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Fett, fett, fett

 

Dreharbeiten2000

Dreharbeiten

 

Wohin man auch schaut: An allen Ecken entstehen Newcomer- oder Bewerbungsfilme mit beachtlichem Aufwand. Da werden 20- bis 30-Mann/Frau-Teams gebildet, werden LKW angemietet, werden Sponsoren aufgetrieben, wird geplant, motivgesucht, aufgelöst und häufig auch nur "Wir drehen einen Film" gespielt.

 

Was ein guter Film wirklich braucht ist nicht in eine Standardformel zu quetschen. Aber das große Equipment, der möglichst hohe Kran, die langen Schienen, der tolle Dolly und die dicken 35mm-Adapter, um das kleine Mini-DV wie 35 mm aussehen zu lassen, gehören sicher nicht an die erste Stelle einer idealen Filmrezeptur. Wer das Equipment vor die Geschichte, die Kraft der Schauspieler und die Bildgestaltung stellt, hat im Grunde genommen nicht verstanden, wo sich die magischen Momente beim Film wirklich abspielen.

 

Mattschwarz lackiertes Selbstbewusstsein

Oft genug wird unendlich viel Zeit darüber diskutiert, welcher Dolly zwingend gebraucht, welche Scheinwerfer unerlässlich sind, aber über die Dramaturgie und die Inhalte der Filmgeschichte schweigt man mit professionellem Pokerface. Seltsamerweise sind es oft gerade die Nachwuchskameraleute, die einen technischen Overkill einfordern, als gelte es, durch möglichst teures und professionelles Equipment die eigene Professionalität zu untermauern. Je höher der Geräteberg, desto stärker das Selbstwertgefühl. Wie oft wird völlig unmotiviert in Szenen gefahren, werden Kranfahrten eingesetzt, wo sie nichts zu suchen haben, nur um irgendwie mit dem großen Kino mithalten zu können, auch wenn man die Gestaltungsmittel gar nicht reflektiert hat?

 

Wirklich erfahrene Kameraleute sind in manchen Situationen dagegen durchaus in der Lage, mit nur einer Styroporplatte, einer Kamera und einem Kamerastativ geniale Bilder herzustellen. Alles ist relativ und man sollte sich für einen Erstling nicht finanziell ruinieren, nur weil irgendwer vollmundig teures Gerät verlangt. Es ist nichts Verwerfliches, wenn die Darsteller auch mal durch Schattenbereiche gehen, wenn sie an den wichtigen Stellen im Raum vernünftig ausgeleuchtet sind. Auch vorhandene Lichtquellen können als Scheinwerfer dienen, Reflektoren helfen, es umzulenken, Tischlampen, Deckenlampen, Tageslicht ohnehin.

 

Planspiele

Es klingt merkwürdig, aber neben kräftezehrenden "Da brauchen wir aber unbedingt"-Debatten sind Planungsfehler die zweiten großen Energiefresser bei Filmproduktionen. Wann man idealerweise welches Motiv dreht, wie viele Umzüge an einem Drehtag möglich sind und wann man für welche Lichtstimmung am Set bereit sein muss, gehören zu den wichtigen Fragen, die viel Kummer zu vermeiden helfen. Wenn man sein Team um 14 Uhr ans Set bestellt, um eine Außenszene bei Dunkelheit zu drehen, zwingt man ziemlich viele Menschen dazu, stundenlang rumzustehen und auf die Dunkelheit zu warten. Umgekehrt, wenn man das Team für eine Dämmerungsszene so knapp bestellt, dass die Dämmerung bereits beim Eintreffen einsetzt und man ganz gehetzt noch irgendwie die kurze Lichtphase nutzen will, leidet die Qualität. Die Zeiten für Sonnenauf- und Untergang kann man online präzise erfahren.

 

Auch so naheliegende Fragen wie jene, wo denn das Team und die Schauspieler zur Toilette gehen können, sind von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Drehs, bei denen man ein Fahrzeug als sogenannten Toiletten-Shuttle definiert und vorzugsweise Schauspieler bei Bedarf zu irgendwelchen Restaurant-Toiletten gekarrt hat, haben sich als nicht besonders entspannt erwiesen. Auch die Ernährungslage sollte unbedingt organisiert sein. Gerade wenn man früh am Set sein muss, können viele Zuhause gar nicht frühstücken. wenn dann nicht einmal warme Getränke und belegte Brötchen am Set sind, sinkt die Motivation der Teammitglieder und Schauspieler auf einen Minimalwert. Besonders unerfreulich sind auch nicht abgeklärte Motive - sei es, dass die Hausbewohner eines Motivs nicht informiert wurden und verärgert sind, dass im Treppenhaus alles vollgestellt ist, oder dass die Regie ein Motiv nicht gefällt und man mitten im Dreh ein Ersatzmotiv beschaffen muss.

 

Askese

Diverse professionelle Filme haben es vorgemacht: Man kann mit minimalem Geräteaufwand, kleinem Team und der Konzentration auf die Geschichte und deren Umsetzung Großartiges leisten. Es gibt sicher Filme, bei denen für bestimmte Szenen ein größerer technischer Aufwand unumgänglich ist, aber er hat nur einen Sinn, wenn es die Geschichte erfordert und wenn das Budget dafür da ist. Für alle anderen Filme kann es befreiend und die Energien bündelnd wirken, wenn man sich auf die Stärken von kleinen Videokameras beruft und nicht versucht, großes Kino zu imitieren. Geschichten, die durch ihre Kraft und Umsetzung überzeugen, können auch ohne Berge an Equipment ihren Weg ins Kino oder Fernsehen machen.

 

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