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Bauernhaus Silberwald 2000

Eines der Fenster dieses alten Bauerhauses soll in einer Nachtszene durch einen Mollotowcocktail bersten und in Brand geraten. So etwas dreht man natürlich nicht real, sondern man montiert das Feuer nachträglich ein. Und natürlich benötigt man dafür eine nächtliche Aufnahme des Bauernhauses zusammen mit den beiden Darstellern der Szene

 

Im Compositing werden, ähnlich wie bei der statischen Bildbearbeitung (Photoshop, Corel Paint etc.), mehrere visuelle Elemente zusammengefügt. Dies ist ein Teilbereich von "Visual Effects" oder kurz VFX genannt.

Für den Kinofilm "Silberwald" (Regie: Christine Repond, Produktion: Karin Koch, Dschoint Ventschr, Zürich in Zusammenarbeit mit Allary-Film, Tv & Media, München, Kamera: Michael Leuthner) musste Feuer in ein Fenster einmontiert werden. Der Film dreht sich um drei Jugendliche in einem Dorf im Schweizer Emmental, die aus Langeweile und auf der Suche nach Bestätigung in gefährliche Nähe zu einer Neonazi Gruppe geraten. Gegen Ende des Films erkennt die Hauptfígur Sascha, als er und sein Freund ihren Mut beweisen und Molotowcocktails in ein Asylantenwohnheim werfen sollen, welches Unrecht sie da begehen. Doch sein Freund schmeißt den Molotowcocktail und entzündet ein Feuer.

Für das Einfügen bestimmter Elemente in Videoaufnahmen verwendet man den Begriff Plates. Das kann etwa Himmel oder Wasser sein. Echte Filmaufnahmen sehen meist realistischer aus, als künstlich generierte. Derartige Aufnahmen werden von dem Filmteam entweder mitgedreht, oder aus Kaufarchiven (Film Stock Footage) ausgewählt und dann in das Hauptbild einmontiert. In unserem Fall musste ein Plate von dem brennenden Fenster gedreht werden. Dafür wurden zunächst einmal die genauen Maße des Fensters abgenommen und aus einer Spanplatte eine Maske mit gleichem Höhen/Seitenverhältnis aber um 50% verkleinert zugesägt.

 

Maske Fenster Schwarz 2000

Eine mattschwarz gestrichene Spanplatte mit präzise im Massstab ausgesägten Fensteröffnungen wurde vorab präpariert

 

Die Maske, also unsere auf 50% verkleinerte Spanplatte, musste dann möglichst matt und schwarz deckend gestrichen werden. Auf diese Weise sollten die Flammen, optisch beschnitten durch das Fensterformat mit der Kamera aufgezeichnet werden. Gedreht wurde tatsächlich analog auf Kodak Super 16 Material.

Gedreht wurde an einer privaten Feuerstelle, an der sonst Grillfeuer lodern und natürlich bei Einbruch der Dunkelheit. Die Holzplatte wurde mit zwei Lichtstativen und Uni-Klemmen senkrecht vor der Feuerstelle aufgestellt. Hinter der Feuerstelle wurde der Hintergrund, ein grün zugewachsener Garten mit Molton, der ebenfalls zwischen Lichtstativen mit einer Polecat und Kroko-Klemmen aufgehängt wurde, abgedeckt. Schließlich sollten nur die Flammen mit der Kamera aufgenommen werden.

 

Maske Fenster Hintergrund 2000

Der Bildhintergrund hinter dem Feuer muss auch mit schwarzem Molton abgedeckt werden, sonst würde man, vom Feuer beleuchtet, das grüne Laub dahinter sehen.

 

Eine Besonderheit bei der Aufnahme ergab sich aus dem verkleinerten Maßstab. Würde man das Fenster-Plate ganz normal mit 24/25 Bildern in der Sekunde mit der Kamera drehen und es würde dann in das Video mit dem realen Haus einmontiert, würden die Flammen vom Maßstab her, zu schnell und zu wild flackern. Deshalb musste die Aufnahme mit doppelter Geschwindigkeit (=Zeitlupe) gedreht werden. Dies ergibt sich rechnerisch aus dem Maßstab,- halbe Größe der Maske bedeutet doppelte Bildfrequenz. Dadurch wurden die Flammen im einmontierten Film von ihren Bewegungen her wieder realistisch. Hätte die Fenstermaske nur 1/4 der Originalgröße, hätte man entsprechend mit noch höherer Bildfrequenz/Geschwindigkeit drehen müssen.

 

Maske Fenster Feuer 2000

Mit Hilfe von Grillanzünder und in die Flammen gepusteten Bärlappsporen (Lycopodium) ließen sich auf Kommando für die Filmkamera Stichflammen erzeugen

 

Woher der Begriff "Plate" eigentlich stammt, ist umstritten. Er könnte zurückgehen auf die Glas,- oder Spiegelplatten (Plates) mit denen Maskentricks in der Frühzeit des Films realisiert wurden. Der Kameramann Eugen Schüftan hatte das Verfahren entwickelt und beispielsweise in Fritz Langs "Metropolis" auf geniale Weise eingesetzt. Vielleicht stammt er auch von den Glasplatten, zwischen denen die Silberschicht der frühen Fotos ihre Schwärzungen erzeugte.

Für den Effekt von Stichflammen und Feuerexplosion wurden Bärlappsporen (Lycopodium) verwendet. Hierfür sind an Filmsets die Pyrotechniker zuständig, ihr Arbeitsbereich gehört zu den "Special Effects". Es versteht sich von selbst, dass man so etwas nur an einer überwachten Feuerstelle und mit ausreichend Feuerlöschern und Löschwasser herstellen sollte. Durch die Miniaturisierung der Fenstermaske auf 50% der Originalgröße war nur ein kleines Feuer erforderlich.

Die Aufnahmen von den Flammen wurden dann entwickelt, abgetastet und in einem Compositing-Programm, zum Beispiel After Effects, in die gedrehte Szene mit den Schauspielern vor dem Bauernhaus eingefügt. Selbst in Premiere Pro kann man eine solche Maske in die Aufnahme des nächtlichen Bauernhauses einmontieren. Im fertigen Spielfilm sieht das Feuer in dem alten Bauernhaus richtig bedrohlich und absolut realistisch aus.

 

Maske Fenster Feuer Flammen 2000

Das auflodernde Feuer wird durch die Maske exakt in dem Format beschnitten, wie es das reale Fenster im Bauernhaus auch beschneiden würde

 

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