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Standfoto aus Musik-Dokumentation

Standfoto aus Musik-Dokumentation "Jazz it"

 

Im Zentrum des Direct Cinema steht zu Beginn zweifelsohne Robert Drew, der Gründer der späteren wichtigen Drew Associates, praktisch das Produktionsbüro des Direct Cinema. Robert Drew war ursprünglich Journalist. Ab 1953 wendet er sich dem Dokumentarfilm zu und macht es sich zum Ziel, den Dokumentarfilm mit dem Fernsehen zusammenzubringen. Er arbeitet vor allem mit Richard Leacock, der ursprünglich Kameramann war, D. A. Pennebaker, der kaum Erfahrung in diesem Bereich hatte, und mit Albert Maysles, der aus der Psychologie kam, zusammen. Alle vier verbindet nicht nur quasi dasselbe Geburtsjahr und ein Abschluss an einer Elite-Universtität wie Yale und Harvard, sondern sie teilen alle auch Nachkriegserfahrung und internationalen Erfolg in ihren jeweiligen Arbeitsfeldern.

Alle vier präsentieren das Direct Cinema in den USA der ersten Jahre von 1960 bis 1963 zusammengefasst in den Drew Associates. Danach schließen sich Leacock und Pennebaker zusammen und die Gebrüder David und Albert Maysles fangen ebenso an, eigenständig zu arbeiten. Mit Hilfe der oben beschriebenen technischen Erneuerungen entwickeln Drew, Leacock, Pennebaker und die Gebrüder Maysles schließlich einen neuen Ansatz für den Dokumentarfilm. Die bewegte Kamera und der synchron aufnehmbare Ton bewirkten im Direct Cinema vor allem eines: das Ziel, die Wirklichkeit, so abzubilden, wie sie ist.

 

Regelwerk des neuen Dokumentarfilms

Dabei wird jedes Eingreifen als Verfälschung der Realität verstanden. Erfundene Geschichten sind verpönt, da die zu erzählende Geschichte aus der Realität stammen muss. Es herrscht der Glaube an eine tatsächliche, ungebrochene und objektive Abbildung der öffentlichen Realität. Zudem kommen neue Inhalte einer Generation von Filmemachern hinzu, die in der Nachkriegszeit aufgewachsen ist. Sie interessiert nicht mehr der Zweite Weltkrieg, sondern die eigene, aktuelle Gesellschaft und ihre Ausprägungen.

Was das Direct Cinema im Besonderen betrifft, so lässt sich zu seinem Konzept ganz vereinfacht sagen: "Direct cinema asks nothing of people beyond their permission to be filmed" (Stephen Mamber, 1974). Den bisher erwähnten Filmemachern geht es vor allem um das Beobachten. Ein wortbasiertes Kino wird abgelehnt, was heißt, dass Kommentare vollkommen vermieden werden, nur Ortsangaben und eine Zusammenfassung von relevanten Fakten werden erwähnt. Die Filmemacher folgen keinem Drehplan, sondern nur den Menschen, egal, was diese machen. Auch eine direkte Kommunikation findet nicht statt, es gibt also keine Interviews oder Fragen von den Filmemachern an die gefilmten Personen.

Das Filmteam ist so klein wie möglich und besteht nicht selten aus nur zwei Personen. Es wird kein zusätzliches Licht, kein Stativ und keine untermalende Musik verwendet. Anders als es später üblich wurde, finden auch keine vorbereitenden Gespräche mit den Beobachtenden statt. Auf diese Weise sollte das Ziel eines unmittelbaren Kinos erreicht werden, das die Wirklichkeit wiedergeben konnte, das nicht eingreift, nicht kommentiert und auch nicht experimentiert.

Das Direct Cinema war ein Kino der Beobachter. Allerdings folgte der dramaturgische Aufbau dieser Filme dem eines klassischen Spielfilms. Dies wird vor allem daran deutlich, dass die Dokumentarfilme des Direct Cinema eine Krisenstruktur aufweisen. Immer wieder sucht sich z. B. Drew Situationen aus, in denen eine Krise unausweichlich ist und die innerhalb weniger Tage gelöst wird. Crisis und Deadline sind aber typische Merkmale von Spielfilmen. Beispielhaft seien hier die Konfrontation zwischen Kennedy und Humphrey in "Primary" und die Konfrontation zwischen Kennedy und Wallace in "Crisis" genannt. In beiden klinkt sich der Filmemacher zu einem Zeitpunkt ein, in dem die Lösung kurz bevor steht.

"Primary" nimmt den Wahlkampf zum Thema und begleitet die beiden Politiker in den letzten Tagen vor der Wahl. Man sieht sie in Interviews, in Reden, mit ihren Familien und die Filmemacher sind stets Beobachter. Sie stellen keine Fragen, schlagen keine Situationen oder Handlungen vor, sondern begleiten die späteren Protagonisten des Films. Auch in "Crisis" sind die Filmemacher bloße Begleiter und Beobachter. Hier geht es um den Kampf zweier schwarzer Studenten, die die Immatrikulation an eine Universität nach neuer Gesetzgebung Kennedys in Anspruch nehmen möchten. Beide Filme weisen ein konfliktreiches Muster auf, das auf spannungsreiche Momente, Höhepunkte und eine Lösung am Ende verweist.

 

Montageprinzipien des Direct Cinema

Auch im Schnitt werden Mittel verwendet, die in der Auflösung von fiktionalen Stoffen gerne verwendet werden, wie Schuss mit folgenden Gegenschuss. Insgesamt ist der Schnitt im Direct Cinema eines der wichtigsten Mittel für den Filmemacher, um seine Intention sichtbar zu machen. Der Ansatz des Direct Cinema war die Realität ungebrochen wiederzugeben. Die Filmemacher verstanden sich als vollkommen objektive Beobachter, die Wirklichkeit auf Film bannten. Daraus ergab sich ihre Arbeitsweise. Zwar gaben sie bestimmte Betrachtungswinkel durch den Schnitt vor, aber durch die Negation des Kommentars überließen sie es dem Zuschauer, sich selbst eine Meinung über das Gezeigte zu bilden.

 

Interview mit Rickard Leacock

 

 

von Despina Grammatikopulu
 

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