revolutionary Intimacy“
Natalie Muntermann für das Projekt „WIR und die WÖLFE“
Die Berlinale vermeldet, dass bis Mittwoch etwa 14.000 Kinokarten mehr verkauft worden seien, als im Vorjahr.
Donnerstag
Heute läuft um 10:30 Uhr – „Hysteria“, der Thriller von Mehmet Akif Büyükatalay. Hier geht es zum Movie-College Interview mit dem Regisseur.
Premiere hatte auch der Film "Strichka chasu" der vom Ukraine Krieg und auch den Folgen für Schulen und Kinder erzählt. Die Regisseurin des Films, Kateryna Gornostai, war hochschwanger mit ihrem Partner nach Berlin gereist und hat überraschend zwei Tage vor der Premiere des Films, in der Berliner Charité ein gesundes Baby zur Welt gebracht.
Infos zum Programm der diesjährigen Berlinale findet Ihr hier.
Samstag
Am 22. Februar schließlich haben die verschiedenen Jurys ihre Entscheidungen bekannt gegeben. Hier findet Ihr die Liste der Gewinner*Innen