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Regelwerk

Jeder Produzent kennt das, da hat man eine aufwändige Produktion mühsam über alle Widrigkeiten der Preproduktion, der Dreharbeit und der Postproduktion gehievt und auch die Redaktion hat das Werk glücklich abgenommen, da steht eine letzte Hürde vor der Auszahlung der letzten Rate des Fernsehanteils bevor: Die technische Abnahme. Wer beabsichtigt, seine Filme Fernsehsendern anzubieten oder für diese zu produzieren, sollte ein paar Mindestanforderungen erfüllen.

Hier werden technische Parameter des fertigen Sendebandes überprüft: Weißwert, Schwarzwert, Pegel, Farben, die Richtigkeit des technischen Vorspanns und vieles andere mehr. Treten Mängel auf und sind sie zu gravierend, muss der Produzent nachbessern, was Zeit und Geld kostet. Schlimmstenfalls ist noch eine komplett neue Abtastung und/oder Farbkorrektur erforderlich.

Woher weiß denn der Produzent nun überhaupt, was der Sender an technischen Parametern geliefert bekommen will? Nun dafür haben praktisch alle Sender sogenannte Pflichtenhefte in der Schublade, die sie den Produzenten zur Verfügung stellen. Hier finden sich alle technischen Details, auf welche der Sender Wert legt. Achtung: Das Pflichtenheft des einen Senders kann andere Richtlinien beinhalten als jenes eines zweiten Senders!

 

Formatpflichten

Es beginnt bereits mit so bedeutenden Fragen wie früher dem Kassetten, bzw. heute dem Datenformat. Amateurformate wie Mini-DV kamen da in der Regel nicht vor, bestenfalls DVC Pro oder DV-Cam, ansonsten nur die professionellen Bandformate wie Beta SP, Digital Beta, DVCPRO HD, HDCAM etc.

Selbst wenn man "nur" auf HDV produziert hat, was man ja nicht gleich dem Sender auf die Nase binden musste, sollte das Sendeband dann auf einem professionellen Videoformat angeliefert (hochkopiert bzw. digital konvertiert) werden. Welches das ist, steht meistens im Produktionsvertrag und/oder im Pflichtenheft des Senders.

Übrigens lassen die Sender ab und an auch Ausnahmen zu, nämlich dann, wenn es sich um besonders interessantes Videomaterial handelt. Besonders in der aktuellen Berichterstattung gelangen immer wieder Amateuraufnahmen von aktuellen Ereignissen in die Nachrichtensendungen. Doch das sind eben die Ausnahmen. Viel Ärger gab es um die Vorgaben der EBU (European Broadcasting Union), dass Super 16 nicht mehr als Ausgangsformat geeignet sein sollte. Ursache dafür war, dass die Filmabtaster und Scanner bei HD nicht so gut mit dem Filmkorn umgehen konnten, obwohl die Qualität von Super 16 vielen HD-Kameras deutlich überlegen ist. Inzwischen ist der Streit beigelegt, doch die große Zeit der Filmdrehs auf Super 16mm oder auch 35mm ist inzwischen dennoch vorüber.

 

Technischer Vorspann

So, wenn also klar ist, auf welchem Videoformat man das Sendeband anliefern soll, folgt die Frage des technischen Vorspanns und des Timecode-Starts. Damit verschiedene technische Geräte aufeinander abgestimmt werden können, sollte vor dem Programmbeginn ein sogenannter technischer Vorspann aufgezeichnet werden. Das ist in der Regel ein Farbbalken im Bild und ein Messton von 1 Khz auf allen Tonkanälen. Je nach Sender variieren die zeitlichen Vorgaben, aber allgemein verbreitet ist es, 1 Minute und 40 Sekunden vor dem Bildanfang des Filmes mit dem Farbbalken zu beginnen und diesen eine Minute lang aufzuzeichnen. Der Farbbalken wird von einem speziellen, möglichst Signal-stabilen Farbbalken-Generator erzeugt. Neben dem vollständig gesättigten Farbbalken findet auch zur Vermeidung von Übersteuerungen der 75 % gesättigte Farbbalken Verwendung.

Bitte nicht auf die Idee kommen, von irgendeinem Videoband, auf dem man zufällig einen Farbbalken findet, diesen auf das Sendeband zu kopieren. Da summieren sich jede Menge Kopierfehler. Gleiches gilt für den Pegelton, der sollte von einem stabilen Sinustongenerator stammen, und die Pegelanzeige des Aufnahmegerätes sollte eine genaue Teilung haben (viele Einzelsegmente) um mindestens auf 1 dB genau an die gewünschte Pegelposition justieren zu können. Professionelle Videorekorder, Camcorder aber auch diverse Semiprofessionelle Camcorder bis hin zum Mini-DV-Format haben eingebaute Farbbalken-Generatoren. Die sind also durchaus geeignet, wenn man das Signal direkt vom Generator auf das Sendeband aufnimmt. Der Tonpegel auf den Spuren hat in der Regel -9 dB und dieser Wert wird auch auf dem Datenblatt zum Videoband festgehalten.

 

Programmstart

Anschließend folgen auf dem Band 20 Sekunden Schwarz (Blackburst) oder ein Film- bzw. Videostart (zählt von 10 Sekunden vor Bildbeginn rückwärts bis 1) und im Ton Stille. Dann beginnt der Film. Was den Timecode angeht, so variieren die Vorstellungen von Sender zu Sender erheblich. Manche beginnen mit dem technischen Vorspann bei 09:58:40:00 (also 09 Stunden, 58 Minuten, 40 Sekunden und 00 Frames/Bilder), wobei konsequenterweise der Programmbeginn (PGM-Start) bei 10:00:00:00 liegt, andere lassen den Film bei 01:00:00:00 beginnen. Die einheitliche Einhaltung dieser zeitlichen Vorgaben verhindert, dass man, wie es manchmal bei abgetasteten Filmen vorkommt, vor dem Bildanfang noch kurz den Rest des Filmstarts sieht. Das gesamte Sendeband sollte von Anfang bis Ende einen durchgehenden Timecode besitzen, das heißt der VITC und ggf. der LTC dürfen keinerlei Sprünge aufweisen.

 

Tongrenzen

Was das Programm angeht, so schreiben viele Sender eine Begrenzung der Dynamik vor (also des Pegelunterschieds zwischen der leisesten und der lautesten Stelle im Filmton). In der Regel werden Fernsehmischungen in der Signalsumme (Ausgang des Mischpultes) noch über einen Kompressor geschickt, der die Lautstärkeunterschiede welche die Tonmeister mühsam gestaltet haben, wieder zusammenquetscht. Die Vorgaben der Sender variieren hier erheblich. Bei ARD und ZDF sind 8 bis 12 dB Dynamik erlaubt, bei den meisten Privatsendern eher nur 5 bis 8 dB. Akustisch gesehen ist letzteres eine mittelschwere Katastrophe, schließlich sorgen diese Kompressoren dafür, das praktisch alle Stellen im Film irgendwie laut rüberkommen. Mit der ursprünglichen tondramaturgischen Gestaltung hat das oftmals nichts mehr zu tun. Sender mit einem eher künstlerischen Anspruch, wie arte oder 3Sat, lassen manchmal auch größeren Spielraum, da sind auch schon mal 16 bis 20dB denkbar, das muss man individuell erfragen. Inzwischen haben sich in diesem Bereich andere Normen durchgesetzt, bei denen die Lautheit überprüft und begrenzt wird.

 

Bildgrenzen

Bei der technischen Abnahme wird das Videoband auf einem besonders hochwertigen Monitor, einem sogenannten Klasse1-Monitor, betrachtet. Bereits hier fallen typische technische Bildfehler auf. Zu knallige (übersättigte) Farben etwa, zu hoher Schwarzwert, ausgefressene Weißwerte (Clippendes Weiß), schlechter Signal-Rauschspannungsabstand (kein richtiges Schwarz, statt dessen eher rauschiges Grau), instabiles Signal, zu geringe Auflösung etc. Darüber hinaus wird auch darauf geachtet, ob etwa bei den Programmtiteln auf die Einhaltung des Safe-Title Bereichs geachtet wurde.

Unabhängig von der sichtbaren Güte der Bilder (also der Auflösung, Schärfe und Kadrierung) kontrollieren die MAZ-Techniker bei der technischen Abnahme das Bild auf einem sogenannten Vektorskop. Das ist eine Art auf Fernsehsignale spezialisiertes Oszilloskop, wo man unter anderem die Luminanzamplitude, die Chrominanz-Amplitude und die Phase des angelieferten Videosignals ablesen kann. Präzise Einzeichnungen und Skalen zeigen den Technikern genau, ob sich die Pegelverhältnisse noch im erlaubten Rahmen bewegen. Untersucht wird dabei zunächst das Signal vom Farbbalken. Die verschiedenen Farben dort verlaufen stets horizontal, denn das Vektorskop zeigt lediglich eine Zeile des Fernsehsignals an, in der auf diese Weise in Form von Treppenstufen alle Farben des Balkens enthalten sind. Welche Zeile das Vektorskop anzeigen soll, kann der Techniker am Gerät frei auswählen.

Messtechnisch betrachtet steht für die Bildinformation des Schwarzweiß-Signals (das liegt unter dem Farbbild und bestimmt die Helligkeitswerte) ein Spielraum zwischen 0 und 700 mV (also 0,7 Volt) zur Verfügung. Selbstverständlich wird auch der gesamte Film hinsichtlich der technischen Parameter auf dem Vektorskop kontrolliert.

 

Bildschwächen

Auch wenn es durchaus möglich war, mit Mini DV zu drehen und daraus sogar sendefähige Programme herzustellen, gab es natürlich auch im Bild gewisse Grenzen. So werden nahe oder halbnahe Einstellungen in DV durchaus einwandfrei, bei totalen aber stieß man mit diesem Format durchaus an Grenzen. Dafür ist vor allem die verringerte Farbauflösung verantwortlich. Hier ist etwa eine Beta SP, obwohl sie nur analog aufzeichnet, dem Bild einer Mini DV weit überlegen. Bessere Ergebnisse liefert DV-Cam oder DVC Pro 50. So wurden für diese Formate die Normen für HD bei den Fernsehanstalten so festgelegt, dass mindestens eine Farbtiefe von 4:2:2 gefordert wird. Doch die technische Entwicklung ist längst viel weiter, die aktuellen Festlegungen versuchen sich jeweils am technisch machbaren zu ordientieren ohne die Verhältnismäßigkeit des Aufwands aus den Augen zu verlieren.

Unschärfen, starke Verwackler, Bildstandsfehler, Blitzer von Negativklebestellen (bei abgetasteten Filmen) gehören zu den sensiblen Bereichen, welche zu Reklamationen bei der technischen Abnahme führen können. Oftmals lassen sich derartige Dinge noch aus künstlerischen (es war so gewollt) oder dokumentarischen (es existiert nur diese eine, nicht wiederholbare Aufnahme) ausdiskutieren und Ausnahmeregelungen erwirken. Wer gleich sauber arbeitet, ist in jedem Fall auf der sicheren Seite. Die meisten Fernsehanstalten senden ihre Pflichtenhefte übrigens ihren Auftrags- oder Koproduzenten bei Bedarf zu. Man kann sie aber auch gegen eine Schutzgebühr beim IRT bestellen.

 

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