Nach den Oscars steht nun in Deutschland mit der extra wegen des geänderten Oscar-Termins ebenfalls verschobenen Berlinale, das nächste großes Filmfestspiel bevor. In diesem Jahr wird sogar Jubiläum gefeiert: Bereits zum 70. Mal öffnet das Festival seine Tore für Filmemacher und - Liebhaber und zeigt wieder einmal Werke aus aller Welt.
Neue Festivalleitung
Nachdem Dieter Kosslik im vorherigen Jahr seine Arbeit als Direktor des Festivals nach 18 Jahren beendete, sollen nun zum ersten Mal Carlo Chatrian, der als bisheriger Leiter des Locarno-Filmfestivals bereits Erfahrung hat und Mariette Rissenbeek, die die wirtschaftliche Direktion des Events übernimmt, das Festival leiten. Das Duo belässt bisher vieles bei Altbewährtem und möchte mit dem Festival laut eigener Aussage weiterhin den internationalen Austausch mit anderen Kulturen und Einrichtungen ermöglichen.
Veranstaltungen zum Einstimmen
In diesem Jahr finden im Vorfeld vor der Eröffnung bereits zahlreiche Veranstaltungen statt, die auf die Feierlichkeiten einstimmen sollen. Unter anderem die Ausstellung "Das Theater des Kinos", die bereits seit dem 12.02. zugänglich ist und bis zum 01.03. noch zu besuchen sein wird. Dort kann man mit Unterstützung von verschiedenen Multimedia-Darstellungen die verschiedenen Bereiche des Theaters erkunden und die Geschichte des Kinos auf eindringliche Art und Weise kennenlernen.
Außerdem kann beispielsweise das Sonderprogramm "On Transmission" besuchen. Hier wurden sieben Filmemacher/innen eingeladen, die laut Carlo Chatrian einen bleibenden Eindruck auf der Berlinale hinterlassen haben. Diese dürfen jeweils einen geschätzten Kollegen einladen mit dem sie über die Filmkunst reden wollen. Von beiden werden die Filme auch auf der Veranstaltung gezeigt und anschließend besprochen. So entsteht ein interessanter Dialog zwischen den einzelnen Filmemachern. Vom 21.02. bis zum 27.02. ist die Veranstaltung besuchbar.
Eröffnung live im Kino
Eine Besonderheit wird unter der neuen Leitung eingeführt: Die Eröffnungsgala und die anschließende Premiere des diesjährigen Eröffnungsfilms (My Salinger Year) am 20.02. werden um 19:20 Uhr live in vier deutschen Kinos übertragen. Samuel Finzi moderiert die Veranstaltung, die man sich in den Cinemaxx Kinos in Hamburg-Dammtor, München, Essen und Halle (Saale) ansehen kann.
Die Eröffnung selbst wird auch live auf 3sat um 19:20 Uhr übertragen.
Zahlen der Berlinale
Neben dem Eröffnungsfilm werden noch weitere 341 Filme gezeigt, wovon 88 Kurzfilme und 94 der dokumentarischen Form zuzuordnen sind. 46 dieser Produktionen kommen aus Deutschland.
Des Weiteren stehen 18 Filme im Wettbewerb gegeneinander in den Startlöchern, wobei sich zeigen wird, welcher der Kandidaten den Goldenen Bären als besten Film mit nach Hause nehmen darf. Besucher des Festivals werden also auch wie in den vorherigen Jahren keine Probleme haben Vorstellungen zu finden, die sie interessieren könnten.
Die Themen Diversität und Gleichberechtigung haben auch in diesem Jahr einen hohen Stellenwert. Was die Frauenquote betrifft, so waren unter den 364 Regisseuren (Co-Regisseure inbegriffen) 37,9% Frauen, was durchaus ein guter Wert ist. Im letzten Jahr war die Prozentzahl etwas höher, da in der Retrospektive als Hommage an die ehemaligen Regisseurinnen der BRD und DDR nur Filme gezeigt wurden, bei denen Frauen Regie geführt hatten.
Kein leichter Neustart
Selbstverständlich werden auch in diesem Jahr viele Schauspieler der aufgeführten Produktionen bei der Berlinale über den roten Teppich laufen. Darunter werden Hollywood-Stars wie Javier Bardem erwartet, sowie Cate Blanchett, Selma Hayek und Johnny Depp erwartet. Deutsche Schauspieler wie Lars Eidinger, Nina Hoss und viele mehr werden wohl auch auf der Veranstaltung zu finden sein. Des Weiteren ist erwähnenswert, dass Hollywood-Größe Jeremy Irons als Jurypräsident der Berlinale ausgesucht wurde. Dies stieß allerdings bereits im Vorfeld auf Kritik, denn der Schauspieler fiel in der Vergangenheit durch frauenfeindliche und homophobe Aussagen auf. Fairerweise muss man hier auch erwähnen, dass er sich bereits vor der #MeToo-Bewegung für diese entschuldigt hatte. Trotzdem stellt das angesichts der vom Festival angeprangerten Werte wie Diversität und Geschlechterberechtigung die Glaubwürdigkeit der Veranstaltung und deren Leiter sehr in Frage und kratzt an dessen Image.
Aber das ist nicht der einzige Vorfall, der bereits Wochen vorher für Aufsehen sorgte. Ende Januar deckte die "Zeit" auf, dass der erste Berlinale-Leiter in der Reichsfilmintendanz während des 2. Weltkrieges gearbeitet haben soll. Dabei hatte er auch einen hohen Rang. Die Veranstalter reagierten schnell auf diese Neuigkeiten und schafften prompt den Alfred-Bauer-Preis ab, der jedes Jahr für das Miteinbeziehen einer neuen Perspektive in der Filmkunst verliehen wurde. Laut Aussage war den Leitern bisher nichts darüber bekannt und man würde sich in Zukunft bemühen, die Vergangenheit des Festivals und deren Vertreter nochmal aufzuarbeiten.
Ehrenpreise
Die Filmemacherin Ulrike Ottinger wird am 22. Februar mit der Berlinale Kamera geehrt. Diesen Preis erhalten Menschen sowie Einrichtungen, die einen Mehrwert für die Filmwelt geleistet haben und zu denen das Festival einen besonderen Bezug hat. Es gilt auch als Dankeschön für diejenigen, die die Filmfestspiele sehr unterstützt haben.
Die Berlinale Kamera ist ein auch optisch besonderer Preis, denn sie besteht aus 128 Einzelteilen und ist einer realen Filmkamera nachempfunden.
Des Weiteren erhält die britische Schauspielerin Helen Mirren den Goldenen Ehrenbären für ihr Lebenswerk. Die Oscar-Preisträgerin ist derzeit in The Good Liar zu sehen und ist für ihre abwechslungsreiche Rollen und das Verkörpern von starken Persönlichkeiten bekannt.
Event für Nachwuchsfilmemacher
Wie auch in den vorherigen Jahren findet auch dieses Jahr wieder Berlinale Talents statt, wo 255 eingeladene Talente aus 80 Ländern mit Filmschaffenden, Aktivisten und Künstler aufeinander treffen. Hier gibt es 33 öffentliche Veranstaltungen für das Publikum in Berlin, darunter 28 Talks mit Drehbuchautoren, Regisseuren, Storyboardern, Komponisten, u.v.m.