So seltsam es klingt angesichts der klaren Überlegenheit von Richtmikrofonen und Lavaliermikros an Filmsets, manchmal ist es sinnvoll, Mikrofone im Raum zu verstecken. Das ist übrigens gar nicht so neu, im Gegenteil, in der Frühzeit des Tonfilms waren die Mikrofone zu unempfindlich und Richtmikrofone reine Utopie, dass man eine größere Anzahl von ihnen im Set verstecken musste, um die Stimmen der Schauspieler*Innen besser aufnehmen zu können.
Vorteile
Wir sprechen an dieser Stelle nicht von Raummikrofonen, welche die spezifische Atmo eines Raumes aufnehmen sollen. Wenn man heute Mikrofone im Filmset versteckt, um Dialoge etc. aufzunehmen, kann das unterschiedliche Gründe haben. Wenn es sich um eine sehr beengte Location mit niedriger Raumhöhe handelt, oder es aus anderen Gründen nicht möglich ist, eine Tonangel samt Richtmikrofon über den Köpfen der Schauspieler*Innen zu führen, können im Raum platzierte Mikrofone den Ton von drahtlos übertragenen Lavaliermikrofonen unterstützen, also so ähnlich wie Stütz-Mikrofone.
Ohne ständig eine Tonangel über dem Kopf zu spüren, können sich Schauspieler oft freier und natürlicher bewegen, ohne ständig diese Fremdkörper über sich zu haben. Das Risiko, dass ein Richtmikrofon versehentlich ins Bild taucht, besteht nicht. Außerdem kann man, wenn die Mikrofone intelligent platziert werden, einen Raum möglicherweise natürlicher erfassen.
Kamerabewegungen wie etwa Fahrten etc. werden nicht durch die Mikrofonangel eingeschränkt.
Herausforderungen
Nun hat es gute Gründe, weshalb sich in fast einem Jahrhundert Tonfilmgeschichte das Tonangeln per Richtmikrofon und die die Abnahme der Stimme mit Lavaliers als beste Variante durchgesetzt haben. Im Raum versteckte Mikrofone bringen mehr Umgebungsgeräusche mit, etwas was man beim Filmton eher vermeiden möchte. Auch leidet die Präsenz von Stimmen, wenn die versteckten Mikrofone weiter von den Schauspieler*Innen entfernt sind. Nicht ganz unterschätzen darf man mögliche Probleme durch Körperschall. Wenn Mikrofone auf einem Tisch versteckt sind, an dem die Schauspieler*Innen sitzen und agieren, überträgt sich jedes Ruckeln am Tisch extrem deutlich.
Es ist nicht so einfach, Mikrofone so im Motiv zu verstecken, dass sie möglichst nah an den Personen, zugleich aber durch Requisiten etc. gut verdeckt sind. Objekte im Motiv können den Klang verändern, man muss das austesten, wie man die bestmögliche Qualität erzielt. Da es nicht so einfach ist, mehrere Raummikrofone überzeugend zusammenzumischen, sollte man sie vor Ort separat aufnehmen, also mit Mehrspurrecordern. Das Vormischen und Aufzeichnen mehrer Raummikrofone auf einen Tonkanal vor Ort ist nicht so optimal.
Mikrofone
Mikrofone im Set zu verstecken, bedeutet meist, auf Funkstrecken zurückzugreifen, weil herkömmliche Mikrofonkabel im Bild sichtbar wären. Funkstrecken besitzen wegen der Miniaturisierung keine XLR Buchsen, man benötigt für gängige Mikrofone also einen Adapter auf den Funkstreckeneingang. Die meisten kompakten Funkstrecken liefern auch nicht die 48 Volt Phantomspeisung, die man benötigt, um echte Kondensatormikrofone zu betreiben. Deshalb müsste man, falls diese klein genug sind um versteckt zu werden, auf Elektret Kondensatormikrofone zurückgreifen. Ausnahmen bilden die Aufsteck-Funkstrecken Mipro TA-80, Sennheiser EW-DP SKP, Shure SLXD3 G59, Sony - UTX-P40/K33, Godox TX3 XLR Plug On XLR Transmitter, die besitzen XLR Eingänge und liefern echte 48 Volt Phantomspeisung. Mit diesen können auch echte Kondensatormikrofone drahtlos verwendet werden. Vorsicht- nicht alle Aufstecksender bieten 48 Volt Phantomspeisung, so etwa der BOYA BY-WXLR8 Pro.
Diese sollten eine gewisse Richtwirkung mitbringen, Niere, Superniere oder wenn die Schauspieler*Innen sich wenig bewegen, auch Keule. Je gerichteter sie allerdings sind, desto länger ist auch ihr Richtrohr, wodurch sie schwerer zu verstecken sind. Um den Ton möglichst optimal im Raum aufnehmen zu können, sollten die Mikrofone eigentlich eine gewisse Membrangröße haben.
Doch es gibt auch Ausnahmen, manche winzigen Lavaliermikrofone, die natürlich auf Grund ihrer Größe besser zu verstecken sind, können ebenfalls erstaunliche Qualität liefern. Lavaliers wie das Sanken COS-11D, DPA 4060/4071, Countryman B6 und Sennheiser MKE 2 gehören zu den besten ihrer Art. Dabei muss man allerdings beachten, dass viele Lavaliermikrofone eine Absenkung im Bassbereich haben, um bei ihrer eigentlichen Verwendung als Anstecker, den Resonanzkörper Brustkorb bei Menschen zu kompensieren. Im Raum eingesetzt, fehlen dann aber die Bässe. Das DPA 4071 beispielsweise hat einen Hochpassfilter, der für Sprachaufnahmen optimiert ist und die Bässe unterdrückt, ist also zum Verstecken im Motiv eher nicht so gut geeignet.
So können etwa die ECM 90 von Sony einen Klangbereich abdecken, für den man normalerweise viel größere Mikrofone benötigen würde. Sie haben keine Absenkung im Bassbereich, beginnen bei 20 Herz und reichen bis 20.000 Herz. Wenn man sie beispielsweise an der Seite eines Schreibtisches oder dem Kopfteil eines Bettes versteckt, kann man hervorragend Stimmen aufnehmen. Diese haben nämlich durch eine spezielle Doppelmembran eine ähnliche Wirkung wie eine Acht, dadurch kann man Töne in zwei Richtungen aufnehmen, ohne dass man das Mikrofon in eine bestimmte Richtung ausrichten muss.
Fazit
Die Verteilung von Mikrofonen im Set birgt das Risiko von Nachteilen bei der Klangqualität in sich. Man sollte auf diese Methode deshalb nur zurückgreifen, wenn die Vorteile oder Notwendigkeiten durch die Aufnahmesituation überwiegen. Unabhängig davon: Ein zusätzliches Mikrofon für den Raum kann nie schaden, um die Raumatmo besser festhalten zu können. Am Besten in Stereo und in MS Stereofonie.