Digitale Unterschiede
Es gibt nicht wenige Puristen in der Tonszene, die nach wie vor mit analogen Bandmaschinen aufnehmen, obwohl die Zeichen der Zeit auf digital stehen. Das Argument, welches sie vor allem in die Waagschale werfen, ist der Klang. Gerade in diese Diskussion werfen die Vertreter der digitalen Seite immer die höheren Abtastraten und Wortbreiten ein, welche sich dem analogen Originalsignal weitgehendst annähern.
Die aktuellen Rekording-Systeme haben vor allem eines gemeinsam, sie überbieten sich gegenseitig durch hohe Sample-Rates und Wortbreiten. Auf den ersten Blick klingt das nach technischem Overkill, schließlich hat die CD 44,1 bei 16 Bit und die aktuellen Videosysteme sowie die DVD bis hin zu DVCPRO HD oder HDV haben 48 bei 16 Bit. Welchen Sinn machen also höhere Abtastrasten und Auflösungen?
Ist es wirklich wichtig oder verzichtbar, höhere Auflösungen zur Verfügung zu haben, und worauf ist dabei zu achten? Selbst kleine Handheld-Digitalrekorder, wie sie von Firmen wie Tascam, AEQ, Nagra, Sony, Fostex, M-Audio, Zoom oder Edirol angeboten werden, verfügen zumeist über umschaltbare Auflösungen und Sample-Rates.
Hintergründiges
Das Prinzip sei noch einmal in Erinnerung gerufen- Die Abtast- (oder auch Sample-)Rate bezeichnet die Anzahl der Messungen pro Sekunde, die am analogen Signal vorgenommen werden, um die Amplitude zu erfassen. Bei 48 kHz wird also 48000 Male in der Sekunde nachgemessen, welchen Pegel die Signalkurve jeweils hat.
Die Wortbreite (oder auch Tiefe) beschreibt, wie genau man bei jeder einzelnen Messung die Amplitute erfassen kann. Es ist also so etwas wie eine Skaleneinteilung, die darüber entscheidet, in wie vielen Stufen die Pegelunterschiede erfasst werden können.
Bei DVD und Video sind dies 16 Bit, das sind mathematisch 2 hoch 16 Werte (2X2X2X2X2X2X2X2X2X2X2X2X2X2X2X2) rechnet man dies aus, gelangt man zu 65536 Stufen, die sich, da elektrische Tonsignale jeweils als positive und negative Wellen darstellen, wiederum jeweils halbieren. Die verschiedenen Stufen kann man in einschlägigen Editing-Programmen gut erkennen, wenn man die Wellendarstellung in hoher Auflösung betrachtet. Plötzlich werden die Wellenformen zu Treppenstufen, den einzelnen Schritten eben, in die das analoge Signal aufgelöst wurde.
Erhöht man die Wortbreite etwa auf 20 oder 24 Bit, ist plötzlich eine um den Faktor 256 erhöhte Auflösung möglich. Dabei geht es nicht nur um eine differenzierte Abbildung des akustischen Signals, sondern noch um einen ganz anderen, bedeutenden Faktor: den Dynamikumfang. Diesen ermittelt man, indem man die Wortbreite mit 6 multipliziert. Bei 16 Bit hat man also 96 dB, bei 20 Bit 120 dB und bei 24 Bit 144 dB.
Dynamik bedeutet Gestaltungsfreiheit
Gerade die Erhöhung des Dynamikbereiches führt zu einem immer größeren Spielraum, hinsichtlich der leisesten und lautesten Stellen innerhalb der Aufnahme. Anders ausgedrückt, wenn der Bereich an Lautstärkeunterschieden klein ist, wie bei 16-Bit-Auflösung, so kann man darin schwerlich gleichzeitig wechselnde sehr leise und sehr laute Signale unterbringen. Es besteht stets die Gefahr, dass die lauten Stellen übersteuern oder aber die leisen schon zu leise sind.
Erhöht man aber die Wortbreite, so erweitert sich dieser Bereich abbildbarer Pegelunterschiede und bei 32 Bit Wortbreite ist eine Übersteuerung letztlich fast unmöglich. Dies ist vor allem für die Aufnahmesituation wichtig, auch wenn das Endergebnis später in 16 Bit (Digital-Video, DAT etc.) vorliegen soll.
Zudem werden natürlich die Signale auch differenzierter abgebildet, Feinheiten im Klangbild brauchen eine möglichst genaue Digitalisierung. Hier sind hohe Samplerates und Wortbreiten von 24 oder 32 Bit einfach im Vorteil.
32 Bit oder auf 64 Bit sind im Übrigen kein exotischer Wert sondern der Standard bei den Prozessoren heutiger Computer. Man nimmt dem Rechner sogar Arbeit ab, wenn dieser nativ in seiner ureigenen Wortbreite arbeiten kann und nicht permanent 16, 20 oder 24 Bit Signale bei der Bearbeitung umrechnen muss.
Bearbeitet man diese Aufnahmen, so kann man in den diversen Arbeitsschritten freier und kompromissloser arbeiten und muss erst zuletzt, wenn man auf 16 Bit wieder herunterkonvertiert, Übersteuerungen vermeiden. Doch da man das ja an einer Workstation tut und nicht in der Live-Situation, kann man die Pegel sehr sorgsam und in Ruhe einstellen.
Beim Prozess des Herunterkonvertierens auf 16 Bit, der erst ganz zuletzt, am Ende der Bearbeitungskette stehen darf, sollte man unbedingt die Dithering-Funktion verwenden.