Die Geschwindigkeit, mit der wir gestaltend schwenken, ist ein wenig vergleichbar mit dem Takt von Musik. Wir geben einer Aufnahme eine bestimmte visuelle Gestalt, bestimmen ihr Timing, erzeugen ein Zeitgefühl. An dieser Stelle aber soll es um die technischen Hintergründe gehen, die Vorgaben in Bezug auf die Schwenkgeschwindigkeit, die uns durch technische Parameter gemacht werden. Was müssen wir beachten, um ruckelnde, shutternde Schwenks zu vermeiden.
Dabei geht es immer wieder um die Frage, wie viele Bildinformationen werden wie schnell verändert. Man kennt das Thema beispielsweise auch, wenn es darum geht, Rolltitel richtig zu gestalten, ohne dass sie ruckeln. Wenn sich maximal eine bestimmte, bei Titeln geradzahlige Anzahl von Pixeln pro Bild verändern, ca. maximal 4 bei HD, ruckelt es nicht. Doch wie sieht es bei realen Videoaufnahmen aus?
Die Bildfrequenz
Für viele Kameraleute aus dem TV-Bereich war es stets eine Überraschung, wenn sie mit den gewohnten inneren Zeiteinheiten, die sie bei Videoaufnahmen für das gute alte SD (Standard Definition) Fernsehen gewohnt waren, zum ersten Mal auf Film drehten und schwenkten. Hier kam es dann rasch zu bösen Überraschungen. Schwenkgeschwindigkeiten, die bei Video völlig in Ordnung waren, erzeugten beim Film (oder auch bei Video mit 25 Vollbildern) unschöne Shutter-Effekte.
Der Grund liegt darin, dass aus historischen Gründen, das Fernsehen mit Halbbildern arbeitete. Das bedeutet, dass trotz der eigentlich 25 Bilder in der Sekunde, diese in 50 Halbbildern (USA: 30 B/sec bzw. 60 Halbbilder/sec) aufgezeichnet wurden. Auf diese Weise wurden Bewegungen, und damit natürlich auch die Schwenkbewegungen der Kamera, mit einer relativ hohen Bildfrequenz aufgenommen. Drehte man nun auf Film mit lediglich 24 B/sec, so bedeutete das halbierte Bewegungsauflösung. Man durfte also nur halb so schnell schwenken, wie bei Video.
Die Auflösung
Mit dem Aufkommen von High-Definition, danach UHD, 4K und vielleicht 8K, zeigten sich weitere Veränderungen. Je mehr Details aufgelöst und vom Zuschauer wahrgenommen werden, desto mehr muss das Auge auch bei einem Schwenk verarbeiten. Zudem vergrößert sich bei der höheren Auflösung auch die sogenannte Bewegungsunschärfe (Motion Blur). Eine Verdoppelung der Auflösung verlangt theoretisch nach einer Halbierung der Schwenkgeschwindigkeit.
Bildgeschwindigkeit und Auflösung
Wenn nun etwa wegen höherer Auflösung die Schwenkgeschwindigkeit halbiert werden muss, man aber dennoch schneller schwenken möchte, so lässt sich das durch eine höhere Bildfrequenz kompensieren. Allerdings nur, wenn die entsprechenden Bildschirme oder Beamer auch die höheren Bildfrequnzen liefern können. Drehs mit 50 oder 60 Bilder in der Sekunde machen unter diesem Aspekt betrachtet, durchau Sinn.
Shutter (indirekt: Belichtungszeit)
Grundsätzlich kann man sagen, dass die längere Belichtungszeit, was gleichbedeutend ist mit einem größeren Winkel des Shutters (üblich ist 180 Grad), den Shutter Effekt reduziert, kürzere Belichtungszeiten erhöhen den Shutter-Effekt. Das ist dadurch erklärbar, dass die Bewegungen in Aufnahmen kürzerer Belichtungszeit präziser eingfroren werden, während sie bei längerer Belichtungszeit bereits ein wenig Bewegungsinschärfe innerhalb des einzelnen Bildes enthalten. Wir sprechen hier von sehr geringen Werten. Umgekehrt muss man natürlich bedenken, dass wenn möglichts präzise Detailwiedergabe, etwa bei Landschaften, gewünscht ist, die kürzere Belichtungszeit Vorteile hat. Man muss dann allerdings langsamer schwenken.
Kontrast
Bildinhalte mit starkem Kontrast sind anfälliger für Shutter-Effekte, als solche mit niedrigem Kontrast. Hier kommen wir wieder auf den eingangs erwähnten Rolltitel zurück, weiße Schrift auf schwarzem Grund ist so ziemlich der maximlae Kontrast, den man sich vorstellen kann, entsprechend sensibel sind hier die Wahrnehmungen hinsichtlich zitternder Bildinhalte. Eine diffuse Landschaft ohne große Kontraste kann demnach schneller geschwenkt werden, als die gleiche Landschaft in sehr kontrastreicher Lichtsituation.
Faustregeln
Eine recht einfach zu merkende Regel bei 24/25 Bildern in der Sekunde und einen 180 Grad-Shutter lautet: Man sollte miemals schneller schwenken, als dass der Bildinhalt bei einem Schwenk schneller vollständig verändert ist, als in sieben Sekunden. In der Praxis will das besagen, dass ein Objekt am linken Bildrand bei einem Linksschwenk mindestens sieben Sekunden lang brauchen sollte, bis es am rechten Bildrand verschwindet.
Formeln
Für mehr mathematisch technische Ansätze gibt es natürlich jede Menge Tabellen, viele davon wurden bereits vor mehr als einem halben Jahrhundert erstellt. Denn mit dem Problem waren Kameraleute schon immer konfrontiert.
RED etwa bietet auf seiner Website verschiedene Tools an, unter anderm eines, mit dem man eine Empfehlung für die Schwenkgeschwindigkeit aus verschiedenen Parametern, die man eingeben kann, erhält. http://www.red.com/tools/panning-speed
Doch auch hier drückt man sich vorsichtig bis vage aus, das ist auch logisch, denn Faktoren, wie der Deteilreichtum eines Bildes oder die Unschärfeverteilung werden von keiner Tabelle der Welt erfasst. Eine Landschaft mit sehr vielen Details wird sicherlich eine langsamere Schwenkgeschwindigkeit erfordern, als ein Meereshorizont. Manchmal kommt es vor, dass Objekte die näher liegen, shuttern, während andere in der Ferne bei Schwenks ohne jeden Effekt bleiben.
Letztlich ist es die Aufgabe von erfahrenen Kameraoperateuren, hier das richtige Gefühl zu entwickeln. Die immer höher werdenden Auflösungen machen es allerdings immer schwerer, schnelle Schwenks zu realisieren.