Licht der Verlorenheit
Nein, wirklich neutrales Licht liefern sie nicht, aber wenn es "dirty" aussehen, wenn es das Licht von Straßenlaternen, von Sportarenen, Turnhallen etc. sein soll, sind sie perfekt. Man kennt das, dieses schummrige, gelblich grünliche Licht auf Dorfstraßen, in Wohnsiedlungen, auf Parkplätzen, in älteren Industrieanlagen oder auf Schrottplätzen. Kein schönes Licht, eher eines, was die Menschen kleiner, schwächer macht oder was einem das Gefühl vermittelt, ganz allein mitten in der Nacht irgendwo zu sein. Vielleicht auch ein Licht, welches sich für Grusel,- oder Crime-Sujets eignet. Natürlich macht es nur dann Sinn, wenn man an einer Location dreht, wo überwiegend diese Lichtart von den Straßenlaternen kommt. Dann sucht man nämlich in der Regel eine Möglichkeit, die Filmfiguren auch aus Augenhöhe mit kontrollierbarem Licht etwas aufhellen zu können und möglichst in der gleichen Lichtart. Wird das gesamte Licht von der Lichtcrew gesetzt, ist das natürlich überflüssig, dann kann man den Look nachträglich drüberlegen.
Natürlich unterstützen weitere Maßnahmen, wie die Farbwahl bei den Kostümen und die Ausstattung sowie später in der Postproduktion die Farbkorrektur einen waschechten Schmuddellook.
HTI Licht im Film
Sie sind entfernte Verwandte von HMI Brennern, die Quecksilberdampf-Hochdrucklampen und man findet sie in vielen Straßenbeleuchtungen. Sie werden wegen ihrer hohen Lichteffizienz eingesetzt, weil sie weitaus mehr Helligkeit produzieren können, als Halogenlicht. Im Gegensatz zur recht neutralen Daylight Farbtemperatur der HMI Brenner, erzeugen sie Helligkeit in einer blaugrünen Lichtfarbe. Das macht für den Einsatz als Straßenbeleuchtung nicht so viel aus, weil das menschliche Auge (die Stäbchen auf unserer Netzhaut sind nicht so farbempfindlich) bei Dunkelheit nicht mehr so empfindlich ist für Rotanteile und Blauanteile besser wahrnehmen kann.
Genau das macht den besonderen Look von Szenen mit Straßenbeleuchtung aus,- es sieht oft trist, sieht grünlich aus. Es fehlt schlicht ein ausreichender Rotanteil, HTIs haben einen sehr schlechten Farbwiedergabeindex und wenn in diesem Zusammenhang von Farbindex gesprochen wird, ist nicht der Adobe RGB Farbraum, sondern der gröbere CIE-1976-Farbraum gemeint. Der liegt bei 50, ordentliche Tageslichtscheinwerfer, selbst Glühbirnen liegen bei 98. Es gibt sie, dank verschiedener Leuchtstoffe im Innern der Glaskolben auch in verschiedenen Farbtemperaturen. Manche erreichen einen Farbwiedergabeindex von 59, allerdings reduzieren die Leuchtstoffe zur Veränderung der Farbtemperatur auch die Lichteffizienz.
Ähnlich wie HMI Licht, müssen sie erst hochbrennen, sie erreichen ihren optimalen Betriebsdruck (ca. 10 bar) erst nach ein paar Minuten Erwärmung. Das heißt konkret, dass sie unmittelbar nach dem Start fast kein Licht abliefern, bis eine gewisse Menge Quecksilber verdampft und der Innendruck gestiegen ist.
Und ähnlich wie HMI benötigen sie auch ein Vorschaltgerät, allerdings kein Zündgerät,- hier unterscheiden sie sich dann doch, die Quecksilberdampf-Hochdrucklampen, kurz HTIs sind deshalb weitaus weniger teuer. Die einfacheren Drossel-Vorschaltgeräte takten die HTIs dann mit 50 Herz (aus der Netzfrequenz,- in den USA mit 60 Herz) das hat natürlich Konsequenzen für Video,- und Filmaufnahmen. Sobald man höhere Bildfrequenzen als 24, 25 oder in den USA 30 Bilder pro Sekunde dreht, kann es zu Flimmern im Bild kommen. Bei Zeitlupenaufnahmen sind elektronische Vorschaltgeräte mit höherer Zündfrequenz vorzuziehen. Übrigens brauchen sie nach dem Abschalten immer eine gewisse Ruhezeit, bevor sie wieder gestartet werden können, da sind vier bis sechs Minuten einzuplanen.
Sie passen in keinen Filmscheinwerfer, die Glaskolben benötigen andere Fassungen und die Vorschaltgeräte kann man preiswert im Internet oder Elektronikhandel beziehen. Zusammen mit einer Reflektionsfläche etwa aus gewelltem, silberfarbenen Hammerschlag-Metallblech kann man sich primitive Filmleuchten für Straßenszenen selber bauen. Es gibt sie in unterschiedlichen Bauformen, mit Ellipsoidkolben, in Röhrenform oder auch als zweiseitig gesockelte Ausführung. Wenn man sie gut behandelt, können sie bis zu 20000 Stunden Brenndauer erreichen. Je älter die Brenner werden, desto stärker können Farbverschiebungen auftreten.
Da sie einen hohen UV Anteil besitzen, sind Schutzgläser wichtig, welche den UV Anteil wegfiltern. Es gibt sie übrigens auch für Bühnenzwecke in kleineren und mittleren Leistungen (100-200 Watt). Je nach Bauform heißen die Brenner HTI, HCI oder HQI und die verschiedenen Sockel für die Leuchtmittel sind Rx7s, Fc2, G8.5, GX10, GX8.5, GU6.5, G12, G22, E27, E40 und K12s. Defekte Brenner sind wegen ihres Gehalts an Quecksilber und teilweise auch Thalliumiodids Sondermüll.
Verwandte der HTI und HMI Brenner sind die HDL, HMD und NDL Brenner, welche für die Pflanzenenaufzucht Verwendung finden. Diese haben eher einen hohen Rot/Gelbanteil und ähneln damit dem Sonnenlicht. Doch es muss nicht zwingend HTI sein: Inzwischen sind auch intelligente LED Scheinwerfer am Markt, welche die vorhandene Lichtart analysieren und nachbilden können. Je nach Bauart kommen sie recht gut an das vorhandene Laternenlicht heran.
Sicherheitshinweis
Wichtig: Wie bei allen Geräten, die stromführend sind, muss man strenge Sicherheitsauflagen beachten. Wer sich so einen Scheinwerfer selbst zusammenbauen möchte, sollte einen Fachkundigen, im Idealfall einen Elektriker bitten, die notwendigen Anschlüsse durchzuführen. Da es hier keine fertigen kommerziellen Lösungen gibt, ist der Aufbau einer solchen Leuchte etwas herausfordernd. Oberbeleuchter*Innen an Filmsets sollten sich mit dieser Technik und den einschlägigen Sicherheitsmaßnahmen jedoch auskennen.